Auch wenn einige Kinderkrankheiten dank der Impfungen seltener geworden sind, sind sie keineswegs ausgestorben. Zudem gibt es nicht gegen alle Erreger einen Impfstoff. Hier eine Übersicht zu den wichtigsten Erkrankungen.

Unter den klassischen Kinderkrankheiten versteht man eine Gruppe von Erkrankungen, die bevorzugt im Kindesalter auftreten und die meist durch die Kombination aus Fieber und einem Hautausschlag (Exanthem) gekennzeichnet sind.

Dreitagefieber (Exanthema subitum, Roseola infantum)

Das Dreitagefieber ist oft die erste der klassischen Kinderkrankheiten, mit der Kinder in Berührung kommen. Betroffen sind überwiegend Kinder im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren. Die Erkrankung beginnt fast immer mit hohem Fieber bis zu 40 oC über drei bis vier Tage hinweg ohne weitere Krankheitszeichen. Danach fällt das Fieber dann schnell ab. Besonders am Bauch und am Rücken tritt ein Ausschlag mit feinen roten Flecken auf, der sich nach einem Tag zurückbildet (Abb. 1). Hatte ein Kind einmal das Dreitagefieber, ist es lebenslang geschützt. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion, die Zeit zwischen Ansteckung und Erkrankung dauert etwa 5 bis 15 Tage.

Aufgrund des rasch steigenden hohen Fiebers kann es zu Fieberkrämpfen kommen, die jedoch keine Folgeschäden hinterlassen. Therapeutisch genügen meistens fiebersenkende Mittel. Es gibt keine Impfung gegen das Dreitagefieber.

Masern

Masern sind eine durch das Masernvirus verursachte weltweit vorkommende Infektionskrankheit, von der vor allem Klein- und Schulkinder betroffen sind. Masern kann man nur einmal bekommen. Bei etwa jedem siebenten Kind kommt es zu Komplikationen wie Mittelohr- und Lungenentzündungen, es kann selten aber auch zu einer Enzephalitis kommen. Masern sind nicht harmlos: Nach Schätzungen der WHO sterben jedes Jahr ca. eine Million Menschen an den Folgen einer Masernerkrankung.

Von der Infektion bis zum Beginn der Erkrankung vergehen 8 bis 14 Tage.Am Anfang stehen Schnupfen, Reizhusten, geschwollene lichtempfindliche und rote Augen sowie steigendes Fieber. Zwei bis drei Tage danach sieht man auf der Mundschleimhaut gegenüber den Backenzähnen weiße Flecken, sogenannte "Koplik’sche" Flecken, die für Masern kennzeichnend sind (Abb. 2). Der Ausschlag beginnt mit dunkelroten, großen unregelmäßig begrenzten Flecken hinter den Ohren, breitet sich dann über Gesicht und Hals auf den Körper aus (Abb. 3). Etwa am vierten Tag des Ausschlags beginnt das Fieber zu fallen. Der Ausschlag verschwindet relativ rasch, manchmal bleiben für ein bis zwei Wochen noch bräunliche Flecken auf der Haut, sie sind aber kein Grund zur Beunruhigung. Die Haut schuppt sich.

Therapeutisch helfen fiebersenkende Maßnahmen und reichlich Flüssigkeit. Die Masern-Mumps-Röteln-Impfung ist sehr gut wirksam und verträglich und sollte unbedingt durchgeführt werden.

Mumps (Parotitis epidemica)

Am häufigsten erkranken Kinder unter 15 Jahren an Mumps. Die Krankheit ist eine Virusinfektion, die besonders die Ohrspeicheldrüsen betrifft. Mumps ist vier Tage vor bis sieben Tage nach Beginn der Erkrankung ansteckend. Wer einmal an Mumps erkrankte, besitzt einen lebenslangen Schutz. Mögliche Komplikationen sind die Beteiligung anderer Organe (z. B. Bauchspeicheldrüse und Hoden).

Zwei bis drei Wochen nach der Ansteckung kommt es zu einem kurzen Vorstadium mit Fieberanstieg, Kopf- und Gliederschmerzen und schließlich zu einer Schwellung hinter den Ohren, die sich teigig-weich anfühlt und schmerzhaft ist. Typisch ist dabei das abstehende Ohrläppchen, zunächst auf einer, nach ein bis zwei Tagen auf der anderen Seite. Einseitige Verläufe sind möglich (ca. 20 %). Nach fünf bis zehn Tagen geht die Schwellung zurück. Das Fieber kann auf bis zu 40 oC steigen – manche Kinder bleiben allerdings auch völlig fieberfrei.

Therapeutisch hilft Kaugummikauen, um den Speichelabfluss zu fördern. Falls nötig, wendet man fiebersenkende Maßnahmen an.

Röteln (Rubeola)

Röteln sind eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit, die von Viren ausgelöst wird. Neben allgemeinen Krankheitssymptomen kommt es zu einem Ausschlag und Lymphknotenschwellungen vor allem im Nacken. Komplikationen sind bei Kindern selten. Gefährlich sind Rötelninfektionen in der Frühschwangerschaft, da sie zur Schädigung des Embryos führen können. Deshalb sollten alle Mädchen zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr geimpft werden, auch wenn sie als Kind Röteln hatten oder bereits geimpft wurden. Röteln kann man nur einmal bekommen.

Die Inkubationszeit beträgt 14 bis 16 Tage. Symptome im Anfangsstadium ohne Ausschlag sind schmerzhafte Lymphknoten, Kopfschmerzen und leichtes Fieber. Später entwickeln sich hellrote Flecken im Gesicht, die heller und kleiner sind als bei Masern, selten größer als eine Linse (Abb. 4). Sie verschmelzen nicht miteinander und sind oft von einem helleren Hof umgeben; häufig schwellen die Lymphknoten am Hals und im Nacken an. Das Fieber steigt meist nicht über 38 0C, größere Kinder und Erwachsene haben gelegentlich Gelenkschmerzen. Röteln sind schon sieben Tage vor Beginn des Ausschlags und die ersten Tage danach ansteckend.

Fiebersenkende Mittel und lokale Wärme im Bereich der schmerzenden Lymphknoten sind die wichtigsten therapeutischen Maßnahmen.

Scharlach

Scharlach ist eine bakterielle Infektion (Streptokokken), die häufig Vorschul- und Schulkinder vor allem während der Wintermonate betrifft. Sie beginnt plötzlich mit hohem Fieber und Halsschmerzen, typisch ist ein samtartiger Hautausschlag und nach Abklingen eine Hautabschuppung an Händen und Füßen. Nur eine Untergruppe der Streptokokken bildet die Giftstoffe, die das Vollbild des Scharlachs auslösen können. Die Empfänglichkeit für Scharlach ist bei verschiedenen Menschen unterschiedlich. Die Dauer von der Ansteckung bis zum Beginn der Erkrankung ist kurz und beträgt etwa zwei bis vier Tage.

Scharlach beginnt mit Fieber, Halsschmerzen und Schluckproblemen. Die Rachenmandeln sind geschwollen und düsterrot gefärbt mit später eitrigen Belägen (Abb. 5). Die Lymphknoten am Hals sind geschwollen. Die Zunge ist zunächst weißlich belegt, ab dem dritten bis vierten Krankheitstag aber gerötet mit kleinen Knötchen (Himbeerzunge).

Am zweiten Tag tritt der Ausschlag auf, in den Achselhöhlen und Leistenbeugen und an der Innenseite der Oberschenkel beginnend, der sich auf dem ganzen Körper ausbreitet. Die Flecken sind leicht erhaben und samtartig, intensiv gerötet, etwa stecknadelkopfgroß. Die Region im Gesicht um den Mund bleibt typischerweise von dem Ausschlag ausgespart. Nach etwa einer Woche klingen die Krankheitszeichen ab. Am Ende der Erkrankung tritt eine Schuppung der Haut an Händen und Füßen auf. Der klassische Scharlach wird heutzutage selten beobachtet, da üblicherweise bereits früh mit Antibiotika behandelt wird.

Die Diagnose kann mit einem Schnelltest in der Praxis gesichert werden. Um Folgeschäden zu vermeiden, sollte eine antibiotische Therapie erfolgen. Zusätzlich ist die ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig, aber auch fiebersenkende Maßnahmen.

Windpocken (Varizellen)

Rund drei Viertel aller Kinder unter 15 Jahren erkranken an Windpocken. Das Virus wird durch Tröpfchen übertragen und ist hoch ansteckend. Bei den Windpocken kommt es neben allgemeinen Krankheitssymptomen zu einem typischen bläschenförmigen und juckenden Ausschlag. Windpocken kann man nur einmal bekommen, das Virus kann aber nach Jahren als Zweiterkrankung Gürtelrose hervorrufen.

Die Krankheit beginnt mit Fieber, dann treten kleine, blassrote Flecken auf, aus denen sich schnell dünnwandige, streichholzkopfgroße Bläschen entwickeln (Abb. 6). Sie sind von einem schmalen, roten Hof umgeben und platzen schon bei leichtem Druck. Der Ausschlag entwickelt sich schubweise: Die einzelnen Entwicklungsstadien – Flecken, Bläschen und eingetrocknete Krusten – folgen dicht nacheinander. Die Bläschen können auch auf die Schleimhaut in Mund und Genitale übergreifen und dort zu schmerzhaften, geschwürigen Stellen führen. Die Symptome dauern ca. zehn Tage an, die Krusten sind nicht mehr infektiös. Die Inkubationszeit beträgt 14 bis 21 Tage. Selten können Komplikationen auftreten: Lungenentzündung oder Gehirnhautentzündungen.

Bei einer Infektion in der Schwangerschaft kann es zwischen der 8. und 21. Schwangerschaftswoche in ca. 1 % der Fälle zu Fehlbildungen des Ungeborenen kommen. Wenige Tage vor und nach der Geburt kann eine Erkrankung der Mutter zu einem schweren Krankheitsverlauf beim Neugeborenen führen.

Die Therapie erfolgt durch juckreizlindernde Lotionen. Die Fingernägel sollten kurz geschnitten werden und Baumwollkleidung ist vorteilhaft. Für schwere Verläufe mit hohem Fieber steht auch ein Medikament (Aciclovir) gegen das Virus zur Verfügung, das zwar die Vermehrung der Viren verhindert, die vorhandenen aber nicht abtötet.

Aspirin® und andere Medikamente mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure sollten bei Windpocken nicht zur Fiebersenkung verwendet werden.

Ringelröteln (Erythema infectiosum)

Die Ringelröteln sind eine durch Tröpfcheninfektion übertragene Viruserkrankung von vor allem Klein- und Schulkindern. Neben allgemeinen Krankheitssymptomen kommt es zu einem girlandenförmigen Ausschlag. Komplikationen sind selten, eine Infektion in allen Stadien der Schwangerschaft führt aber in 20 % der Fälle zu einer Erkrankung des Ungeborenen. Diese Wassersucht muss mit einer Blutaustauschtransfusion behandelt werden, Missbildungen kommen aber nicht vor.

Ringelröteln kann man nur einmal bekommen. Vom Zeitpunkt der Ansteckung bis zum Beginn der Erkrankung dauert es ca. eine Woche, der Hautausschlag erscheint nach ca. 14 bis 18 Tagen. Mit dem Abblassen des Ausschlags besteht keine Infektionsgefahr mehr.

Zunächst kommt es über einen Zeitraum von ca. sechs Tagen zur Vermehrung des Virus, bei einigen Kindern kann sich das als ein leichter Husten oder Schnupfen, Brechreiz oder Muskelschmerzen bemerkbar machen, meist ist diese Phase aber symptomlos. Es folgt leichtes Fieber und der typische Hautausschlag. Im Gesicht beginnend kommt es zu einer Rötung von Wangen und Nasenwurzel, das Kind sieht aus "wie geohrfeigt". Nach einem Tag erfolgt die Ausbreitung vom Gesicht auf die Streckseite der Arme und Beine sowie auf das Gesäß (Abb. 7).

Es zeigen sich girlandenförmige Figuren, die man etwa eine bis sieben Wochen lang sieht, wobei sowohl die Stärke als auch die Ausdehnung ständig variieren. Des Weiteren treten häufig Gelenkschmerzen sowie Lymphknotenschwellungen auf.

Bei Schwangeren mit einer Ringelröteln-Infektion werden zur Erkennung einer Gefährdung des Kindes Ultraschalluntersuchungen sowie eine Blutabnahme durchgeführt.

In seltenen Fällen (Patienten mit Blutarmut) kann es zu einer schwerwiegenden Störung der roten Blutkörperchenbildung kommen.

Ringelröteln bedürfen im Allgemeinen keiner Behandlung, Antibiotika sind unwirksam. Bei einer Infektion des ungeborenen Kindes während der Schwangerschaft kann über eine Punktion der Nabelschnurgefäße durch die Bauchdecke der Mutter das Blut des Kindes ausgetauscht werden.

Hand-Fuß-Mund-Krankheit (Hand Foot and Mouth-Disease)

Auch diese Kinderkrankheit wird durch Viren verursacht, Epidemien kommen weltweit vor. Die Übertragung erfolgt sowohl durch Tröpfcheninfektion als auch durch Schmierinfektion (ungewaschene Hände). Diese Infektionen treten gehäuft in den Sommer- und Herbstmonaten auf.

Die Erkrankung beginnt nach einer kurzen Inkubationszeit von ein bis fünf Tagen mit allgemeinen Krankheitszeichen, kann aber auch sehr symptomarm verlaufen. Später sieht man an den Händen und Füßen rötliche Flecken, kleine Knötchen oder Bläschen, die auch an der Mundschleimhaut auftreten können. Dort sieht man kleine, schmerzhafte Geschwüre (Aphten). Bei älteren Kindern sind die Symptome meist nur schwach ausgeprägt, die Krankheit kann sogar unbemerkt verlaufen. Nach acht bis zwölf Tagen ist sie vorbei. Sehr seltene Komplikationen wären Herzmuskel-, Lungen- oder Hirnhautentzündung.

Ein schmerzstillendes Gel für die Bläschen im Mund wird empfohlen. Auch verschiedene Mittel auf pflanzlicher Basis (Kamille, Melisse, Thymian) können helfen. Gegen das Virus selbst gibt es kein wirksames Medikament und auch keine Impfung.



Autor:

Prim. MedR. Ass.-Prof. DDr. Peter Voitl, MBA

Erstes Wiener Kindergesundheitszentrum Donaustadt, A-1220 Wien

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (16) Seite 30-33