Vielleicht sollte es der Politik zu denken geben, dass die Ankündigung einer neuen Gesundheitsreform, egal in welchen Namen man sie kleidet, bei den Ärzten keine Freude auslöst. Wenn es etwas gibt, woran es im Gesundheitswesen nicht mangelt, dann sind es Gesundheitsreformen. Dass sie die Rahmenbedingungen verbessert haben, kann nicht behauptet werden. So auch beim Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG).

Mehr Termine für die Patienten – dazu soll das Gesetz führen. Schade, dass der Gesetzgeber nicht verstanden hat, dass mehr Freiraum für die Praxen erforderlich ist, dass die Praxen von den ganzen Fesseln, die ihnen angelegt werden, befreit werden müssen. Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden: Es war die Politik, die aus Kostengründen das Angebot an ärztlichen Leistungen begrenzt hat. Bedarfsplanung, Regresse, Budgetierung – alles Maßnahmen, die ärztliches Handeln einschränken sollten. Warum fängt die Politik nicht endlich an, ihre selbst geschaffenen Begrenzungen abzuschaffen?

Stattdessen werden die Praxen in ihrer Handlungsfähigkeit noch weiter eingeschnürt. Jetzt sind wir schon so weit, dass die Politik vorgibt, wie viele Sprechstunden die Ärzte anbieten müssen. Das Signal, das die Politik an die Patienten sendet, ist fatal: Ärzte arbeiten heute nur 20 Stunden ("faule Säcke"), und ab sofort gibt es 25 % mehr Termine. Eigentlich sei alles ganz einfach, die Ärzte sollen eben ein wenig mehr arbeiten. Jeder, der sich im System auskennt, weiß, dass diese Maßnahme außer mehr Bürokratie nichts bringt.

Ein vergleichbares Bild gibt es bei den Terminservicestellen (TSS). Die sollen künftig 24 Stunden täglich 7 Tage in der Woche geöffnet sein und auch Termine bei Hausärzten vermitteln sowie bei der Suche nach einem dauerhaften Hausarztkontakt unterstützen. Auch hier die Botschaft: Wir müssen nur die TSS länger öffnen, dann gibt es mehr Termine. Und dann sollen sich die KVen eben drum kümmern. Sie werden zum zentralen Terminvermittlungsportal. Woher die Termine kommen sollen, sagt das Gesetz nicht. Warum ein Patient sich mitten in der Nacht einen Termin vermitteln lassen muss, auch nicht.

Die Termine der TSS sollen künftig extrabudgetär vergütet werden. Da hat der Gesetzgeber die richtige Richtung eingeschlagen. Ebenso, dass Erstpatienten besser und extrabudgetär vergütet werden sollen. Aber er ist dann falsch abgebogen. Denn die Regelungen sind zu kompliziert und zu unattraktiv, als dass sie einen wesentlichen Beitrag leisten würden. Vielleicht sollte die Politik mal ihre "Feindbilder" überprüfen. Das Gesetz wird eher zu mehr Bürokratie und zu weniger Terminen oder nur Terminen in offenen Sprechstunden mit unkalkulierbaren Abläufen führen.



Autor:

Dr. med. Norbert Metke

Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg
70567 Stuttgart

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (19) Seite 5