Die akute Diarrhoe erfordert in der Regel nur eine begrenzte Diagnostik, es sei denn, es handelt sich um einen immunsupprimierten Patienten. Chronischer Durchfall hingegen sollte intensiv abgeklärt werden inklusive erweiterter Labordiagnostik und ggf. Antikörpertests und Bestimmung endokriner Enzyme.

Die akute Diarrhoe ist eine Durchfallerkrankung, die weniger als 14 Tage dauert, meist eine virale oder bakterielle Ursache hat und mit mehr als drei ungeformten Stühlen pro Tag oder täglich über 250 g ungeformtem Stuhl einhergeht.

Von chronischer Diarrhoe spricht man bei Durchfall mit gleicher Stuhlfrequenz von mehr als drei Stühlen pro Tag. Diese Erkrankung dauert jedoch länger als 30 Tage. Die persistente Diarrhoe hält zwischen 14 und 30 Tage an. Sie ist zum Teil nicht infektiös und muss – je nach Leidensdruck des Patienten – sorgfältig abgeklärt werden. Der Arzt muss hier genau abwägen, welche nicht-invasiven oder invasiven Maßnahmen er ergreift.

Akute Diarrhoe

Die Pathogenese der akuten Diarrhoe ist bakteriell, viral oder durch Protozoen verursacht.

Bakteriell:

  • Dünndarm: Salmonellen, E. coli, Cl. perfringens, S. aureus, B. cereus, V. cholerae
  • Dickdarm: Campylobacter, Shigellen, Cl. difficile, Yersinien, EHEC

Viral:

  • Dünndarm: Noroviren, Rotaviren
  • Dickdarm: CMV, HSV, Adenoviren

Protozoen:

  • Dünndarm: Cryptosporidien, Microsporidien, Giardia lamblia
  • Dickdarm: Entamoeba histolytica

Für die Evaluation der akuten Diarrhoe ist ein initiales Assessment entscheidend. Erfassen sollte man dabei eine Dehydratation, die Dauer der Erkrankung, Zeichen der Inflammation wie Fieber, Beschwerden wie Krämpfe sowie Alarmsymptome wie Blut im Stuhl. In der initialen Diarrhoe-Phase ist die symptomatische Therapie – im Wesentlichen geprägt durch Rehydratation – entscheidend. Die weitere Strategie des Managements richtet sich nach der Schwere der Erkrankung. Anamnestische Fragen, die geklärt werden sollten, sind Nahrungsmittel- und Antibiotikaeinnahme, Sexualkontakte, Reiseanamnese, zwischenmenschliche Tageskontakte und der Aufenthalt in nicht-zivilisierten, hygienisch unklaren Gegenden.

Checkliste zur Evaluation

  • Hypovolämie?
  • Blut im Stuhl?
  • Fieber über 38,5 Grad?
  • Mehr als sechs ungeformte Stühle pro Tag?
  • Starke abdominelle Beschwerden?
  • Alter über 65 Jahre?
  • Immunsupprimierter Zustand?
  • Schwangerschaft?
  • Zusätzliche schwere Systemkrankheiten?

Bei der Reise-Diarrhoe und wenn sich eine Antibiotika-Therapie evaluieren lässt, genügt eine Routine-Stuhldiagnostik auf Salmonellen, Shigellen, Campylobacter und Yersinien, E. coli Subtyp 0157-H17 sowie das Clostridium-difficile-Toxin.

Tritt eine Diarrhoe nach einem Krankenhausaufenthalt auf, muss das Clostridium-difficile-Toxin A und B gesucht werden; insbesondere bei immunkompromittierten Patienten und über 65-Jährigen sowie bei komplizierter Neutropenie und systemischer Infektion. Dauert der Durchfall länger als sieben Tage, muss zusätzlich an eine Protozoen-Infektion gedacht werden. Bei Patienten mit ausgeprägter Immunsuppression sollte zudem ein Test auf Mikrosporidien, Mycobacterium und CMV erfolgen.

Eine weiterführende invasive Diagnostik mittels Endoskopie ist in den meisten Fällen am Anfang, d. h. in den ersten 14 Tagen, nicht nötig – außer bei immunsupprimierten Patienten. Der Arzt sollte hier besonderes Augenmerk auf eine Biopsie und die Frage nach einer CMV-Infektion legen. Diese wichtige Ausnahme muss beachtet werden. Patienten, die eine Clostridium-Toxin-positive Diarrhoe nach Antibiotika-Therapie haben, benötigen primär nicht unbedingt eine endoskopische Abklärung. Hier kann direkt mit spezifischen Antibiotika (Metronidazol, Vancomycin, Rifaximin) therapiert werden.

Allgemeine Therapierichtlinien der akuten Diarrhoe

Die Therapie der akuten Diarrhoe besteht vor allem in der oralen Rehydratation, z. B. mit WHO-Lösung (3,5 g Salz + 2,5 g Backpulver + 1,5 g Kaliumchlorid sowie 20 g Glucose auf einen Liter Wasser). Bei ausgeprägtem, schwerem Verlauf kann eine empirische antibiotische Therapie erfolgen – je nach Reiseland und Resistenzlage mit Chinolonen (Norfloxacin 2 x 400 mg; Ciprofloxacin 2 x 500 mg und Levofloxacin 500mg pro Tag).

Besteht der Verdacht auf Campylobacter – also hat der Patient zusätzlich starke Krämpfe? Dann sollte ein Makrolid vom Typ Azithromycin 1 g
Einmalgabe verabreicht werden. Bei Verdacht auf Giardia-lamblia-Infektion aus entsprechenden Reiseländern wie Marokko, Ägypten und Nachweis einer Giardia-Infektion ist eine Therapie mit Metronidazol für zehn Tage in einer Dosierung von 3 x 500 mg täglich möglich. Motilitätshemmende Medikamente sind nur erlaubt, sofern kein Fieber, keine analen Blutabgänge und keine schwere systemische Reaktion vorliegen. Hier kann man 4 –8 mg Loperamid pro Tag geben.

Chronische Diarrhoe

Von der akuten ist, wie erwähnt, die chronische Diarrhoe abzugrenzen. Als Krankheitsbilder stehen in den sich entwickelnden Ländern besonders das Reizdarmsyndrom, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Malabsorptions-Syndrome, chronische Infektionen und sekretorische Durchfälle im Vordergrund.

Für die sich weniger entwickelnden Länder sind an erster Stelle chronische Infekte und an zweiter funktionelle Krankheiten relevant. Auf Rang 3 kommen entzündliche Darmerkrankungen in der Differenzialdiagnose hinzu. Den vierten Platz belegen Malabsorptions-Syndrome.

Diagnostik

Die chronische Diarrhoe erfordert ein Minimal-Laboratorium wie Blutbild, Serum-Elektrolyte, Gesamteiweiß und Albumin, Schilddrüsen-Funktion, Eisen-Tests, Vitamin B12, Kalzium und Cholesterin. Der Stuhl sollte bei chronischer Diarrhoe auf okkultes Blut untersucht und das Calprotectin bestimmt werden. Zudem sollte man nach Protozoen suchen.

Im Fokus der Diagnostik bei der chronischen Diarrhoe steht die Osmolalität des Stuhls. Liegt diese unter 290 mosmol/kg, ist ein Verdünnungseffekt die Ursache. Bei Osmolalität über 290 mosmol/kg ist dieser Wert wenig informativ. Bei Werten unter 50 mosmol/kg Stuhl liegt eine sekretorische Diarrhoe vor. Bei über 125 mosmol/kg handelt es sich um eine osmotische Diarrhoe, z. B. Laxantien-Abusus. Dazwischen liegen Mischformen.

Sollten Sie die Option einer Messung des Stuhl-pH haben, zeigt ein niedrigerer pH-Wert unter 5,3 eine Kohlenhydrat-Malabsorptionsstörung an, ein pH über 5,6 deutet hingegen eher auf eine generalisierte Malabsorption hin.

Bei der chronischen Diarrhoe können manche serologischen Tests hilfreich sein. Besonders zu erwähnen ist hier der ANA-Test für Hinweise auf eine Vaskulitis, Sklerodermie oder Autoimmunenteropathie. Die Endomysium-Antikörper sowie die Gewebetransglutaminase können eine Zöliakie anzeigen, die p-ANCA auf eine Colitis ulcerosa hinweisen. Die quantitativen Immunglobuline deuten auf einen selektiven IgA-Mangel hin. Bei Antikörpern auf Entamoeba histolytica kann es sich um eine Parasiten-Infektion handeln. Bei einem HIV-Antikörperstatus kann eine schwere Immunsuppression durch das HI-Virus vorliegen.

Bei der chronischen Diarrhoe muss immer beachtet werden, dass eine intensive endokrinologische Enzymbestimmung erforderlich ist, insbesondere was die oben genannten Parameter im Serum sowie die Pankreas-Elastase im Stuhl angeht. So läuft man nicht Gefahr, einer exokrinen Insuffizienz aufzuliegen.

Auch muss eine Endoskopie mit Biopsie-Entnahme durchgeführt werden, um eine mikroskopische Kolitis zu erfassen.

Therapie

Die chronische Diarrhoe wird nach Diagnosestellung antiinflammatorisch sowie motilitätsmindernd therapiert.

Fazit
Die akute Diarrhoe bedarf meist keiner Therapie. Sollte der Leidensdruck, die Ko-morbidität oder die Schwere des Krankheitsbildes jedoch eine rasche Diagnostik erfordern, muss diese nach oben genannten Kriterien durchgeführt werden. Bis zu einer Dauer von 14 Tagen sprechen wir von einer akuten Diarrhoe, für die man in aller Regel keine invasive Abklärung benötigt – mit Ausnahme von immunsupprimierten Patienten. Bei der chronischen Diarrhoe, d. h. der Dauer der Durchfallerkrankung von über 30 Tagen, muss eine intensive Abklärung mit Endoskopie sowie breiten Labor-Tests erfolgen. Im Zeitraum zwischen 14 und 30 Tagen besteht kein strikt einheitliches Vorgehen. Hilfreich ist eine intensive Arzt-Patienten-Beziehung, um im individuellen Fall den richtigen Behandlungsweg einzuschlagen. Je nach Stärke der Beschwerden kann die Diagnostik intensiv vorgezogen oder bei stabiler Situation abgewartet werden.


Literatur
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Autor:

Prof. Dr. med. Manfred Essig

Chefarzt Medizin
Spital Zweisimmen
CH-3770 Zweisimmen

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (3) Seite 28-30