Die Steißbeinfistel (Akne inversa) verursacht chronische Entzündungen der Haut, die mit starker ­Eiterbildung einhergehen. Vor allem sensible Körperstellen wie Achsel und Genitalbereich sind davon betroffen. ­Mittlerweile weiß man, dass die Ursachen in einem Defekt des angeborenen Immunsystems liegen.

Die Haut der betroffenen Personen enthält deutlich weniger Abwehrstoffe als bei gesunden Menschen. Faktoren wie Rauchen und Übergewicht können das Krankheitsbild zusätzlich verschlechtern. Eine korrekte Diagnose ist nicht immer einfach, für die erfolgreiche Therapie aber entscheidend: „Man muss sich die Erkrankung wie ein Maulwurfsystem unter der Haut vorstellen, in dem viele entzündliche Fistelgänge miteinander verbunden sind. Sofern dieses unterirdische Gangsystem nicht entfernt wird, ist die Krankheit damit nicht ausreichend behandelt. Das ist, als wenn Sie einen Maulwurfshügel schließen/entfernen, der Maulwurf dann aber an einer anderen Stelle wieder ausbricht“, erläutert Dr. Matthes die leider noch häufig übersehene Problematik.

Starke Beschwerden und Resignation bei den Patienten

Eine Odyssee aus vielen vollnarkotisierten Operationen und Schamgefühlen liegt hinter Simone S. (28) aus Schleswig-Holstein. Ab ihrem 21. Lebensjahr traten die ersten entzündeten Stellen in den Achselhöhlen auf, die sie zunächst als störend, aber nicht behandlungsbedürftig einschätzte. Irgendwann wurden die Schmerzen so schlimm, dass sie sich von ihrem Arbeitsplatz direkt in die Notaufnahme eines Krankenhauses begab. Dort bekam sie die Diagnose, dass es sich um einen Abszess handele, der sofort operiert werden müsse. Bei einer Operation blieb es nicht: Von 2014 bis 2016 wurde sie acht Mal operiert.

„Kaum war die eine Stelle zugeheilt, ging es an der nächsten Stelle los. Mir blieb nichts, als zu hoffen, dass diese OP nun die letzte war“, erzählt sie. Erschöpft von den zahlreichen Eingriffen versuchte sie die Beschwerden so hinzunehmen, ohne sich wieder in medizinische Behandlung zu begeben. Dies führte dazu, dass sich die unentdeckte Akne inversa stark verschlimmerte, bis sie vier Jahre nach der letzten Operation wieder ihre Hautärztin aufsuchte. Diese überwies sie beim Blick auf die großflächig entzündeten Achseln direkt an das Zentrum für Venen- und Dermatochirurgie des Krankenhauses Tabea in Hamburg, wo Dr. Matthes eine Akne inversa im dritten Stadium diagnostizierte. Im Juni 2021 folgte dann die Operation.

Goldstandard und kausale Behandlung

Die Erkrankung wird nach Hurley in drei Stadien eingeteilt: Ab Schweregrad drei gilt die großflächige Operation mit Sicherheitsabstand als kausale Behandlung, um alle unterirdischen Entzündungsherde langfristig zu entfernen. Bei Simone S. beispielsweise lag die Wundgröße bei rund 12 x 6 Zentimetern, eine Woche musste sie nach dem Eingriff in der Klinik bleiben. Darauf folgt im Regelfall eine Heilungsphase von sechs bis acht Wochen. Die offene Wundheilung wird medikamentös mit einem Antibiotikum und Schmerzmitteln begleitet.

Nach der Abheilung ist die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls gering, aber nicht ausgeschlossen: „Es gibt immer die Möglichkeit für Rezidive, da wir die Genetik nicht wegoperieren können. Das hängt auch maßgeblich vom Verhalten der Patienten ab: Wer beispielsweise nicht aufhört zu rauchen, erhöht die Wahrscheinlichkeit neuer Entzündungsherde“, so Dr. Matthes. Solche Rezidive würden eher im unteren Körperbereich auftreten, unter den Achseln seien sie nur sehr selten.

Mehr flächendeckende Aufklärung ist wünschenswert

Schwere Verläufe und entsprechend großflächige Operationen könnten vermieden werden, wenn Betroffene sich früher in fachkundige Behandlung begeben würden. Mehr Aufklärung wünscht sich daher Dr. Matthes: „Das Krankheitsbild muss mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung, aber auch der Ärzteschaft gelangen. Selbst ausgeprägte Stadien lassen sich gut behandeln.“


Quelle
Zentrum für Venen- und Dermatochirurgie im Krankenhaus Tabea


Autorin:
Sabine Mack

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (10) Seite 8