Die meisten Menschen in Deutschland würden es sich laut Umfragen wünschen, in der eigenen häuslichen Umgebung sterben zu können. Ambulante Palliativversorgung versucht diesen Wunsch möglichst häufig zu ermöglichen. Für die häusliche medizinische Betreuung sind zum einen Hausärzte und ggf. häusliche Pflegedienste, zum anderen bei hohem Versorgungsaufwand die spezielle ambulante Palliativversorgung (SAPV) zuständig.

Die Verbesserung der "End of life Care" im gesamten Gesundheitssystem und nicht nur in palliativen Spezialeinrichtungen ist auch in Deutschland ein wichtiges Ziel angesichts der Tatsache, dass nur ca. 2 – 3 % der deutschen Bevölkerung in speziellen hospizlichen bzw. palliativen Einrichtungen versterben. Die gute Versorgung der übrigen 97 – 98 % Sterbefälle, von denen leider bislang nur ein kleiner Teil zu Hause und der größere Teil in Institutionen des Gesundheitswesens wie Pflegeheimen und Krankenhäusern stirbt, ist daher ein besonders zu beachtendes Anliegen. Häufige Symptome in der Sterbephase sind Somnolenz, Rasselatmung, Unruhe, Schmerzen, Dyspnoe und Übelkeit/Erbrechen.

Schmerzen

Schmerzen werden auch in fortgeschrittenen Krankheitsphasen nach dem WHO-Stufenschema behandelt.Häufig wird aufgrund der Schmerzstärke insbesondere bei Tumorkranken ein Medikament der Stufe 3 erforderlich sein. Nach dem DNA-Schema der WHO sollten neben dem Analgetikaschema der WHO (A) eine orale Gabe (D = Durch den Mund) und eine an der Wirkdauer der Medikamente orientierte Dosisfrequenz (N = Nach der Uhr) eingehalten werden. So wirkt z. B. Metamizol nur vier bis sechs Stunden und muss daher mindestens viermal täglich dosiert werden.

Es kann in der Sterbephase sowohl ein geringerer als auch ein höherer Bedarf an Schmerzmedikamenten vorliegen. Denn durch Stoffwechselfaktoren wie z. B. eine Hyperkalzämie, Ausdehnung der Grunderkrankung (z. B. Tumor) und vermehrte psychische Anspannung kann es zu einer Schmerzverstärkung kommen. Die meist vorliegende Dehydratation führt dagegen zur vermehrten Endorphinausschüttung mit der Folge eines geringeren Schmerzmittelbedarfs. Die Verstoffwechselung und Elimination mancher Analgetika ist in der Sterbephase reduziert, was zu einer stärkeren Wirksamkeit und ebenfalls zu einem geringeren Analgetikabedarf führt. Deshalb ist eine Dosisanpassung unter engmaschiger Schmerzerfassung und -beobachtung zwingend erforderlich.

Atemnot

Durch zunehmende körperliche Schwäche und Ausdehnung der Grunderkrankung kommt es in der Sterbephase häufig zu einer Zunahme der Atemnot. Sauerstoff ist gegen Atemnot unwirksam und hat den Nachteil einer Austrocknung der Schleimhäute, die zu einem vermehrten Durstgefühl führt. Opioide sind dagegen hochgradig effektive Medikamente gegen Atemnot. Sie müssen gegenüber der Dosis, die zur Schmerztherapie erforderlich ist, um ca. 30 – 50 % gesteigert werden. Bei opioidnaiven Patienten ist allerdings bei Atemnot eine sehr vorsichtige Titration erforderlich.

Fallbeispiel
Frau M. leidet an einem stark fortgeschrittenen, weit metastasierten Lungenkarzinom, sie liegt auf der Palliativstation. Es ist gelungen, ihre Luftnot und ihre Schmerzen gut zu lindern. Ihre Lebenserwartung ist auf Tage bis Wochen begrenzt. Obwohl sie alleine lebt, möchte sie zu Hause versterben. Zusammen mit ihrem Sohn, unterstützt durch das Team der Palliativstation, wird ein Netz organisiert, das sie zu Hause versorgen wird. Das SAPV-Team übernimmt die palliative Versorgung, ist 24 h erreichbar und kommt mehrmals täglich zu der Patientin. Ehrenamtliche des ambulanten Hospizes stehen für Sitzwachen zur Verfügung. Nachbarn helfen mit Einkäufen und einfachen Hausarbeiten. Der Sohn ist so oft, wie er trotz seines stressigen Berufs kann, vor Ort und unterstützt seine Mutter mit allen Kräften. Gemeinsam gelingt es, dass Frau M. die letzten zwei Wochen ihres Lebens zu Hause verbringen kann und auch dort verstirbt. Ohne die speziellen Mittel der SAPV wäre das nicht gelungen.

Rasselatmung

In der Sterbephase geht die Fähigkeit abzuhusten oft verloren, mit der Folge, dass eine Rasselatmung auftritt oder sich verstärkt. Neben einer Flüssigkeitsrestriktion helfen Anticholinergika, z. B. Butylscopolamin. Absaugen ist sehr leidvoll und führt durch den Reiz zu einer Nachproduktion von Sekret, was es uneffektiv macht. Es sollte daher in palliativen Situationen vermieden werden. Stattdessen sollte man die Betroffenen zur Seite lagern, damit das Sekret herauslaufen kann.

Delir

Durch Multiorganversagen und Ausdehnung der Grunderkrankung treten Delirien in der Sterbephase gehäuft auf. Viele Delirien in der palliativen Versorgung sind hypoaktiv und werden daher kaum bemerkt. Sie sind aber für die Betroffenen und ihre Angehörigen dennoch sehr leidvoll. Generell sind Delirien auch in der Palliativversorgung gut behandelbar. Neben medikamentösen Maßnahmen wie z. B. Neuroleptika (Haloperidol) ist das Umgebungsmanagement wichtig, mit sicherer, reizarmer Umgebung und überschaubarer Zahl von Bezugspersonen.

Allgemeine Handlungsempfehlungen

Die palliativen Medikamente (vgl. Kasten 1) sollten regelmäßig nach der Uhr gegeben werden. Am besten eignet sich in der Sterbephase eine Subkutangabe. Ziel der Handlungsempfehlungen in der Sterbephase (vgl. Kasten 2) ist es, die palliative Behandlung gut vorzubereiten und vorausschauend die notwendigen Maßnahmen zu planen. Dabei sollte festgelegt werden, welche Symptome erwartet werden und mit welchen Medikamenten diese behandelt werden, einschließlich der Bedarfsmedikation. Unnötige Medikamente sollten abgesetzt werden.

Kasten 1: Typische Medikamente in der Sterbephase
Sämtliche Medikamente können auch subkutan als Dauerinfusion und/oder Bolusgaben verabreicht werden.
  • Opioide (z. B. Morphin, Hydromorphon) gegen Schmerz und Atemnot
  • Metamizol gegen Schmerz
  • Butylscopolamin gegen Rasselatmung
  • Haloperidol gegen Übelkeit und Delir
  • Midazolam gegen Unruhe, epileptische Anfälle

Die Anwender dieser Handlungsempfehlungen sollten in jedem Falle darauf achten, dass diese nur von palliativ kompetenten Menschen angewendet werden und dies zu keiner unzulässigen Formalisierung des einmaligen Sterbevorgangs führt. Stets sollte der Sterbende selbst bestimmen, welche Maßnahme für ihn angemessen ist und welche nicht. Die Handlungsempfehlungen dienen letztlich nur als Checkliste, damit Wichtiges nicht vergessen wird.

Kasten 2: Handlungsempfehlung für die Sterbephase

Einschätzung im interprofessionellen Team, ob Patient sterbend ist (alle drei Tage neu beurteilen, Ausschluss reversibler Ursachen, Frage nach dem Patientenwillen)


Abschnitt 1: Ersteinschätzung interprofessionell

1. Symptomerfassung: Schmerzen, Unruhe, Übelkeit, Erbrechen, Dyspnoe, Sterberasseln, Obstipation, Verwirrtheit, Bewusstseinslage, Schluckfähigkeit, Kontinenz

1.1 Kann sich der Patient ohne Einschränkung mitteilen?

1.2 Können sich die Angehörigen ohne Einschränkung mitteilen?

1.3 Weiß der Patient, dass er im Sterben liegt? Wurde ihm der Betreuungsplan erklärt?

1.4 Wissen die Angehörigen, dass der Patient im Sterben liegt? Wurde ihnen der Betreuungsplan erklärt? Wurde ihnen die Broschüre zur Betreuung am Lebensende ausgehändigt?

1.5 Liegen dem Betreuungsteam aktualisierte Kontaktinformationen der Angehörigen vor?

2. Sind die Angehörigen über die verfügbaren Besuchereinrichtungen aufgeklärt?

3.Wurde dem Patienten und den Angehörigen jeweils Gelegenheit gegeben, mitzuteilen, was zu diesem Zeitpunkt wichtig ist (Wünsche, Gefühle, Glaube, Wertvorstellungen)?

4. Sind dem Patienten für typische Symptome (Schmerzen, Unruhe, Bronchialsekretionen, Übelkeit/Erbrechen, Dyspnoe, andere …) Bedarfsmedikamente verordnet worden? Steht das Material für eine subkutane Infusion bereit?

5. Wurde der Bedarf des Patienten an aktuellen Interventionen (Blutabnahmen, i. v. Antibiotika, Blutzuckerkontrollen, routinemäßige Erfassung der Vitalwerte, Sauerstofftherapie …) durch das interprofessionelle Team geprüft? Hat der Patient den Verzicht auf kardiopulmonale Reanimation erklärt? Wurde ggf. ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) deaktiviert?

6. Wurde der Bedarf an künstlicher Ernährung durch das interdisziplinäre Team geprüft?

7. Wurde der Bedarf an Flüssigkeitsgaben durch das interdisziplinäre Team geprüft?

8. Wurde der Hautzustand des Patienten (Schwitzen, Juckreiz, Ikterus, Trockenheit, Dekubitus, Wunden etc.) geprüft?

9. Wurde das Primärversorgungsteam (Hausarzt, Pflegedienst) informiert, dass der Patient im Sterben liegt?


Abschnitt 2: Verlaufseinschätzungen (Schmerz, Unruhe, Trachealsekret, Übelkeit, Erbrechen, Dyspnoe, Miktion, Stuhlgang, andere Symptome, Medikation, Hydratation, Mundpflege, Haut, Körperpflege, Umgebung, Psyche, Angehörige)


Abschnitt 3: Betreuung nach dem Tod:

10. Wurden die letzten Pflegeverrichtungen gemäß Richtlinien und Vorschriften ausgeführt?

11. Wurden die Angehörigen über weitere Schritte informiert?

12. Wurde das Primärversorgungsteam (Hausarzt, Pflegedienst) über den Tod informiert? Wurde der Tod des Patienten den jeweils zuständigen Einrichtungen/Behörden (Standesamt, Patientenaufnahme, Bestattungsinstitut etc.) mitgeteilt?

modifiziert nach der deutschsprachigen Version des Palliativzentrums St. Gallen: Download unter http://www.kssg.ch/sites/default/files/2016-06/Handlungsempfehlung%20Sterbephase_deutschsprachige%20Version.pdf

Die allgemeine ambulante Palliativversorgung war lange Zeit in den meisten Regionen nicht speziell organisatorisch und finanziell geregelt. Dies ist nur zu verständlich, ging man doch davon aus, dass die Versorgung fortgeschritten Erkrankter in ihrem häuslichen Umfeld eine Aufgabe der Hausärzte und Pflegedienste ist und nur in besonders komplexen Situationen die spezielle ambulante Palliativversorgung hinzutritt. 2013 wurde dann in neuen EBM-Gebührenziffern versucht, den besonderen Versorgungsbedarf der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung entsprechend zu vergüten. Diese Regelungen des EBM sind in Kasten 3 wiedergegeben.

Allgemeine und spezielle Palliativversorgung (AAPV/SAPV)

Streng der eingangs geschilderten Logik folgend, dass die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) eine Leistung ist, die ohnehin schon von Hausärzten erbracht wird, wurden zunächst keinerlei palliative Qualifikationsvoraussetzungen für die Abrechnung festgeschrieben. Dies erscheint problematisch, da auch palliativmedizinisch überhaupt nicht ausgebildete Hausärzte die gleiche Gebührenziffer abrechnen konnten wie Hausärzte, die einen Basiskurs in Palliativmedizin besucht oder sogar die Zusatzbezeichnung Palliativmedizin erworben haben. Seit 2017 ist daher der Basiskurs Palliativmedizin Voraussetzung für die Abrechnung. Wichtig ist es, dass die spezielle palliative Haltung gelehrt und gelebt wird.

Kasten 3: Palliativversorgung im EBM

1. Die Gebührenordnungspositionen 03370 bis 03373 sind für die Behandlung von schwerstkranken und sterbenden Patienten in jedem Alter berechnungsfähig, die an einer nicht heilbaren, fortschreitenden und so weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden, dass dadurch nach fachlicher Einschätzung des behandelnden Arztes die Lebenserwartung auf Tage, Wochen oder Monate gesunken ist. Eine Erkrankung ist nicht heilbar, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der Medizin Behandlungsmaßnahmen nicht zur Beseitigung dieser Erkrankung führen können. Sie ist fortschreitend, wenn ihrem Verlauf trotz medizinischer Maßnahmen nach dem allgemein anerkannten Stand der Medizin nicht nachhaltig entgegengewirkt werden kann. Der behandelnde Arzt ist verpflichtet, in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob eine angemessene ambulante Versorgung in der Häuslichkeit (darunter fallen auch Pflege- und Hospizeinrichtungen) möglich ist.

2. Der grundsätzliche Anspruch eines Patienten auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) im Sinne des § 37b SGB V wird durch das Erbringen der nachfolgenden Gebührenordnungspositionen nicht berührt.

3. Die Gebührenordnungspositionen 03371, 03372 und 03373 sind nicht bei Patienten berechnungsfähig, die eine Vollversorgung nach § 5 Abs. 2 der Richtlinie zur Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (SAPV) des Gemeinsamen Bundesausschusses erhalten.

4. Die Gebührenordnungspositionen 03370 bis 03373 sind nicht berechnungsfähig, wenn der behandelnde Vertragsarzt äquivalente Leistungen bei dem Patienten im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung gemäß § 37b SGB V i. V. m. § 132d Abs. 1 SGB V erbringt.

In der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung wurde die medizinische und pflegerische Leistung abgebildet. Die Leistungen der psychosozialen und spirituellen Versorgung sind nicht speziell abgebildet. Hier besteht die Gefahr, dass die ganzheitliche Palliativversorgung reduziert wird auf Palliativmedizin und Palliativpflege. Dies entspricht nicht der WHO-Definition der Palliativversorgung. Der engmaschige Einbezug ambulanter hospizlicher Strukturen ist daher besonders wichtig und kann helfen, diese einseitige Reduktion zu vermeiden.

Schon seit 2007 haben Krankenversicherte mit Einführung zweier neuer Paragraphen (§ 37b und § 132d) im V. Sozialgesetzbuch einen gesetzlichen Anspruch auf eine spezielle Palliativversorgung (SAPV), wenn die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) nicht ausreicht. Die SAPV umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen. Sie wird in der Regel von Ärzten mit der Zusatzbezeichnung Palliativmedizin und entsprechender palliativmedizinischer Erfahrung sowie von Pflegenden mit Zusatzausbildung Palliativpflege (160 Stunden Kursausbildung) und entsprechender palliativer Berufserfahrung erbracht. Sie soll den Betroffenen ermöglichen, zu Hause zu versterben.

Kriterien, ob Betroffene der speziellen ambulanten Palliativversorgung bedürfen, sind:

  • Vorliegen einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung.
  • Besonders aufwändiger, komplexer Versorgungsbedarf, z. B. eine
  • ausgeprägte Schmerzsymptomatik
  • ausgeprägte neurologische/psychiatrische/psychische Symptomatik
  • ausgeprägte respiratorische/kardiale Symptomatik
  • ausgeprägte gastrointestinale Symptomatik
  • ausgeprägte ulzerierende/exulzerierende Wunde oder Tumor
  • ausgeprägte urogenitale Symptomatik.
  • Für die Versorgung reichen andere Versorgungsstrukturen nicht aus.

Kasten 4: Die Paragraphen des SGB V zur speziellen ambulanten Palliativversorgung (SAPV) im Detail


§ 37b Spezialisierte ambulante Palliativversorgung

(1) Versicherte mit einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwändige Versorgung benötigen, haben Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung. Die Leistung ist von einem Vertragsarzt oder Krankenhausarzt zu verordnen. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung umfasst ärztliche und pflegerische Leistungen einschließlich ihrer Koordination insbesondere zur Schmerztherapie und Symptomkontrolle und zielt darauf ab, die Betreuung der Versicherten nach Satz 1 in der vertrauten Umgebung des häuslichen oder familiären Bereichs zu ermöglichen; hierzu zählen beispielsweise Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und der Kinder- und Jugendhilfe. Versicherte in stationären Hospizen haben einen Anspruch auf die Teilleistung der erforderlichen ärztlichen Versorgung im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung. Dies gilt nur, wenn und soweit nicht andere Leistungsträger zur Leistung verpflichtet sind. Dabei sind die besonderen Belange von Kindern zu berücksichtigen.

(2) Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 72 Abs. 1 des Elften Buches haben in entsprechender Anwendung des Absatzes 1 einen Anspruch auf spezialisierte Palliativversorgung. Die Verträge nach § 132d Abs. 1 regeln, ob die Leistung nach Absatz 1 durch Vertragspartner der Krankenkassen in der Pflegeeinrichtung oder durch Personal der Pflegeeinrichtung erbracht wird; § 132d Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 das Nähere über die Leistungen, insbesondere

1. die Anforderungen an die Erkrankungen nach Absatz 1 Satz 1 sowie an den besonderen Versorgungsbedarf der Versicherten,
2. Inhalt und Umfang der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung einschließlich von deren Verhältnis zur ambulanten Versorgung und der Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den bestehenden ambulanten Hospizdiensten und stationären Hospizen (integrativer Ansatz); die gewachsenen Versorgungsstrukturen sind zu berücksichtigen,
3. Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Leistungserbringer.


§ 132d Spezialisierte ambulante Palliativversorgung

(1) Über die spezialisierte ambulante Palliativversorgung einschließlich der Vergütung und deren Abrechnung schließen die Krankenkassen unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 37b Verträge mit geeigneten Einrichtungen oder Personen, soweit dies für eine bedarfsgerechte Versorgung notwendig ist. In den Verträgen ist ergänzend zu regeln, in welcher Weise die Leistungserbringer auch beratend tätig werden.

(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt gemeinsam und einheitlich unter Beteiligung der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Spitzenorganisationen der Hospizarbeit und der Palliativversorgung sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Empfehlungen

1. die sächlichen und personellen Anforderungen an die Leistungserbringung,
2. Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung,
3. Maßstäbe für eine bedarfsgerechte Versorgung mit spezialisierter ambulanter Palliativversorgung

fest.

Flickenteppich SAPV

SAPV ist demnach in keiner Weise an eine bestimmte Erkrankungsgruppe (z. B. Tumorerkrankung) gebunden. Alleine die aufwändige, komplexe Versorgungssituation, die von anderen Strukturen nicht geleistet werden kann, entscheidet über die Aufnahme in die besonders vergütete SAPV. Die genauere Ausgestaltung der konkreten Bedingungen und der Finanzierungen der SAPV wurde in dieser gesetzlichen Regelung in die Hand von regionalen Verhandlungen zwischen den Kostenträgern und den Leistungserbringern gegeben. Dies führte in Deutschland zu dem sogenannten "Flickenteppich SAPV". Grundprinzip ist, dass nicht einzelne Berufsgruppen, sondern gesamte multiprofessionelle Versorgungsteams gemeinsam die Leistung erbringen und abrechnen. Träger dieser Versorgungsteams können eigens gegründete Gesellschaften (GmbH), Krankenhäuser, Pflegeheime, Großpraxen, Hospize, Pflegedienste etc. sein. Es sind die unterschiedlichsten Modelle vertreten. Ebenso unterschiedlich ist die Finanzierung. Manche Teams haben in beeindruckender Weise zeigen können, in wie vielen Fällen ein häusliches Versterben möglich ist. Während die ärztliche und pflegerische Kompetenz in den SAPV-Regelungen gut vertreten ist, so wurde die psychosoziale und spirituelle Begleitung nicht in gleichem Maße berücksichtigt. Damit sind wesentliche Teile des ganzheitlichen Versorgungsansatzes nicht in ausgewogenem Verhältnis präsent. Besonders wichtig ist daher der Einbezug von hospizlichen Begleitungsangeboten, da sonst die Gefahr besteht, in rein professioneller Perspektive den ganzheitlichen Ansatz der Versorgung zu verlieren. Die Verordnung der palliativen Versorgung kann sowohl durch einen niedergelassenen Arzt als auch durch einen Krankenhausarzt erfolgen. Es wird dazu das Muster 63: "Verordnung spezieller ambulanter Palliativversorgung (SAPV)" verwendet.

Fazit
In der ambulanten Palliativversorgung wird unterschieden zwischen:
  • der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV), die in der Regel von (palliativmedizinisch ausgebildeten) Hausärzten und Pflegediensten erbracht wird, und
  • der speziellen ambulanten Palliativversorgung, die bei komplexem Versorgungsbedarf von Teams aus Ärzten mit der Zusatzbezeichnung Palliativmedizin und speziell palliativ ausgebildeten Pflegekräften erbracht wird.

Der Einbezug ambulanter Hospize ist besonders wichtig, um die Gefahr einer einseitig medizinisch-pflegerischen Palliativversorgung zu reduzieren und die ganzheitliche Sichtweise der Palliativversorgung zu fördern, wie sie in der WHO-Definition festgelegt wurde.

Das Sterben ist eine einmalige, höchstgradig individuelle Situation.
  • Man wird ihr durch vorgefertigte Schablonen letztlich nicht gerecht.
  • Wichtig ist es jedoch, sich mögliche Symptome, Ressourcen und Reaktionen der Betroffenen zu verdeutlichen, um auf sie besser einzugehen.
  • Handlungsempfehlungen können nach Art einer Checkliste verwendet werden und so helfen, in der einmaligen, vom Patienten vorgegebenen Sterbesituation nichts Wesentliches zu vergessen.


Literatur
Gerhard C: Palliativdienst, Hogrefe Bern 2017
Gerhard C: Praxiswissen Palliativmedizin, Thieme Stuttgart 2015



Autor:

Dr. med. Christoph Gerhard

Abt. Palliativmedizin
Katholisches Krankenhaus Oberhausen
46045 Oberhausen

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert


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Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (20) Seite 14-19