Ein Asthma bronchiale ist im Anfall meist durch giemende und pfeifende Atemgeräusche charakterisiert. Diese sind so typisch, dass sie oft mit der Diagnose gleichgesetzt werden. Giemen tritt jedoch nicht ausschließlich beim Asthma bronchiale auf, sondern bei einer Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen. Bei der Differenzialdiagnostik helfen oft die Lokalisation der Atemgeräusche sowie die Unterscheidung zwischen in- und exspiratorischen Auskultationsphänomenen.

Giemen ist ein Auskultationsphänomen, für das u. a. relevante Verengungen der peripheren Bronchien mit Vibrieren der Bronchialwände und schwingende Schleimfäden im Bronchialsystem angeschuldigt werden. Beim Asthma bronchiale sind im Anfall variable, überwiegend exspiratorische giemende und brummende Geräusche ubiquitär über beiden Lungen auskultierbar.

Immer Plausibilität überprüfen!

Um die im Folgenden aufgeführten Diagnosen zuverlässig voneinander abgrenzen zu können, gilt es in erster Linie die Plausibilität des Krankheitsbildes zu bewerten, wozu ärztliche Erfahrung notwendig ist, und korrekt zu auskultieren.

So ist ein inspiratorischer Stridor meist Folge einer zentralen trachealen oder laryngealen Stenosierung, ein reproduziert nachweisbares lokalisiertes Giemen meist Folge einer lokalisierten Stenose im zentralen Bronchialsystem.

Aus didaktischen Gründen ist es sinnvoll, ein Asthmasyndrom mit typischer Bronchialobstruktion (auch innerhalb von anderen Erkrankungen wie der allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) oder dem Churg-Strauss-Syndrom) von asthmaunabhängigen Erkrankungen einerseits und diffusen und lokalisierten Ursachen andererseits abzugrenzen (vgl. Abb. 1).

Asthma oder COPD?

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Asthma bronchiale und chronisch-obstruktiver Bronchitis (COPD). Bei der COPD handelt es sich um eine meist progressiv verlaufende Erkrankung, die durch eine nicht vollständig reversible Atemwegs­obstruktion gekennzeichnet ist. Ihr zugrunde liegt eine abnorme entzündliche Reaktion der Atemwege, hervorgerufen durch inhalative Noxen, meist Zigarettenrauch. Die Variabilität des Krankheitsbildes und damit auch der Auskultationsphänomene ist deutlich geringer ausgeprägt als beim Asthma. Es gibt jedoch Mischformen. Die differenzialdiagnostischen Kriterien sind in Tabelle 1 dargestellt.

Eine weitere klinisch relevante Differenzialdiagnose ist die Linksherzinssuffizienz. Auch wenn der Terminus „Asthma cardiale“ (Dyspnoe, Orthopnoe) sinnvollerweise nahezu vollständig verlassen wurde, kann eine Linksherzinsuffizienz passager auch giemende Atemgeräusche verursachen. Die Ursache ist vor allem ein Ödem der Bronchialschleimhaut.

Bei weiterer Zunahme der kardialen Insuffizienz kommt es zum Lungenödem. Eine Linksherzinsuffizienz kann ursächlich für eine mäßiggradige bronchiale Hyperreaktivität sein. Bei der häufigen Komorbidität zwischen koronarer Herzerkrankung und obstruktiven Atemwegserkrankungen kann die klinische Differenzialdiagnose schwierig sein.

Erkrankungen mit Asthmasymptomatik

Ein Asthmasyndrom innerhalb anderer Krankheiten tritt bei der allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA), dem Churg-Strauss-Syndrom (CSS) und der tropischen pulmonalen Eosinophilie auf. Die ABPA, eine Folge einer Typ-I- (IgE-vermittelt) und Typ-III-(IgG-vermittelt)Allergie gegen Aspergillus fumigatus, ist gekennzeichnet durch ein meist schweres Asthma bronchiale, zentrale Bronchiektasen, Eosinophilie und eine meist extreme IgE-Erhöhung. Die Häufigkeit beträgt ca. 1 - 2 % bei Patienten mit Asthma und ca. 1 - 15 % bei Mukoviszidose. Die Diagnose stützt sich neben dem klinischen Bild auf den Nachweis der Sensibilisierung gegen rekombinante Antigene von A. fumigatus.

Das CSS betrifft meist Patienten in der 4. - 5. Lebensdekade und beschreibt eine Trias aus Asthma bronchiale, Eosinophilie und systemischer Vaskulitis, wobei das Asthma der Manifestation der Vaskulitis um Jahre vorausgehen kann.

Die tropische pulmonale Eosinophilie (Synonym: Weingartner-Syndrom, tropisches eosinophiles Asthma) ist Folge einer Infektion durch Filarien (Wuchereria bancrofti oder Brugia malayi), die durch Moskitostiche übertragen werden und eine Immunreaktion induzieren. Die Folge sind ein meist therapierefraktäres, asthmaähnliches Syndrom mit Fieber und Gewichtsverlust, eine Eosinophilie und IgE-Erhöhung und im weiteren Verlauf die Entstehung einer Lungenfibrose. Endemiegebiete sind Südostasien und Afrika südlich der Sahara. Die Diagnose erfolgt durch den Nachweis von Anti-Filarien-Antikörpern bei kompatiblem Krankheitsbild.

Ein schweres tracheobronchiales Kollapssyndrom kann mit Distanzgiemen einhergehen und mit einem Asthma bronchiale verwechselt werden. Bei extremer Adipositas kann es auch bei Patienten mit einer gesunden Lunge zu einer Bronchialobstruktion kommen und ein diskretes Giemen kann auskultierbar sein.

Die Mukoviszidose (zystische Fibrose), die sich vereinzelt erst im Erwachsenenalter manifestieren kann, ist oft von einer Bronchialobstruktion mit giemenden Atemgeräuschen begleitet. Bei Bronchiektasen anderer Genese überwiegen auskultatorisch feuchte Rasselgeräusche, eine begleitende Bronchialobstruktion kann vereinzelt zu giemenden Atemgeräuschen führen.

Giemen durch lokale Stenosen

Weiterhin können lokalisierte Stenosierungen im Tracheobronchialsystem, maligne oder benigne Tumoren (Abb. 2), narbige Stenosen, granulomatöse Entzündungen (z. B. Wegener´sche Granulomatose), eine Kompression von außen (z. B. Struma, Mediastinaltumor) oder aspirierte Fremdkörper zu typischem Giemen oder stridoröser Atmung führen und mit einem Asthma bronchiale verwechselt werden (Abb. 3).

Inspiratorischer Stridor

Bei Stenosen der proximalen Trachea oder des Larynx überwiegt ein inspiratorischer Stridor und bei weiter peripher gelegenen Stenosen exspiratorisches Giemen. Häufige Ursachen von Larynxstenosen sind Glottisödeme (Abb. 4) oder -tumoren. Eine anfallsartige funktionelle Stenose auf Glottisniveau kann durch eine Vocal Cord Dysfunction (VCD), d. h. eine paroxysmale Engstellung auf Stimmbandniveau, die gelegentlich auch als laryngeales Pseudoasthma, hysterischer Croup oder psychogener Stridor bezeichnet wird, verursacht werden. Die Differenzialdiagnose kann schwierig sein und Fehlinterpretationen als Asthma bronchiale sind häufig. Die Erkrankung betrifft häufiger junge Frauen. Mischbilder mit einem Asthma bronchiale können vorkommen.

Giemen bei Kleinkindern

Eine giemende („wheezy“) Bronchitis bei Kleinkindern ist vorwiegend durch die anatomische Enge der kindlichen Atemwege bedingt und erlaubt keine Vorhersage hinsichtlich der Entwicklung eines späteren Asthma bronchiale. Ein vital bedrohliches Krankheitsbild bei Kleinkindern ist die Epiglottitis, die mit ausgeprägter Dyspnoe und stridoröser Atmung einhergeht. Aufgrund der Begleitsymptome wie Fieber und Schmerzen dürfte eine Fehlinterpretation als Asthmaanfall kaum vorkommen. Auf die besondere Gefährdung von Säuglingen und Kleinkindern durch aspirierte Fremdkörper sei explizit hingewiesen.


Interessenkonflikte:
keine deklariert

Prof. Dr. med. Jens Schreiber


Kontakt:
Prof. Dr. med. Jens Schreiber
Abteilung für Pneumologie
Universtität Magdeburg
39120 Magdeburg

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2010; 32 (17) Seite 32-34