Um einen akuten Husten handelt es sich, wenn dieser nicht länger als acht Wochen besteht. Die DEGAM-Leitlinie Husten hat zum Ziel, bei der Betreuung und Behandlung von Patienten mit akutem Husten unnötige Diagnostik und Medikation zu vermeiden und stattdessen den Wert der symptomorientierten Anamnese und des Arzt-Patienten-Gesprächs für den Krankheitsverlauf hervorzuheben.

Der Fall
Die 41-jährige Frau H., Bankkauffrau, hat sich bereits letzte Woche wegen einer Erkältung krankschreiben lassen. Nun stellt sie sich erneut vor. Anfängliches mäßiges Fieber (abends 38,1oC), Hals- und Kopfschmerzen sind zwar vergangen, auch der Schnupfen ist abklingend, aber der Husten hält hartnäckig an. Tagsüber besteht teils gelb-grüner Auswurf, nachts öfter ein lästiger Reizhusten, der den erholsamen Schlaf stört. Sie hat zwar wieder zu arbeiten begonnen, da sie sich nicht mehr richtig krank fühlt, aber ist doch beunruhigt, da der Husten jetzt schon seit einer ganzen Woche unvermindert anhält. Sie wünscht nun dringend eine Behandlung, damit die Husterei endlich aufhört. Die Patientin hat keine chronische Lungenerkrankung, sie raucht am Wochenende beim Ausgehen zwei bis drei Zigaretten am Abend, seit sie erkältet ist aber gar nicht. Die Auskultation von Herz und Lunge ist unauffällig.

Fragestellungen
  • Welche Ursachen können hinter einem akuten Husten stecken?
  • Soll bei der Patientin eine weitergehende Diagnostik erfolgen?
  • Welche Therapie ist zu empfehlen?

Ursachen von akutem Husten

Akuter Husten ist einer der häufigsten Beratungsanlässe in der Allgemeinarztpraxis [1] und Infekte der oberen Atemwege begründen bis zu ein Fünftel aller Krankschreibungen [2] in Deutschland. Ein akuter Husten in der Hausarztpraxis ist in 60 % der Fälle durch einen akuten oberen Atemwegsinfekt oder eine akute Bronchitis verursacht [1]. Ein Erkältungsinfekt ("common cold") und eine akute Bronchitis sind dabei nicht scharf abgrenzbar. Wenn eine länger anhaltende Hustensymptomatik mit Auswurf im Vordergrund steht und mäßiges Fieber über wenige Tage hinzukommt, geht man eher von einer akuten Bronchitis aus. Andere Ursachen eines akuten Hustens und abwendbar gefährliche Verläufe lassen sich in der Regel durch das entsprechende klinische Bild abgrenzen (vgl. Tabelle 1). Im vorliegenden Fall spricht das klinische Bild am ehesten für eine akute Bronchitis.

Hilft spezielle Diagnostik weiter?

In den meisten Fällen lässt sich ein akuter Husten allein durch eine symptomorientierte Anamnese und Untersuchung differenzialdiagnostisch einordnen.

Bei einem Erkältungsinfekt oder einer akuten Bronchitis sind keine weitergehenden technischen Untersuchungen notwendig. Eine Differenzierung zwischen viraler und bakterieller Bronchitis ist wegen fehlender therapeutischer Konsequenzen nicht erforderlich. Die Farbe des Sputums hat keinen prädiktiven Wert für die Diagnose einer bakteriellen Genese oder bezüglich der Differenzierung einer Pneumonie von einer Bronchitis [3, 4]. Eine Sputumuntersuchung bei akuter Bronchitis bei sonst gesunden Erwachsenen ist nicht sinnvoll, weil eine antibiotische Therapie in der Regel nicht indiziert ist.

Die differenzialdiagnostische Abgrenzung einer Pneumonie ist weder durch eine Leukozyten- noch durch eine CRP-Bestimmung alleine sicher möglich [5]. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Pneumonie sollte eine Röntgen-Thoraxaufnahme durchgeführt werden. Eine Procalcitoninbestimmung konnte in Studien dazu beitragen, Antibiotikatherapie zu vermeiden. Aufgrund der hohen Kosten kann die Bestimmung derzeit aber nicht empfohlen werden [6]. Im Fall von Frau H. ist aufgrund der typischen klinischen Symptomkonstellation keine weiterführende Diagnostik notwendig.

Welche Therapie ist hilfreich?

Husten ist ein lästiges und belastendes Symptom, welches zudem meist noch hartnäckig anhält, wenn andere Erkältungsbeschwerden bereits abgeklungen sind. Daher besteht vonseiten der Patienten häufig ein deutlicher Therapiewunsch ("muss endlich besser werden!"). Zudem kommt oft die Sorge dazu, dass ein länger anhaltender Husten nicht mehr nur durch eine Erkältung oder Bronchitis alleine ausreichend erklärt ist, sondern eine schwerwiegendere Krankheit dahintersteckt. Patienten unterschätzen oft die Dauer eines normalen Erkältungshustens, der im Durchschnitt aber 18 Tage anhält [7].

Daher ist es beim Erkältungshusten von zentraler Bedeutung, den Patienten über die Gutartigkeit der Beschwerden und den Spontanverlauf eines oberen Atemwegsinfektes aufzuklären. Eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation und ggf. die Aushändigung einer schriftlichen Information kann die Rate an Antibiotikaverschreibungen senken [8]. Leider lässt sich für keinen medikamentösen Therapieansatz eine deutliche, klinisch relevante Verkürzung oder Linderung von Husten nachweisen. Für die häufig eingenommenen, frei verkäuflichen Expektorantien wie z. B. Acetylcystein oder Ambroxol gibt es keinen Nachweis einer Wirksamkeit bei akutem Husten [9]. Antitussiva wie z. B. Codein helfen gegen Husten nicht besser als Plazebo, können aber durch ihre sedierende Wirkung den Nachtschlaf verbessern [10]. In Einzelfällen können sie daher – unter Abwägung der Nachteile wie z. B. das Suchtrisiko – bei durch nächtlichen Reizhusten besonders belasteten Patienten kurzfristig verordnet werden. Für einzelne Phytopharmaka, z. B. Thymian-Efeu und Myrtol-Präparate, ist eine gewisse Linderung von Hustenbeschwerden in Studien nachgewiesen [11, 12], der nur fraglich klinisch relevante Effekt sollte gemeinsam mit dem Patienten gegen die Kosten, die der Patient für die Präparate tragen muss, abgewogen werden. Für Patienten mit dringlichem Therapiewunsch stellen diese Präparate eine Behandlungsmöglichkeit dar.

Auch für nicht-medikamentöse Behandlungsansätze wie ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Wasserdampfinhalationen und Hausmittel wie Honig, Hühnerbrühe und Ingwertee liegen keine Wirksamkeitsnachweise vor. Da hier aber weder Nebenwirkungen noch relevante Kosten zu erwarten sind, können sie bei subjektiv empfundener Linderung angewendet werden.

Antibiotikagabe?

Eine Antibiotikagabe führt bei einer akuten Bronchitis nur zu einer marginalen Krankheitsverkürzung um weniger als einen Tag. Dem geringen Benefit stehen aber relevante Nebenwirkungen und die Gefahr von Resistenzentwicklungen entgegen [13]. Daher soll bei einer akuten Bronchitis kein Antibiotikum verordnet werden, auch wenn bei gelb-grünem Auswurf dies vom Patienten oft erwartet wird. Lediglich bei Verdacht auf eine Pneumonie sollte mit einer entsprechenden kalkulierten Antibiose behandelt werden.

Die Patientin im vorgestellten Fall benötigt demzufolge keine medikamentöse Therapie. Ihr sollten Sorgen genommen werden, dass hinter dem anhaltenden Husten eine ernstere Erkrankung stecken könnte, und es sollte darauf verwiesen werden, dass das körpereigene Immunsystem für eine Spontanheilung sorgen wird, auch wenn dafür ggf. noch etwas Geduld aufzubringen ist. Zur Linderung können am ehesten nicht-medikamentöse Behandlungen versucht werden.

Reden statt Resistenzen

Auch wenn die Evidenz sehr klar ist, dass eine Antibiotikagabe bei akutem Husten mehr schadet als nutzt, werden im deutschen Praxisalltag nach wie vor in fast der Hälfte der Fälle Antibiotika verordnet. Bei jedem zehnten Patienten werden dabei Fluorchinolone verordnet, die für unkomplizierte Atemwegsinfekte nicht indiziert sind und ein hohes Risiko für Resistenzentwicklungen bergen [14]. Dabei wird diese Medikamentengruppe gleichzeitig für die wirksame Behandlung von schwerkranken Patienten benötigt.

Die Ursachen sind klar: Im hektischen Praxisalltag gelingt es nicht immer, die Muße aufzubringen, einen auf Therapie drängenden Patienten über die Harmlosigkeit von viralen Atemwegsinfekten aufzuklären, gleichzeitig genug Mitgefühl für belastende Symptome zu kommunizieren, und auf die Gefahren einer unnötigen antimikrobiellen Behandlung zu verweisen. Die dafür nötigen Kommunikationskompetenzen werden erst heute allmählich im Studium als Lerninhalt integriert, und der dafür nötige Zeitaufwand wird im Gesundheitssystem nicht honoriert.

Die Leitlinie Husten möchte durch die Bereitstellung von Informationen und praktischen Hilfen (zum Beispiel ein Faltblatt zur Patienteninformation) zu dem ehrgeizigen Ziel beitragen, unnötige Antibiotikaverschreibungen beim akuten Husten weiter zu reduzieren.




Dr. med. Sabine Beck, Berlin

Chariré – Universitätsmedizin Berlin Campus Mitte, Institut für Allgemeinmedizin
10117 Berlin

Interessenkonflikte:
Sabine Beck: Honorar der DEGAM für redaktionelle Arbeit, Honorar der TGAM (Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin) für Vortrag
Felix Holzinger: keine deklariert


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (5) Seite 50-55