Die Sarkoidose (Morbus Boeck) ist eine systemische inflammatorische Erkrankung, die meist die Lunge betrifft, sich aber auch in anderen Organen ausbreiten kann. Diese entzündliche Erkrankung ist oft eine differenzialdiagnostische Herausforderung: Die genaue Ursache der Sarkoidose ist immer noch unbekannt und es existiert keine spezifische Therapie. Auch fehlen valide Marker zur Diagnostik und Aktivitätsbestimmung. Als Erstlinientherapie gelten weiterhin Kortikosteroide.

Kasuistik
Luftnot, Gewichtsverlust und Husten

Ein 39-jähriger Patient stellt sich mit zunehmender Belastungsdyspnoe und einem ungewollten Gewichtsverlust von 12 kg vor. Zudem ist ein unproduktiver Reizhusten feststellbar. An Vorerkrankungen liegt seit der Kindheit ein allergisches Asthma vor, das medikamentös gut behandelt wird. Bei der Mutter des Patienten ist eine Sarkoidose (im Röntgen-Typ 4) bekannt. Lungenfunktionell zeigt sich bei ihm eine leichte Restriktion mit eingeschränkter Diffusionskapazität. Im Röntgen-Thorax sieht man eine bihiläre Lymphadenopathie. Das CT-Thorax zeigt eine Sarkoidose (Abb. 1). Zur Befundsicherung erfolgt eine Bronchoskopie und eine Punktion der mediastinalen Lymphknoten. Sowohl dort als auch im Lungenparenchym kann eine nichtnekrotisierende epitheloidzellige granulomatöse Entzündung gesichert werden. Zudem zeigt sich eine lymphozytäre Alveolitis. Eine Erregerasservierung gelingt nicht, auch der Quantiferon-Test ist negativ. Zur Umfelddiagnostik erfolgen eine transthorakale Echokardiografie und ein Langzeit-EKG mit unauffälligem Befund, außerdem eine Abdomensonografie, eine augenärztliche Vorstellung und eine umfassende Labor- und Urindiagnostik zum Ausschluss einer renalen oder hepatischen Mitbeteiligung. Bei Krankheitslast und eingeschränkter Diffusionskapazität wird die Therapie mit 40 mg Prednisolon per os einmal täglich eingeleitet und kann nach sechs Monaten ausgeschlichen werden. Der Patient ist nachfolgend beschwerdefrei und stellt sich halbjährlich zur Kontrolle vor.


Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Erkrankung, bei der sich bestimmte knötchenförmige Gewebeneubildungen (Granulome) in einem Organ nachweisen lassen (vgl. Kasuistik). Eine spezifische Infektion als Ursache, vor allem eine Tuberkulose, sollte man sicher ausschließen können. Granulome können bei verschiedenen Erkrankungen auftreten (vgl. Tabelle 1). Auch Medikamente (Zytokine wie IFN-alpha, -gamma und -beta, Anti-TNF-Therapien, Immuncheckpoint-Inhibitoren wie Anti-CTLA4 und Anti-PDL1-Antikörper, antiretrovirale Therapien, BRAF-Inhibitoren u. a.) können eine granulomatöse Reaktion auslösen [1].

Unterschiedliche Verläufe

Die Sarkoidose kann sich als akute Verlaufsform (Löfgren-Syndrom) mit bihilärer Lymphadenopathie, Arthritis und Erythema nodosum zeigen. Auch gibt es chronische bis subchronische Verläufe. Vergleichsweise selten ist das Heerfordt-Syndrom (u. a. mit Fieber, Xerostomie, Uveitis anterior, Parotitis, Fazialisparese). Sarkoidose kann praktisch jedes Organ betreffen.

Tabelle 1: Differenzialdiagnosen granulomatöser Erkrankungen
  • Tuberkulose
  • Nichttuberkulöse ("atypische") Mykobakteriose
  • Exogen allergische Alveolitis
  • Sarcoid like lesions
  • Berylliose
  • Morbus Crohn
  • Granulomatöse Polyangiitis
  • Fremdkörperreaktionen
  • Churg-Strauss-Syndrom
  • Pilzinfektionen
  • Exposition gegenüber Metallen (z. B. Aluminium)
  • Medikamentenassoziiert

Die Erkrankung ist in ihrem klinischen Verlauf nicht vorhersehbar. Typischerweise ist die Lunge mit 89 – 99 % [1] am häufigsten betroffen (vgl. Abb. 1). Klinisch präsentiert sich ein pulmonaler Befall u. a. mit Husten und Luftnot. In der Lungenfunktion kann sich sowohl eine Restriktion als auch eine eingeschränkte Diffusionskapazität zeigen. Man unterscheidet fünf röntgenologische Typen mit unterschiedlicher Prognose (Tabelle 2), wobei es sich hier nicht um chronologisch aufeinander folgende Stadien handelt.

Trotz intensiver Forschung ist die Ätiologie der Sarkoidose bis heute unbekannt, was u. a. der Diversität der Krankheitsformen, den multiplen möglichen Organbeteiligungen und den individuell verschiedenen Krankheitsaktivitäten und -verläufen geschuldet ist. Die Neuerkrankungsrate verläuft unterschiedlich und hängt von Geschlecht, Alter und ethnischer Zugehörigkeit ab [2]. In der afroamerikanischen Bevölkerung ist die Inzidenz mit am höchsten [3, 4], in Asien am geringsten [6, 7]. In Schweden hat circa ein Drittel der Patient:innen die akute Verlaufsform des Löfgren-Syndroms, bei asiatischen und schwarzafrikanischen Patient:innen kommt diese eher nicht vor [8]. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 40 – 55 Jahren, Männer erkranken etwas früher (mit 30 – 50 Jahren), Frauen eher später (mit 50 – 60 Jahren) [5, 7].

Die globale Mortalität der Sarkoidose liegt bei 9 – 14 Fällen pro 1.000 Personenjahre, die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei 93 – 95 % [9 – 11]. Studien zeigen, dass das Sarkoidoserisiko bei bestimmten Expositionen erhöht ist (diverse Umweltfaktoren wie Schimmelbelastung oder Insektizide) [12]. 2016 kamen Esteves et al. [13] in einer Metaanalyse zu dem Schluss, dass die Sarkoidose mit Infektionen assoziiert ist. Hier spielen Propionibacterium acnes, Mykobakterien, Borrelien und Humanes Herpesvirus 8 eine Rolle. Keinen Zusammenhang gab es mit Rickettsien, Chlamydia pneumoniae und Epstein-Barr-Virus. Man nimmt also an, dass bestimmte Umweltfaktoren (u. a. mikrobielle Bioaerosole, anorganische Materialien u. ä.) ein Trigger für Inflammation bei genetisch prädisponierten Personen sind und es zu einer gesteigerten TH1-Helfer-Zell-Immunantwort kommt.

Die Haut ist mit 16 – 32 % [1] das von Sarkoidose am zweithäufigsten befallene Organ, was sich u. a. durch Papeln, Knötchen, Erythema nodosum und Lupus pernio zeigt. Ein Leberbefall (12 – 20 %) [1] kann sich durch abdominelle Schmerzen und erhöhte Leberwerte äußern. Eine Mitbeteiligung der Augen wird in 5 – 23 % [1] beobachtet. Seltener ist das Nervensystem mit beteiligt (3 – 9 %) [1]. Die neurologische Manifestation kann vielfältig sein und reicht von Fatigue, Kopfschmerzen und Schwindel bis zu Seh- und Hörverlusten, (Fazialis-)Paresen und Trigeminusneuralgie.

Eine Herzbeteiligung ist selten (2 – 5 %) [1],

aber klinisch bedeutend, da es zu Reizleitungsstörungen und Arrhythmien, Kardiomyopathien und Synkopen kommen kann. Eine kardiale Sarkoidose ist zudem die zweithäufigste mit dieser entzündlichen Erkrankung assoziierte Todesursache [16]. Zur kardialen Beteiligung veröffentlichten Skowasch et al. [15] einen praktikablen Diagnostik-Algorithmus. Hier sollten ein 12-Kanal- sowie ein Langzeit-EKG und eine transthorakale Echokardiografie (u. a. regionale Kinetikstörungen und Aneurysmata) erfolgen. Zeigt das EKG Auffälligkeiten wie einen Schenkelblock, abnormale Q-Wellen und einen AV-Block zweiten oder dritten Grades, besteht der Verdacht auf eine kardiale Beteiligung. Typischer MRT-Befund für eine kardiale Sarkoidose ist hier vor allem das sogenannte "Late enhancement", also ein verändertes Aussehen des Herzmuskels im MRT. Bei unauffälligem kardialem MRT beziehungsweise FDG-PET ist eine kardiale Sarkoidose unwahrscheinlich.

Bei der Diagnostik der Sarkoidose sind die detaillierte Anamnese und die klinische Untersuchung zentral. Als weitere wichtige Kontrollen gelten der Lungenfunktionstest (mit Messung der Diffusionskapazität), gegebenenfalls die Spiroergometrie, der Röntgenthorax, falls nötig das CT und das Oberbauchsonogramm. Auch die augenärztliche Untersuchung ist obligat. Bestätigt wird die Verdachtsdiagnose durch Gewebebiopsien. Die Bronchoskopie nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Gewebeproben lassen sich endoskopisch durch verschiedene Methoden gewinnen: mittels Schleimhautbiopsie, transbronchialer Zangenbiopsie oder Kryobiopsie zur Gewinnung von Lungenparenchym sowie endobronchialen Ultraschalls mit Feinnadelpunktion von mediastinalen Lymphknoten. In seltenen Fällen kann auch die chirurgische Lungenbiopsie nötig werden.

Eine diagnostische Mediastinoskopie ist bei den aktuellen endoskopischen Verfahren mittlerweile vergleichsweise selten, kann aber durchaus bedeutsam sein. Die bronchoalveoläre Lavage (BAL) ist eine minimalinvasive Methode. In der Differenzialzytologie sieht man häufig eine lymphozytäre Alveolitis mit erhöhtem CD4/CD8-T-Zell-Quotienten. So konnten Ziegenhagen et al. [17] zeigen, dass dieser Quotient beim Löfgren-Syndrom und einem progredienten Krankheitsgeschehen höher ist als bei stabilem Verlauf. Die BAL-Zelldifferenzierung ist jedoch nicht spezifisch für eine Sarkoidose.

Zur Beurteilung der Krankheitsaktivität existieren zwei Aktivitätsparameter: das Angiotensin converting enzyme (ACE) und der lösliche Interleukin-2-Rezeptor (sIL-2R). Diese Parameter sind jedoch unspezifisch, können bei vielen Patient:innen erhöht sein und dienen nicht der Diagnosestellung. Diese Faktoren haben in der Verlaufskontrolle beziehungsweise zur Aktivitätsbestimmung einen gewissen Stellenwert. Man sollte regelmäßig weitere Laborwerte kontrollieren, um mögliche Organbeteiligungen frühzeitig zu diagnostizieren. Kardiale Marker und Leberwerte spielen hier ebenso eine Rolle wie Elektrolyte und Retentionsparameter, um eine renale Beteiligung zu erkennen. Wichtig ist, eine Hyperkalzämie und -urie auszuschließen. Theoretisch kann es in allen Organen zu irreversiblen Schädigungen kommen.

Man unterscheidet auch den Schweregrad der Erkrankung und deren Aktivität. Die Schwere ist durch Symptome der jeweiligen Organdysfunktion gekennzeichnet. Diese können irreversibel oder persistierend – mit und ohne Aktivität – sein [18]. Der Schweregrad der pulmonalen Sarkoidose etwa reicht von zufällig entdeckten radiologischen Anomalien bei asymptomatischen Patient:innen bis zum therapieresistenten Endorganschaden. Prinzipiell hängt die Therapie der Sarkoidose vom betroffenen Organ, der Schwere und der Aktivität ab [18].

Diagnose allein reicht nicht zur Therapieeinleitung

Obligate Behandlungsindikationen sind vor allem Organmanifestationen wie die kardiale Sarkoidose, die Neurosarkoidose, die Hyperkalzämie und die Nephrokalzinose. Auch eine sarkoidosebedingte deutlich reduzierte Lebensqualität kann eine Therapie indizieren [1]. Systemische Kortikosteroide kommen in der Erstlinienbehandlung zur Anwendung. Die Dosierung beträgt 0,5 – 0,75 mg/kg Körpergewicht für vier Wochen, gefolgt von einer Reduktion in 10-mg-Schritten pro Monat. Toleriert die Patient:in eine Dosisreduktion wegen ihrer Beschwerden nicht, kann die Therapiedauer auch 6 – 12 Monate betragen.

Lässt sich die Kortikosteroiddosis dauerhaft nicht auf < 10 mg/d reduzieren oder treten inakzeptable Nebenwirkungen auf, sollte die behandelnde Ärzt:in Immunsuppressiva wie Methotrexat, Azathioprin, Leflunomid oder Mycophenolatmofetil einsetzen [19]. Bei Therapieansprechen sollte man das Kortikosteroid ausschleichen – zugunsten der Monotherapie mit einem Alternativpräparat.

Essentials: Wichtig für die Sprechstunde
  • Die Sarkoidose ist eine systemische, entzündliche Erkrankung unbekannter Ursache.
  • Häufig leiden die Patient:innen unter Husten und Luftnot.
  • Die Therapie hängt vom betroffenen Organ, der Schwere und der Aktivität ab.


Literatur:
1. Grunewald, J., et al., Sarcoidosis. Nat Rev Dis Primers, 2019. 5(1): p. 45.
2. Judson, M.A., A.D. Boan, and D.T. Lackland, The clinical course of sarcoidosis: presentation, diagnosis, and treatment in a large white and black cohort in the United States. Sarcoidosis Vasc Diffuse Lung Dis, 2012. 29(2): p. 119-27.
3. Baughman, R.P., et al., Sarcoidosis in America. Analysis Based on Health Care Use. Ann Am Thorac Soc, 2016. 13(8): p. 1244-52.
4. Cozier, Y.C., et al., Sarcoidosis in black women in the United States: data from the Black Women‘s Health Study. Chest, 2011. 139(1): p. 144-50.
5. Arkema, E.V., et al., Sarcoidosis incidence and prevalence: a nationwide register-based assessment in Sweden. Eur Respir J, 2016. 48(6): p. 1690-1699.
6. Morimoto, T., et al., Epidemiology of sarcoidosis in Japan. Eur Respir J, 2008. 31(2): p. 372-9.
7. Yoon, H.Y., et al., Prevalence and incidence of sarcoidosis in Korea: a nationwide population-based study. Respir Res, 2018. 19(1): p. 158.
8. Grunewald, J. and A. Eklund, Lofgren‘s syndrome: human leukocyte antigen strongly influences the disease course. Am J Respir Crit Care Med, 2009. 179(4): p. 307-12
9. Gribbin, J., et al., Incidence and mortality of idiopathic pulmonary fibrosis and sarcoidosis in the UK. Thorax, 2006. 61(11): p. 980-5.
10. Park, J.E., et al., Prevalence, incidence, and mortality of sarcoidosis in Korea, 2003-2015: A nationwide population-based study. Respir Med, 2018. 144S: p. S28-S34.
11. Rossides, M., et al., Sarcoidosis mortality in Sweden: a population-based cohort study. Eur Respir J, 2018. 51(2).
12. Newman, L.S., et al., A case control etiologic study of sarcoidosis: environmental and occupational risk factors. Am J Respir Crit Care Med, 2004. 170(12): p. 1324-30.
13. Esteves, T., G. Aparicio, and V. Garcia-Patos, Is there any association between Sarcoidosis and infectious agents?: a systematic review and meta-analysis. BMC Pulm Med, 2016. 16(1): p. 165.
14. Kirsten, D., [Pulmonary sarcoidosis: current diagnosis and treatment]. Dtsch Med Wochenschr, 2013. 138(11): p. 537-41.
15. Skowasch, D., et al., [Diagnostics and Treatment of Cardiac Sarcoidosis - Consensus Paper of the German Respiratory Society (DGP) and the German Cardiac Society (DGK)]. Pneumologie, 2019.
16. Kandolin, R., J. Lehtonen, and M. Kupari, Cardiac sarcoidosis and giant cell myocarditis as causes of atrioventricular block in young and middle-aged adults. Circ Arrhythm Electrophysiol, 2011. 4(3): p. 303-9.
17. Ziegenhagen, M.W., et al., Bronchoalveolar and serological parameters reflecting the severity of sarcoidosis. Eur Respir J, 2003. 21(3): p. 407-13.
18. Spagnolo, P., et al., Pulmonary sarcoidosis. Lancet Respir Med, 2018. 6(5): p. 389-402.
19. Baughman, R.P., U. Costabel, and R.M. du Bois, Treatment of sarcoidosis. Clin Chest Med, 2008. 29(3): p. 533-48, ix-x.


Autorin

Dr. med. Eva Lücke

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Medizinische Fakultät
Klinik für Pneumologie
39120 Magdeburg

Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert



Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (6) Seite 16-18