Ob Neubau, Umbau oder Renovierung: Bei der Planung einer Hausarztpraxis ist der Grundriss entscheidend, damit das Praxiskonzept auch langfristig funktionieren kann: Denn eine nachhaltige Hausarztpraxis verlangt nach möglichst funktionell und ergonomisch geplanten Räumlichkeiten.

Das Ziel einer optimalen Raumplanung sollte sein, unnötige Zeit- und Reibungsverluste während des Praxisalltags zu verhindern. Gut strukturierte Wegführung für Mitarbeiter:innen und Patient:innen hat die höchste Priorität.

Eine unpraktische Raumplanung, die im Praxisalltag einengt, fördert weder die Zusammenarbeit im Team noch die Kreativität beim Arbeiten und ebenso wenig die Wohlfühlatmosphäre bei den Patient:innen. Der wesentliche Grund für eine zeitintensive Planung der neuen Räume liegt aber in der Ökonomie begründet – in den Personal- und Raumkosten. Denn ineffiziente Raumverkettung führt schnell zu höheren Kosten im Praxisalltag. Eine Tatsache, die angesichts der immer komplizierter werdenden Spezialisierung stärker zum Tragen kommt. Jeder Behandlungsfokus bedarf eigener Arbeitswelten, das ist insbesondere in der Hausarztpraxis wichtig, in der mehrere Patienteninteressen berücksichtigt werden müssen. Diese verschiedenen Arbeitswelten gilt es transparent geplant und detailliert umzusetzen. Und genau dafür ist eine umfangreiche Raumplanung wichtig.

Kein Wunschkonzert

Wenn Planer:innen Grundrisse entwickeln, ohne zu wissen, wie eine Arztpraxis funktioniert, kann sich das negativ auf die Arbeitsabläufe und die Kostenstruktur auswirken. Prinzipiell gilt: Die Laufwege kurzhalten, einen möglichst routinierten Arbeitsflow generieren und eine klar ersichtliche Orientierung zu den wesentlichen Räumen schaffen. Neben den individuellen Wünschen der Praxisinhaber:in und ihres Teams sowie den funktionellen Eckpunkten bei der Planung ist auch die Landesbauordnung im jeweiligen Bundesland zu berücksichtigen, ebenso wie ergänzende Gesetze, Richtlinien und Normen wie beispielsweise die geltenden RKI-Richtlinien oder die Arbeitsstättenverordnung. So kann eine vermeintliche "Kleinigkeit" wie die Frage, ob ein oder zwei Waschbecken im Labor vorgeschrieben sind, bei einer Praxiskontrolle schnell zum großen Problem werden.

Infokasten 1: Beispiel aus der Hausarztpraxis
  • Der Sterilisationsraum: Einerseits sollte dieser Funktionsraum möglichst zentral an den Behandlungszimmern liegen, um gebrauchte Utensilien sterilisieren zu können. Andererseits sollte er möglichst weit von Warteraum & Co. entfernt sein, damit der Praxisalltag reibungslos funktioniert.
  • Das Labor: Für viele Fachrichtungen ist eine Durchreiche zu den Patiententoiletten empfehlenswert. Urinbecher durch die Praxis ins Labor zu tragen ist weder hygienisch noch zeitgemäß!
  • Der Personalraum mit Küchenzeile muss allen Mitarbeiter:innen einen Stuhl mit Lehne zur Verfügung stellen (nach Arbeitsstättenrichtlinie), ein Fenster haben und keinen direkten Zugang zum Personal-WC.
  • Da Ärzt:innen immer häufiger zwei getrennte Wartebereiche favorisieren, um infektiösen Patient:innen einen separierten Raum zu bieten, wird der Platzbedarf größer bzw. es wird nach raffinierten Raumlösungen verlangt. Je größer und umfangreicher eine Arztpraxis ist, umso komplexer gestaltet sich die Raumplanung.

Bloß keine Standardlösungen

Eine perfekte Planung ist so vielfältig, wie es Möglichkeiten an Mieträumen gibt. So existieren z.B. keine Basisdaten zu Größe oder Raumaufteilung. Auf die Frage, wie viele Quadratmeter für eine Hausarztpraxis erforderlich sind, gibt es ebenfalls keine allgemeingültige Antwort. Jede Praxis muss individuell betrachtet werden. Der Fokus liegt dabei immer auf dem gewünschten Praxiskonzept und dem medizinischen Angebot. Denn erst daraus ergibt sich der wirkliche Platzbedarf.

Angesichts der Vielzahl von Tätigkeitsbereichen bzw. Funktionalitäten ist es unumgänglich, Zeit und Energie in die grundlegende Planung und Aufteilung zu investieren. Diese Entscheidungen sind von Dauer und haben eine nachhaltige Auswirkung auf den künftigen Arbeitsalltag. Es gilt, nicht nur die Gegenwart zu bedenken, sondern sich auch die Frage zu stellen, wie man in fünf oder zehn Jahren arbeiten will. Das Ziel jeder Planung sollte es sein, bestenfalls Jahrzehnte in der neu gestalteten Praxis reibungslos arbeiten zu können.

Infokasten 2: Raumaufteilung für eine Hausarztpraxis
Am Beispiel einer Praxis für Allgemeinmedizin können folgende 18 Bereiche definiert werden, die bei der Praxis-Raumplanung auf jeden Fall berücksichtigt werden sollten:
  • Empfang
  • Back Office
  • Wartezimmer, ggf. gesonderter "Quarantäne-Wartebereich"
  • Spielbereich für Kinder
  • Kurzwartebereich für Labor
  • Behandlung
  • Labor
  • Sonografie
  • Funktionsraum mit EKG/Sehtest
  • Barrierefreies WC
  • Chefbüro
  • Personalumkleide
  • Personal-WC
  • Personalküche
  • Raum für z. B. Diabetes-Beratung
  • Putzmittelraum
  • Lager
  • Schulungsraum

Von Grundriss bis Gesamtkonzept

Die Basis jeder Raumplanung bildet der Bestandsgrundriss. Für diesen entwickeln Planer:innen einen funktionalen Grundriss, an dem im zweiten Schritt die Details festgelegt werden (s. Abb. 3). Herausforderungen gibt es erfahrungsgemäß viele. So wird bei einem Umbau häufig die Wassersituation zum Problem, da in allen Behandlungsräumen, im Labor und sämtlichen Funktionsräumen zwingend ein Anschluss vorgeschrieben ist. Ebenfalls zur Herausforderung bei einer Renovierung kann der Wunsch nach möglichst kurzen Arbeitswegen sein. Oft sind Türdurchbrüche erforderlich, die aufgrund der Gebäudestatik nicht problemlos realisiert werden können. Vor allem eine Praxisplanung für Berufsausübungsgemeinschaften erfordert einen speziellen Grundriss, um Patient:innen die Orientierung innerhalb der Räumlichkeiten möglichst transparent und klar darzustellen.

Wenn die Raumaufteilung zufriedenstellend gelöst wurde, werden die Praxismöbel im Idealfall auf Maß angefertigt. So ergibt sich ein harmonisches Gesamtkonzept. Das Herz jeder Praxis ist ein gut sortierter Empfang, hier laufen täglich Hunderte von Informationen zusammen. Diese Planung bedarf eines besonderen Fokus, um optimale Arbeitsbedingungen zu schaffen. Im besten Fall werden schon hier die Mitarbeiter:innen in die Planung einbezogen. Zum einen gilt es, möglichst den optimalen Stauraum und dringend erforderliche Ablagen unterzubringen. Zum anderen sollte das Thema Technik zukunftsfähig bedacht werden. Hier geht es um mehr als um das Telefon und PCs. Versteckte Kabelführung, induktive Ladelösungen, Kartenlesegeräte, ausreichend Steckdosen, Druckerlösungen, auch für später − alles muss vorgesehen und mit ausreichend Leitungen bedacht werden. Hier ist das Motto, mehr ist besser!

Letztendlich gilt, wer die eigene Wohlfühlpraxis realisieren will, braucht Vorlaufzeit − mindestens ein Jahr ist empfehlenswert − sowie eine Fachplaner:in mit Geduld und Augenmaß, die für die individuellen Herausforderungen einer Hausarztpraxis alle wichtigen Details im Blick behält.



Autorin

© RENE JUNGNICKEL
Kathrin Geilert

Fachberaterin bei der Geilert GmbH
www.geilert-gmbh.de
Interessenkonflikte: Diese Autorin hat keine deklariert



Erschienen in: doctors|today, 2023; 3 (2) Seite 46-48