Frage: Ich habe einige grundsätzliche Fragen zur Hepatitis-B-Impfung für Erwachsene als Reiseindikation: 1) Welches Impfschema sollte man bei einem Erwachsenen mit einer Reiseindikation für eine Hepatitis-B-Impfung anwenden? 2) Sollte man differenzieren, je nachdem, ob die Person als Kind eine Hepatitis-B-Grundimmunisierung erhalten hat? 3) Wie lange hält der Schutz der Hepatitis-B-Impfung an? 4) In welchen Fällen sollte der Impftiter bestimmt werden?
Antwort:
1) Das "Standardschema" für Erwachsene besteht aus drei Dosen zu den Zeitpunkten 0, 1 und 6 Monate. Bei einer Reiseindikation ist häufig ein kurzfristiger Schutz notwendig. Hier kann ein "Schnellimmunisierungsschema" zur Anwendung kommen: Drei Impfungen an den Tagen 0 – 7 – 21. Zum Aufbau eines langfristigen Impfschutzes ist in diesen Fällen eine zusätzliche vierte Impfdosis nach sechs bis zwölf Monaten erforderlich.
2) Ja, eine Differenzierung ist sinnvoll. Bei im Säuglings- oder Kindesalter gegen Hepatitis B geimpften Personen mit neu aufgetretenem Hepatitis-B-Risiko sollte eine weitere Impfstoffdosis gegeben werden und nach vier bis acht Wochen der Anti-HBs-Titer kontrolliert werden.
3) Was die Schutzwirkung angeht, ist es wichtig zu unterscheiden, ob es sich um einen "immungesunden" Reisenden oder einen Patienten mit Immunsuppression, z. B. durch eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz, handelt.
Bei Immungesunden, die vier bis acht Wochen nach einer Grundimmunisierung einen Anti-HBs-Titer von ≥ 100 IE/l gebildet haben, hält der Schutz mindestens zehn Jahre, vermutlich sogar lebenslang an. Nach erfolgreicher Grundimmunisierung entwickeln Immungesunde eine T-Zell-basierte Immunität – die "Gedächtniszellen" sind dann in der Lage, bei einer Exposition mit dem Virus kurzfristig Antikörper zu bilden. Immungesunde haben also nach einmal erfolgreicher Grundimmunisierung auch dann noch einen Schutz, wenn der Anti-HBs-Titer unter 100 IE/l liegt.
Bei Immungesunden ohne besonderes Infektionsrisiko empfehlen die WHO, die Centers for Disease Control (CDC), das Canadian National Advisory Committee on Immunization und die European Consensus Group on Hepatitis B Immunity keine routinemäßigen Boosterimpfungen gegen Hepatitis B.
Lediglich für Sexualpartner von HBs-Antigen-Positiven empfiehlt die STIKO, den Anti-HBs-Titer nach zehn Jahren zu kontrollieren und bei einem Titer von ≤ 100 IE/l eine Boosterimpfung durchzuführen.
Bei einer Nadelstichverletzung kann ebenfalls von einer Schutzwirkung von zehn Jahren ausgegangen werden. Nur wenn die Grundimmunisierung länger als zehn Jahre zurückliegt, sollte eine Postexpositionsprophylaxe durchgeführt werden.
Bei Patienten mit Immunsuppression, z. B. bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz, kommt es dagegen häufig zu einem raschen Abfall des HBs-Antikörpertiters, ein sicherer Schutz besteht bei diesen Patienten nur für ein Jahr. Deshalb sollte der Antikörpertiter bei diesen Patienten nach einem Jahr kontrolliert und ggf. eine Boosterimpfung durchgeführt werden.
4) Zur Kontrolle des Impferfolgs sollte vier bis acht Wochen nach der Impfung einmalig ein Anti-HBs-Test durchgeführt werden. Als erfolgreiche Grundimmunisierung wird hierbei das Erreichen eines Anti-HBs-Wertes von ≥ 100 IE/l vier bis acht Wochen nach der letzten Impfstoffdosis definiert.
Man kann davon ausgehen, dass nach erfolgreicher Hepatitis-B-Grundimmunisierung im Erwachsenenalter bei Menschen mit intaktem Immunsystem im Allgemeinen keine weiteren Auffrischimpfungen oder Anti-HBs-Testungen erforderlich sind. Auch nach späterem Absinken des Anti-HBs-Spiegels unter 100 IE/l wird aufgrund des "immunologischen Gedächtnisses" (T-Zell-Immunität) in der Regel von einem weiter bestehenden Impfschutz ausgegangen. Ein Kontakt mit Hepatitis-B-Virus führt zu einem schnellen Antikörperanstieg, der vor Erkrankung schützt.
Für Personen, die an einer Immundefizienz leiden (z. B. Dialysepatienten, HIV-Infektion, Glukokortikoid-Dauertherapie), wird eine jährliche Anti-HBs-Kontrolle empfohlen. Wird bei diesen Patienten ein Anti-HBs-Wert < 100 IE/l festgestellt, so sollte eine Auffrischimpfung gegeben werden.
Bei Personen, die ein besonders hohes individuelles Expositionsrisiko haben, sollte nach zehn Jahren eine Kontrolle des Anti-HBs-Wertes erfolgen. Als Personen mit besonders hohem individuellem Expositionsrisiko gelten z. B. Sexualpartner von HBsAg-Trägern. Auch hier gilt, dass bei Vorliegen eines Anti-HBs-Wertes < 100 IE/l eine Auffrischimpfung gegeben werden sollte.

Dr. Andreas H. Leischker, M.A.
Interessenkonflikte: Dr. Leischker hat Honorare/Reisekostenunterstützung von Pfizer, Novartis und Sanofi-Pasteur-MSD erhalten. Er ist Dozent und Mitglied der Akademie des Centrums für Reisemedizin (CRM) Düsseldorf