Sie sind die Basistherapie beim Asthma: Inhalierbare Kortikosteroide (ICS). Neuere Studien zeigen jedoch ganz klar, dass dies für eine Mehrheit der COPD-Patienten nicht gilt. ICS können dann sogar schaden, da sie das Pneumonie- und Osteoporoserisiko erhöhen. Vor allem beim Asthma-COPD-Overlap sind ICS aber indiziert. Dieses Krankheitsbild lässt sich jedoch nur diagnostizieren, wenn man aktiv danach sucht.
Man unterscheidet heute zwischen verschiedenen Asthma-Phänotypen. Die wichtigsten sind das allergische Early-Onset Asthma und das meist nicht IgE-vermittelte Adult-Onset Asthma. Beiden Formen liegt eine eosinophile Entzündung zugrunde.
Kortikosteroide bei Asthma bronchiale
ICS sind die Basistherapie des eosinophilen Asthmas. Beim eosinophilen Adult-Onset Asthma (früher: Intrinsic Asthma) kann es sein, dass diese Medikamente allein nicht ausreichen. Zur Kontrolle der Entzündung muss man deshalb auch orale Steroide einsetzen. Seit zwei Jahren gibt es zudem Anti-IL5-Antikörper, die wiederum Steroide einsparen. Die Klinik beider Phänotypen unterscheidet sich grundlegend. Beim eosinophilen Adult-Onset Asthma ist häufig das Ausmaß der bronchialen Hyperreaktivität (BHR) gering. Symptomatisch sind hier Husten, Auswurf und Belastungsdyspnoe. Letztere darf man aber nicht mit Anstrengungsasthma verwechseln. Bei intensiver körperlicher Aktivität kommt es dabei zum Bronchospasmus. Beim eosinophilen Adult-Onset Asthma führt hingegen die ödematöse Schwellung der bronchialen Mukosa zu einer – auf Betastimulatoren fixierten – Obstruktion mit konsekutiver Dyspnoe bei körperlicher Belastung, die sich beim Stehenbleiben sofort bessert. Das Fehlen einer BHR, häufiges Rauchen und eine auf Betastimulatoren nicht reversible Verengung hat oft eine Verwechslung mit einer Chronisch Obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zur Folge. Auf Kortikosteroide ist die Obstruktion beim Adult-Onset Asthma aber reversibel.
Kortikosteroide bei COPD
Die Neuschöpfung des Namens COPD erfolgte u. a., damit mehr Mittel in die Erforschung neuer Medikamente investiert werden. Dabei subsumierte man zwei Krankheitsbilder – die Chronisch Obstruktive Bronchitis (Blue Bloater) und das Lungenemphysem (Pink Puffer) – zur COPD. Auch wenn die aktuellen GOLD-Richtlinien noch nicht explizit verschiedene COPD-Phänotypen unterscheiden, passiert das in der Praxis täglich. Für Patienten mit COPD vom Lungenemphysem-Typ sind die Reduktion der dynamischen Lungenüberblähung, wie die Lippenbremse, und langwirkende Bronchodilatantien sowie die Lungenvolumenreduktion wichtig. Im Gegensatz dazu gibt es bei der COPD vom chronisch bronchitischen Typ andere Strategien: eine effiziente Sekretdrainage, die Behandlung einer Kolonisation der Atemwege mit pathogenen Keimen, die Sauerstofftherapie, um ein Cor Pulmonale zu vermeiden, und bei Bedarf die nicht-invasive Heimventilation, wenn die Sauerstoffgabe zur Hyperkapnie führt.
Die spanischen COPD-Guidelines gehen hier weiter als die aktuellen GOLD-Richtlinien. Sie differenzieren vier Phänotypen zur phänotypspezifischen medikamentösen Therapie:- Asthma-COPD-Overlap
- Nicht-Exazerbierer (vom Emphysem- oder bronchitischen Typ)
- Exazerbierer mit Lungenemphysem
- Exazerbierer mit chronischer Bronchitis
Asthma-COPD-Overlap (ACO) ist kein einheitliches Syndrom, sondern hat verschiedene Ursachen: Es handelt sich um COPD-Patienten mit Asthma in der Kindheit, die häufig ihr Leben lang eine BHR haben – auch wenn das Asthma nach der Pubertät nicht mehr symptomatisch war, sie dann aber mit dem Rauchen begannen. Im Bronchospasmolyse-Test ist in der Spirometrie eine deutliche Reversibilität erkennbar. Sie liegt bei diesem ACO-Subtyp oft höher, als dies der Definition einer signifikanten Reversibilität der bronchialen Obstruktion von mindestens 12 % und 200 ml entspricht.
In jüngster Zeit liegt das Augenmerk auf der eosinophilen COPD. Vermutlich handelt es sich bei diesem ACO-Subtyp um Patienten, bei denen sich auf eine vorbestehende COPD ein eosinophiles Adult-Onset Asthma aufgepfropft hat. Warum sollte auch eine COPD vor der Manifestation eines eosinophilen Late-Onset Asthmas schützen können? Bei den beiden Erkrankungen führen die gleichen kausalen Faktoren (Luftverschmutzung, Rauchen) zur Manifestation. Die Definition des ACO ist derzeit im Fluss.
Aus spanischer Feder stammt auch eine sehr praxistaugliche Empfehlung bezüglich ACO-definierender Kriterien:- Nikotinkonsum > 10 py
- Alter > 35 Jahre
- FEV1/FVC < 70 % nach Bronchospasmolyse und entweder
- Bluteosinophilie ≥ 0,3 G/L
- Verbesserung der FEV1 um > 400 ml und 15 % absolut nach Bronchospasmolyse (und eventuell St. n. juvenilem Asthma)
Analog zum eosinophilen Adult-Onset Asthma erhöht eine Eosinophilie das Risiko von Exazerbationen bei der COPD. Ein Asthma-COPD-Overlap-Phänotyp zeigt sich nicht spontan, man muss aktiv danach suchen. Hier muss nach 48 Stunden LAMA/LABA-Pause ein Bronchospasmolyse-Test erfolgen. Bei Exazerbationen obstruktiver Atemwegserkrankungen – unabhängig davon, welches Label sie bisher trugen – muss der Arzt vor Beginn eines systemischen Steroidstoßes nach einer Bluteosinophilie gesucht haben und eine Spirometrie machen. Diese muss direkt nach dem Ende des Steroidstoßes wiederholt werden. Eine massive Verbesserung der FEV1 nach Bronchospasmolyse und/oder eine initiale Eosinophilie > 0,3 G/L weisen auf ein ACO hin. Die spanischen Guidelines fokussieren auf Patienten mit häufigen Exazerbationen, da sich ihre Prognose deutlich verschlechtert. Exazerbierer sind übrigens Personen, die häufiger als einmal pro Jahr eine mindestens mittelschwere akute COPD-Exazerbation (AECOPD) erfahren. Sie brauchen eine orale Therapie mit Kortikosteroiden und/oder Antibiotika.
Die COPD-Therapie sollte nicht rein medikamentös sein. Rauchstopp, Patientenschulung, Grippe- und Pneumokokken-Impfung und eine gesteigerte körperliche Aktivität, beginnend etwa mit einer pulmonalen Rehabilitation, verbessern die Prognose nachhaltig. Da die Entzündung der COPD primär nicht eosinophil ist, haben orale Kortikosteroide in der Dauertherapie der reinen COPD keinen Platz. Bei der AECOPD hat sich jedoch ein nur fünftägiger oraler Steroidstoß mit täglich 40 mg Prednisolon-Äquivalent als wirksam erwiesen. Es gibt auch Hinweise, dass eine bedarfsweise intensivierte, inhalative Therapie mit ICS/Formoterol zu Beginn einer viralen Atemwegsinfektion die AECOPD vermindern kann. Bei Verdacht auf ACO ist ein Therapieversuch mit ICS sinnvoll. Eine BHR kann man so oft lindern oder eine entzündliche Mukosa-Schwellung therapieren. In einzelnen Fällen von ACO mit signifikanter Bluteosinophilie braucht es aber tägliche orale Steroide. Hier erweisen sich gegen Eosinophile gerichtete Anti-IL5-Antikörper, analog zum eosinophilen Asthma, als wirksam.
Der Einsatz von ICS bei der COPD vom Nicht-ACO-Typ wird kontrovers diskutiert. Sie erhöhen bei der COPD das Osteoporose-Risiko, Fluticason vor allem auch die Wahrscheinlichkeit einer Pneumonie signifikant. Große aktuelle, prospektive und doppelblind randomisierte Studien (WISDOM-, SUNSET- und FLAME-Studie) konnten zeigen, dass das Absetzen von ICS meist keine signifikanten Nachteile hat. Eine Post-hoc-Analyse des WISDOM-Trials ergab aber, dass bei Patienten mit Bluteosinophilie ≥ 0,3 G/lnach dem Absetzen häufiger Exazerbationen auftraten. Das Gleiche zeigte sich auch in der SUNSET-Studie. In die FLAME waren keine Patienten mit starker Bluteosinophilie eingeschlossen. Damit gibt es eine klare Evidenz, dass ACO-Patienten von ICS profitieren. Evident ist zudem, dass ein Großteil der COPD-Patienten – auch mit mittelschwerer und schwerer COPD, sofern ein ACO ausgeschlossen wurde – mit einer dualen Inhalationstherapie aus LABA/LAMA suffizient behandelt werden kann. Patienten mit häufigen akuten Exazerbationen der COPD (AECOPD) sind aber ein spezielles Problem, da häufige AECOPD die Prognose massiv verschlechtern. Bei schwerer COPD mit häufigen Exazerbationen sehen die GOLD-Richtlinien ICS vor, da frühere Studien eine leichte Reduktion der Exazerbationsrate ergaben. Diese älteren Erhebungen enthielten aber vermutlich auch Patienten mit Adult-Onset Asthma und fixierter Obstruktion sowie mit ACO, was das Ergebnis verfälscht haben dürfte.
Fazit
2018 wurden neue Studien publiziert, die eine Triple-Therapie aus ICS/LAMA/LABA und eine duale Behandlung mit LAMA/LABA verglichen. Der große IMPACT Trial untersuchte Patienten mit symptomatischer COPD (FEV1 < 50 % der Norm, CAT-Score > 10 Punkte und 1 AECOPD im letzten Jahr oder FEV1 zwischen 50 und 80 % mit ≥ 2 Exazerbationen im letzten Jahr). Trotz einer um die Hälfte höheren Inzidenz von Pneumonien im ICS-Arm ergab die Triple-Therapie eine Reduktion mittelschwerer und schwerer AECOPD sowie von Hospitalisationen um 25 %.
Mehrere Punkte schwächen die Aussagekraft der Studie jedoch ab: Auch Patienten mit Asthma-Anamnese und Bluteosinophilie wurden aufgenommen, entsprechend waren sehr viele Patienten zuvor auf ICS. Dies erklärt vermutlich die Exazerbationen, die im LABA/LAMA-Arm oft schon innerhalb kurzer Zeit nach Absetzen von ICS auftraten. Zudem wurden Patienten mit einer Bluteosinophilenzahl von < 0,15 und > 0,15 G/L Eosinophilen hinsichtlich Outcome verglichen. Dabei ergab sich kein signifikanter Unterschied. Dieser Cut-Off liegt aber sehr viel tiefer, als zur Unterscheidung von ACO beziehungsweise der nicht-eosinophilen COPD als sinnvoll gilt. Die Gruppe sogenannter eosinophiler COPD mit > 0,15 G/L Bluteosinophilen dürfte entsprechend viele Patienten mit nicht signifikanter Eosinophilie enthalten haben. In einer nachträglichen Subgruppenanalyse zeigte sich dann deutlich, dass der Benefit einer ICS-haltigen Therapie bezüglich der Reduktion des Exazerbationsrisikos signifikant zunahm, je höher die Bluteosinophilenzahl lag .
Das Update 2019 der GOLD-Richtlinien empfiehlt erstmals die Messung der Eosinophilenzahl im Blut. Bei häufigen Exazerbationen und einer Bluteosinophilie > 0,3 G/L werden ICS klar favorisiert. Bei Werten zwischen 0,1 und 0,3 G/L kann der Arzt nach GOLD eine Triple-Therapie versuchen. Lässt sich die Exazerbationsrate so nicht senken, muss wieder auf eine duale Bronchodilatation umgestellt werden.
Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2019; 41 (13) Seite 50-52