Frage 1: In welchen Fällen und nach welcher Zeit nach einem Zeckenstich ist eine serologische Diagnostik bezüglich einer Borreliose sinnvoll? Welche Faktoren bzw. Fallstricke sind bei der Auswertung des serologischen Befundes zu berücksichtigen? Welchen Stellenwert hat die einmalige Gabe von Doxycyclin 200 mg nach einem Zeckenstich? --- Frage 2: In welchen Fällen ist entsprechend nach einem Zeckenstich die Bestimmung der FSME-Antikörpertiter sinnvoll? Ist die FSME-Auffrischimpfung bei einer stillenden/schwangeren Frau möglich?

Antwort Frage1

Eine serologische Diagnostik nach Zeckenstich ist bei asymptomatischen Patienten in der Regel nicht sinnvoll. Borrelienserologien haben auch in guten Laboren eine Spezifität von 95 %, sind also in 5 % falsch positiv oder falsch negativ. Unangemessen durchgeführte Borrelienserologien führen also mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehldiagnosen und verursachen so hohe Kosten. Welche Ausnahme ist nun denkbar? Bei einer klinisch atypischen Wanderröte mit Pusteln kann eventuell eine Serologie mehr als sechs bis acht Wochen nach dem Zeckenstich sinnvoll sein.

Die Frage nach Faktoren und Fallstricken der Serologie ist nicht im Rahmen einer Leserfrage umfassend zu beantworten. Ähnlich wie bereits oben angemerkt erscheint mir am wichtigsten, dass eine genügend hohe Prätestwahrscheinlichkeit für eine Borreliose vorliegt und nicht unkritisch bei jedem Patienten mit unspezifischen Hauterscheinungen oder Kopfschmerzen eine Borrelienserologie erfolgt.

Die einmalige Gabe von 200 mg Doxycyclin an Erwachsene in nordamerikanischen Endemiegebieten nach Zeckenstichen konnte die ohnehin niedrige Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Borreliose senken, wobei 235 Patienten behandelt werden mussten, um sieben Fälle von Erythema migrans zu verhindern (EM bei 1 von 235 Doxycyclinbehandelten vs. 8 von 247 Plazebobehandelten, Nadelman et al. N Engl J Med 2001; 345: 79 – 84). In Europa wird eine Doxycyclinbehandlung von Zeckenstichen von den meisten Experten nicht empfohlen. Zu beachten ist zudem, dass es bei Kindern unter neun Jahren nach Doxycyclin zu Zahnverfärbungen kommen kann.

Antwort Frage 2

Die FSME ist in wesentlich weniger deutschen Landkreisen zu finden als die überall auftretende Borreliose, wobei es zuletzt zu einer gewissen Vergrößerung des FSME-Risikogebiets gekommen ist. Außerhalb der Risikogebiete ist eine FSME-Serologie nicht sinnvoll. Bei asymptomatischen Patienten ist die Serologie auch in der Regel nicht zu empfehlen, hingegen dann, wenn eine passende Klinik besteht.

Eine FSME-Auffrischungsimpfung sollte wie bei allen Totimpfstoffen keine Probleme beim Stillen bereiten. In einer Schwangerschaft ist die Indikation für alle Impfungen hingegen streng zu stellen. Es sollte also ein besonderes FSME-Risiko bestehen, damit eine Schwangere geimpft wird. Fast immer wird es möglich sein, das Ende der Schwangerschaft abzuwarten, bevor die Impfung aufgefrischt wird.



Autor:

© copyright
Dr. med. Frank Dressler

Kinderklinik MHH
30623 Hannover

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2019; 41 (5) Seite 52