"Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe; er ist seiner Natur nach ein freier Beruf" – so steht es seit Jahr und Tag in der Bundesärzteordnung geschrieben. Das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz sieht im Freiberufler einen Selbstständigen, der "auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit erbringt". Diese Freiberuflichkeit, in der Bundesärzteordnung auch für die angestellten Ärztinnen und Ärzte verbrieft, zu erhalten und ihr wieder zu mehr Ansehen in Politik und Gesellschaft zu verhelfen, das muss unser aller Anliegen sein.

Denn das Umfeld für uns Ärzte wird zunehmend schwieriger. Ich möchte sogar so weit gehen zu sagen: Die Ärzteschaft war in ihrer Freiberuflichkeit in Deutschland seit dem Kriegsende noch nie so bedroht wie heute. In den vergangenen Jahrzehnten hat der Gesetzgeber mit Instrumenten wie der Bedarfsplanung, der Budgetierung und der Telematikanbindung stark in unsere Berufsausübung eingegriffen. Jetzt werden wir aber von einer anderen Entwicklung unmittelbar bedroht. In Zeiten des Nullzinses ist das Gesundheitswesen in den Fokus von Kapitalanlegern geraten, deren Interesse allein dem Profit gilt. Diese Investoren nutzen das Vehikel des Medizinischen Versorgungszentrums und kaufen massiv Vertragsarztsitze auf. Damit werden aber Versorgungsungleichgewichte gefördert und Vertragsarztsitze zudem "unsterblich", da die Praxis nicht wie bisher in die Ausschreibung "zurückfällt", wenn der Niedergelassene seine Tätigkeit aufgibt. Junge Ärztinnen und Ärzte, die eine Niederlassung anstreben, können mit den von Finanzinvestoren gezahlten Preisen nicht mithalten, während viele abgabewillige Niedergelassene froh darüber sind, dass sie für ihre Praxen, die am Anfang der Karriere als Selbstständige einst ein gewichtiger Bestandteil der Altersvorsorge gewesen sind, überhaupt noch einen sub-
stanziellen Verkaufspreis erzielen können.

In einzelnen Regionen und Bereichen wie dem Labor, der Dialyse, der Radiologie und bald vielleicht auch der Gendiagnostik und Fortpflanzungsmedizin droht die Bildung von Monopolen. Und wenn Monopole erst einmal existieren, bestimmen diese am Ende auch die Preise. Es ist höchste Zeit, gegenüber Parlamenten und Regierungen gemeinsam für eine Förderung der Freiberuflichkeit einzutreten, die Nachhaltigkeit in der Versorgung, Wahlfreiheit, Arbeits- wie Ausbildungsplätze und Gemeinwohlorientierung bietet, – als starke Gemeinschaft der Hausärztinnen und -ärzte, im Schulterschluss mit unseren Gebietskollegen und mit unseren Patientinnen und Patienten, denen wir alleine verpflichtet sind.



Autor:

Bernd Zimmer

Facharzt für Allgemeinmedizin
Vizepräsident der Ärztekammer Nordrhein
Vorsitzender des Verbandes Freier Berufe im Lande Nordrhein-Westfalen
40474 Düsseldorf

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2019; 41 (8) Seite 5