Frage: Ein 71-jähriger Patient klagt über Schmerzattacken, die etwa alle sechs Wochen auftreten und bis zu drei Tage anhalten. Anamnestisch ist eine Operation wegen einer Spinalkanalstenose bekannt und außerdem eine zurückliegende Herpes-Zoster-Infektion. Könnten die Schmerzattacken auf OP oder Infektion zurückzuführen sein oder muss man mögliche andere Ursachen bedenken?

Frage

Hier ein Fall aus der Praxis mit Problemen hinsichtlich der Diagnose und Therapie: Ein 71-jähriger Patient hat in der Vorgeschichte keine wesentlichen Erkrankungen durchgemacht, außer einer OP vor vier Jahren (Spinalkanalstenose, Dekompression L3/L4 von re. über Hemilaminektomie L4 mit Undercutting nach re. Ausräumung der Bandscheibenfächer L3/4 und L4/5, TLIF-Stabilisierung mit intervertebralem PEEK Cage/Spongiosa und S4-Schrauben-Stab-System von L3 bis L5 in mikrochirurgischer Technik. Durchführung einer offenen Facettendenervation L2/3 bis L5/S1). Nach der OP Besserung der Symptome.

Zwei Jahre später erkrankte er an einer milden Herpes-Zoster-Infektion mit entsprechender Behandlung, ca. acht Monate nach der Infektion begannen neuropathische Schmerzen, stichartig, heftig, brennend, Berührungsschmerzen. Diese traten an verschiedenen Stellen segmentbegrenzt auf (Kopf, Hals, Thorax, Extremitäten etc.).

Erweiterte Diagnostik: MRT Kopf: unauffällig, keine Hinweise auf Diabetes mellitus (Polyneuropathie), auf Myasthenie (Acetylcholinrezeptor-AK negativ), auf Tumorerkrankung und Paraneoplasie. Es wurde vor einem Jahr gegen Herpes Zoster geimpft (Shingrix®), Lumbalpunktion wegen der OP Spinalkanalstenose schwierig. Neurologisch sonst o.B.

Die neuropathischen Schmerzen treten ca. alle sechs Wochen auf, schwer ausgeprägt, aber nur bis zu drei Tage andauernd!

Meine Frage: Welche Ursache haben diese neuropathischen Schmerzen: Folgen der durchgemachten Herpes-Zoster-Infektion, andere Virusinfektion, Folgen der OP?

Antwort

Der unkomplizierte Zoster betrifft in den meisten Fällen ein einzelnes Dermatom. Schmerzen, die stechend oder brennend sein können, gehen dem Exanthem oft voraus und können bei thorakaler oder abdominaler Lokalisation anfangs Anlass sein, eine Pleuritis, Appendizitis oder Cholezystitis zu vermuten. Das Zosterexanthem tritt gewöhnlich innerhalb von drei bis vier Tagen nach Auftreten der Schmerzen auf.

Auch bei frühzeitiger Therapie mit Virustatika persistieren die Schmerzen meist zwei bis vier Wochen nach Abheilung des Exanthems. Bis zu ein Drittel der Patient:innen leidet mehrere Monate unter Schmerzen im betroffenen Segment oder es entwickelt sich sogar ein chronisches Schmerzsyndrom.

Im beschriebenen Fall spricht das lange Zeitintervall zwischen Zosterexanthem und Auftreten der Schmerzen gegen einen Zusammenhang. Auch ist der chronische Post-Zosterschmerz auf das betroffene Segment und angrenzende Hautareale beschränkt, während in der Leserfrage anscheinend ein multilokulärer Ganzkörperschmerz beschrieben wird.

Auch ein Zusammenhang mit der LWS-OP vor vier Jahren ist unwahrscheinlich. Im Falle eines Rezidivs der Spinalen Stenose wären lumbale Schmerzen evtl. mit Ausstrahlung in die Beine zu erwarten, aber keinesfalls Schmerzen an Kopf, Hals oder Thorax.

Bei episodisch auftretenden und spontan remittierenden Schmerzattacken mit mehrwöchigen freien Intervallen kann das Führen eines Schmerztagebuchs sinnvoll sein, um evtl. auslösende Faktoren erkennen zu können.



Autor

Dr. med. Carsten Isenberg

Klinikum St. Elisabeth II. Medizinische Klinik
94315 Straubing

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (12) Seite 46