Wie kompetent ist die deutsche Bevölkerung, wenn es um den Umgang mit Informationen zur Gesundheit geht? Eine aktuelle Studie zeichnet da ein ziemlich ernüchterndes Bild. Und das hat natürlich Auswirkungen nicht nur auf die Gesundheit, sondern es muss auch bei der Arzt-Patienten-Kommunikation berücksichtigt werden. Denn viele Patient:innen verstehen nicht, was die Ärzt:in sagt.

Große Teile der Bevölkerung sind nicht ausreichend vorbereitet, um Gesundheitsrisiken richtig einzuschätzen, zu beurteilen und im Alltag umzusetzen. So lautet die Quintessenz der von der Universität Bielefeld im Jahr 2020 durchgeführten Studie mit 2.000 Personen ab 18 Jahren. Und auch mit dem grundsätzlichen Verständnis des deutschen Gesundheitssystems haben vier Fünftel große Schwierigkeiten. Nun ja, das mag eventuell nachvollziehbar sein.

Zu viel Information verwirrt

Tatsächlich habe sich die Gesundheitskompetenz im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2014 sogar noch verschlechtert. Klagten 2014 etwa 54 % der Befragten über große Schwierigkeiten, sich im unüberschaubaren Angebot von Gesundheitsinformationen zu orientieren, so waren es 2020 schon fast 60 %.

Ein Grund für den Anstieg liegt nach den Angaben der Befragten in der Menge, Vielfalt und auch Widersprüchlichkeit der Informationen. Hinzu komme, dass auch Falsch- und Fehlinformationen zu Gesundheitsthemen zugenommen hätten – ganz besonders seit der Corona-Pandemie. Drei Viertel der Befragten fühlen sich nicht in der Lage, Gesundheitsinformationen richtig einzuschätzen. 76 % halten es beispielsweise für schwierig zu beurteilen, ob Informationen zu Krankheiten in den Medien vertrauenswürdig sind. 61 % der Befragten sind damit überfordert, Informationen aus den Medien abzulesen, um sich vor Krankheiten zu schützen.

Öfter in die Arztpraxis

Die Studie zeigt auch: Je niedriger der Bildungsgrad, umso größer sind die Probleme. Hier baue sich eine neue Form von gesundheitlicher Ungleichheit auf, befürchten die Bielefelder Wissenschaftler:innen und warnen, diese Entwicklung nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Denn eine geringe Gesundheitskompetenz habe unweigerlich negative Folgen: Sie ist verbunden mit ungesundem Verhalten wie geringer Bewegung, schlechter Ernährung und häufigerem Übergewicht und führt zu mehr Arztbesuchen, Krankenhausaufenthalten und einer intensiveren Nutzung von Notfalldiensten.

Und digital? – Na ja
In der Bielefelder Studie wurde auch die digitale Gesundheitskompetenz der Bevölkerung untersucht, da diese immer wichtiger wird. Auch hier wiesen rund 75 % der Befragten eine geringe Kompetenz auf und sehen sich vor enorme Schwierigkeiten im Umgang mit digitaler Information gestellt. Das zeigt sich auch daran, dass digitale Informationsmöglichkeiten nur sehr zurückhaltend genutzt werden. 36 % der Befragten greifen nie auf sie zurück. Das gilt besonders für Menschen über 65 Jahre.

Die Corona-Pandemie führt dies drastisch vor Augen: Tranken vor der Pandemie 22,6 % dieser Gruppe viermal oder öfter in der Woche Alkohol, sind es jetzt ausweislich der Bielefelder Untersuchung 29,7 %. Gleichzeitig treiben sie weniger Sport. Waren vor Corona noch 36,2 % dieser Gruppe viermal pro Woche oder öfter körperlich aktiv, sank der Anteil der Sporttreibenden seither auf 25,7 %. Und: In den vergangenen 12 Monaten waren 27,8 % der Personen mit geringer Gesundheitskompetenz sechsmal oder öfter in einer Hausarztpraxis. In der Vergleichsgruppe derjenigen mit hoher Gesundheitskompetenz gaben dies nur 13,6 % an.

Fast die Hälfte versteht nur "Bahnhof"

Ausgerechnet die vulnerablen Gruppen kennen sich am schlechtesten aus. Menschen mit niedrigem Bildungsgrad, niedrigem Sozialstatus, mit Migrationserfahrung, höherem Alter und chronischen Gesundheitsproblemen sind nicht gut informiert. Die aktuelle Untersuchung weist zudem auf einen besorgniserregenden Trend hin. Auch Menschen zwischen 18 und 29 Jahren haben vermehrt Schwierigkeiten, mit Gesundheitsinformationen umzugehen. Für die Kommunikation zwischen Ärzt:innen und Patient:innen bedeutet das: Es hapert, vor allem, wenn es um die gemeinsame Entscheidungsfindung geht. In der aktuellen Umfrage gab knapp die Hälfte (46,5 %) an, Ärzt:innen nur schwer zu verstehen. Zudem nähmen sich die Ärzt:innen zu wenig Zeit. In immer weiteren Kreisen werden außerdem die Beipackzettel nicht mehr verstanden. Mehr als 70 % der Befragten bezeichnete es als schwierig, unterschiedliche Behandlungsoptionen einzuschätzen. Die Bielefelder Sozialforscher:innen schließen aus diesen Ergebnissen, dass für die Arzt-Patienten-Interaktion nach wie vor Handlungsbedarf besteht.

*Kannitverstan
ist eine Kalendergeschichte des Dichters Johann Peter Hebel, die erstmals 1808 im Rheinländischen Hausfreund erschien. Ein junger Handwerksbursche aus Tuttlingen besucht zum ersten Mal in seinem Leben die holländische Weltstadt Amsterdam und bewundert dort ein besonders prächtiges Haus und ein gewaltiges Schiff, aus dem die kostbarsten Waren gerade entladen werden. Er fragt nach den Besitzern des Gebäudes und des Schiffes und erhält beide Male die Antwort "Kannitverstan" ("Ich kann Euch nicht verstehen."). Der Handwerksbursche glaubt jedoch, dass es sich dabei um den Namen des Eigentümers handele, und ist beeindruckt vom Reichtum des vermeintlichen Herrn Kannitverstan. Betrübt vergleicht er dessen Glück mit seiner eigenen Situation und hadert mit seinem Schicksal, bis er schließlich auf einen Leichenzug trifft und nach dem Namen des Verstorbenen fragt. Als er daraufhin wieder die Antwort "Kannitverstan" erhält, versöhnt er sich mit der Ungleichheit in der Welt und bedauert den Verstorbenen, dessen großer Besitz ihn doch nicht vor dem Tod hat bewahren können.
Quelle: Wikipedia


Literatur:
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Autor
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (8) Seite 32-33