Bezahlen Patienten kostenpflichtige Zusatzbehandlungen nicht, sind Ärzte in der Bredouille: Patientenbeziehung versus Realisierung des offenen Postens – was wiegt da schwerer? Wie spricht man das heikle Thema Geld richtig an? Welche Rolle spielen Datenschutz und Schweigepflicht, wenn das Forderungsmanagement an einen Inkassodienstleister ausgelagert wird? Datenschutzspezialist Prof. Dr. Ralf Abel und Inkassoexperte Alfons Winhart erklären, wie sich Ärzte in Sachen Datenschutz und Inkasso richtig und vor allem rechtssicher aufstellen.

Arztpraxen, die sich selbst um Rechnungsstellung und Mahnwesen kümmern und auch offene Forderungen aus kostenpflichtigen Zusatzbehandlungen nicht an eine privatwirtschaftliche medizinische Abrechnungsstelle geben, profitieren von einer rechtlich einwandfreien Übergabemöglichkeit ins Inkasso. War der hohe datenschutzrechtliche Anspruch in Bezug auf Patientendaten bisher eine Hemmschwelle, so erleichtert eine stichhaltige datenschutzrechtliche Absicherung die Übergabe. Das wichtigste Instrument im Datenschutz und für die Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht ist eine nach den Vorgaben der Rechtsprechung formulierte Klausel in einer "doppelten" Schweigepflicht-Entbindungserklärung wie auf der folgenden Seite.

Datenschutzexperte und Rechtsanwalt Prof. Dr. Abel empfiehlt, diese Klauseln genauso zu übernehmen, sie in der Patientenerklärung deutlich hervorzuheben und sie sich im Rahmen des Kostenaufklärungsgespräches separat unterschreiben zu lassen. Damit sind die Themen Datenschutz und Umgang mit Zahlungsstörungen rechtssicher unter Dach und Fach, bevor die Behandlung beginnt. Auch der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen klassischem Inkasso und Forderungskauf, echtem und unechtem Factoring ist über die Passage Rechnung getragen: Sowohl die "Abtretung zwecks Einzug" (Inkasso) als auch die "Abtretung zwecks Kauf" (Forderungskauf/Factoring) sind abgedeckt. Der Arzt ist damit frei in seiner Entscheidung, wie er das Thema Forderungsmanagement behandeln möchte.

Datenschutz

Damit eine Datenübermittlung erlaubt ist, muss eine schriftliche Erklärung des Patienten vorliegen, dass seine Personaldaten (also ausdrücklich keine Gesundheitsdaten) für den Fall einer Zahlungsstörung an einen bestimmten Inkassodienstleister weitergegeben werden dürfen. Eine solche Freistellung wird ein Patient aber nicht mehr unterzeichnen, nachdem er schon in Zahlungsverzug ist. Wenn das eigene Mahnwesen in der Praxis schon läuft, fällt die Option der Fallübergabe ins Inkasso also schon rein rechtlich aus. Schon deswegen muss eine entsprechende Erklärung zu Behandlungsbeginn, sozusagen als Präventionsmaßnahme, unterzeichnet werden. Alles weiterlaufen zu lassen wie bisher, ist die denkbar schlechteste Idee und zudem das falsche Signal in den Markt.

Einwilligung in die Datenweitergabe (Datenschutzrechtliche Einwilligung)

Für den Fall, dass ich die Rechnung nicht, nicht pünktlich oder nicht vollständig begleiche, wird der Arzt die Forderung zum Einzug und gegebenenfalls zur gerichtlichen Geltendmachung an [Name des Inkassounternehmens und gegebenenfalls der von diesem beauftragten Rechtsanwälte] übergeben und ggf. abtreten

a. Einwilligung zur Übergabe und Abtretung

Ich erkläre mich damit einverstanden, dass der [umseitig genannte Arzt] zum Zweck der Einziehung und der ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung alle hierzu notwendigen Unterlagen, insbesondere meinen Namen, Anschrift, Geburtsdatum, Leistungsziffern, Rechnungsbetrag, ggf. Behandlungsdokumentation, Laborrechnungen, Formulare etc., jedoch keine Gesundheitsdaten, an [Name des Inkassounternehmens] weitergibt

Abtretung zwecks Einzug

Insoweit entbinde ich den Arzt ausdrücklich von seiner ärztlichen Schweigepflicht und stimme ausdrücklich zu, dass der Arzt die sich aus der Behandlung ergebende Forderung an [Name des Inkassounternehmens] zur Forderungsbeitreibung und zur möglicherweise klageweisen Geltendmachung abtritt.

Abtretung zwecks Kauf

Ich bin mir bewusst, dass nach der Abtretung der Honorarforderung die [Name des Inkassounternehmens] mir gegenüber als Forderungsinhaberin auftritt und deshalb Einwände gegen die Forderung – auch soweit sie sich aus der Behandlung und der Krankengeschichte ergeben – im Streitfall gegenüber der [Name des Inkassounternehmens] zu erheben und geltend zu machen sind und der mich behandelnde Arzt als Zeuge vernommen werden kann.

b.Einwilligung in die Datenweitergabe

Ich bin weiterhin damit einverstanden, dass meine persönlichen Daten und meine Behandlungsdaten von dem Arzt – ggf. elektronisch – erhoben, gespeichert, verarbeitet und genutzt werden. Ich bin ferner damit einverstanden, dass meine oben genannten Daten im Falle der Abtretung und/oder zum Zweck der Einziehung und, falls notwendig, zum Zweck der gerichtlichen Durchsetzung der Forderung an die [Name des Inkassounternehmens] übermittelt und von dieser verarbeitet und genutzt werden.


Rechtssicherheit

Patientendaten gelten nach dem Bundesdatenschutzgesetz §3 Abs. 9 und nach § 203 Strafgesetzbuch als besonders sensibles Gut, sie dürfen nicht ohne Weiteres an Dritte weitergegeben werden. Das ausschlaggebende Grundsatzurteil des Bundessozialgerichtes Kassel von 2008 sieht eine Beschränkung des zu übermittelnden Datensatzes auf das für den Verwendungszweck "absolute Minimum" vor. Dritte (wie Inkassodienstleister) sollen so keine Rückschlüsse auf Behandlung und Beschwerden des Patienten ziehen können. Auch der hippokratische Eid unterstreicht die Schweigepflicht. Für Ärzte also kein leichtes Terrain, zumal auch noch das Damoklesschwert der vermeintlich exponierten Patientenbeziehung über dem Inkasso schwebt.

Mediation statt eiserne Hand

Professionelles Forderungsmanagement und Inkasso sind dabei deutlich besser als ihr Ruf, denn die Zeiten der eisernen Hand in der Arbeit an zahlungsgestörten Forderungsangelegenheiten sind längst vorbei. Zeitgemäße Methoden setzen auf die Integration aller Parteien; der Inkassodienstleister fungiert als Mediator. Der Erhalt der Patientenbeziehung und die Realisierung der offenen Forderung stellen ebenbürtige Ziele dar – Stichwort "Mediativinkasso".

Dreh- und Angelpunkt des Konzeptes vom Inkassodienstleister als Moderator ist dabei das persönliche, telefonische Gespräch mit dem schuldnerischen Patienten. Kommunikativ speziell geschultes Personal setzt sich für eine Zahlungslösung ein, bei der sich beide Parteien noch in die Augen schauen können. Neben der Vollzahlung als Königsweg in der Realisierungsarbeit geht es im Mediativinkasso auch regelmäßig darum, sinnvolle Ratenzahlungspläne und in Einzelfällen auch Teilzahlungsvereinbarungen zu schließen. Das richtige Gespür für die Lebenssituation des Patienten trägt dazu bei, die Lösung zu finden, die für alle involvierten Parteien die bestmögliche ist. Die sensible Arzt-Patienten-Beziehung wird zu keinem Zeitpunkt exponiert, sodass die Behandlung nahtlos fortgesetzt werden kann.

Die Arzt-Patienten-Beziehung erhalten

Der mediative Weg hat in der Vergangenheit schon viele gute Erfolge gezeigt. Mit der Sicherheit im Datenschutz ist der Weg für ein zielgerichtetes, professionelles Forderungsmanagement im ärztlichen und therapeutisch-medizinischen Feld frei. Inkassoexperte Alfons Winhart rät hier jedoch bei allem Enthusiasmus zur Vorsicht. Es liegt allein beim Auftraggeber zu beurteilen, bei welchem Dienstleister im Forderungsmanagement gewährleistet ist, dass Arbeitsweise und Stil der Reputation des Arztes oder Therapeuten entsprechen. Denn letztlich geht es darum, im kommunikativen Minenfeld "Patientengespräch" so zu operieren, dass die Beziehung zwischen Arzt und Patient erhalten bleibt. Erfahrung und das richtige Personal im Telefoninkasso sind dafür wichtig. Kurz: Es braucht einen Profi für Mediativinkasso und nicht bloß eine Abrechnungsstelle, um die Aufgabe zu schultern.

Inkasso: Die Gebührenordnung
Die Höhe der Gebühren im Inkasso richtet sich seit Erlass des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (2. KostRMoG) im Juli 2013 nach dem Streitwert, sprich der Höhe der Forderung. Das sind nach der aktuellen Gebührenordnung für Forderungen unter 500 Euro rund 58,50 Euro. Der krumme Betrag ergibt sich aus der Geschäftsgebührenordnung, in der die Sätze für verschiedene Rechtsdienstleistungen festgeschrieben sind. Und für Forderungen bis 500 Euro sieht der Gesetzgeber eine 1,3-fache Gebühr für das außergerichtliche Mahnverfahren vor: bei 45 Euro also 58,50 Euro (45 Euro x 1,3).

Ablauf und Informationsrücklauf

Der eingespielte Ablauf im Inkasso muss nicht speziell für die Arbeit an Zahlungsstörungen aus ärztlichen Behandlungen angeglichen werden. Denn Inkasso kümmert sich grundsätzlich um die Realisierung einer Forderung und nicht um den Grund der Zahlungsstörung. Diese spezielle Nuance kommt im Mediativinkasso jedoch hinzu.

Das drei- bzw. vierstufige System sieht eine erste und zweite schriftliche Inkassomahnung, das telefonische Mediationsgespräch sowie (optional) eine Rechtsanwaltsmahnung vor. Dem vorgeschaltet rät Inkassoexperte Alfons Winhart zu einer eigenen Zahlungserinnerung, die die Praxis selbst verschickt. In diesem
Schreiben kündigt der Arzt idealerweise aber bereits an, die Angelegenheit nach Verstreichen einer bestimmten Zahlungsfrist (üblicherweise 14 Tage) an einen bestimmten Inkassodienstleister zu übergeben – eine Strategie, die voll auf den Erhalt der Beziehung zwischen Patient und Arzt, also den mediativen Ansatz in der Realisierung der offenen Posten, einzahlt. Winhart empfiehlt, das Inkassobüro auch namentlich zu nennen. Dadurch wird der Schuldnerseite verdeutlicht, dass es tatsächlich einen Plan B für ein außerbetriebliches Mahnwesen im Inkasso gibt und sich über eine fristgerechte Zahlung zusätzliche Gebühren vermeiden lassen. Über diese erste eigene Mahnung wird der Übergang ins Inkasso eingeleitet und zudem der mediative Weg bereits aus der Arztpraxis heraus beschritten.

Bearbeitungsfortschritte im Inkasso sind immer live einsehbar. Inkassodienstleister führen im Mandantenportal eine Online-Aktenhistorie, auf die jeder Mandant Zugriff hat. Damit lässt sich immer nachvollziehen, wie der aktuelle Sachstand in einem Fall ist. Außerdem haben Inkassomandanten immer Eingreifmöglichkeiten und können Veränderungen mitteilen. Das ist beispielsweise dann notwendig, wenn Patienten ihre Rechnung doch direkt an die Praxis bezahlen, die Angelegenheit aber schon im Inkasso ist. Gerade der mediative Ansatz lebt vom beidseitigen Informationsaustausch.

Kosten & Gebühren

Die Gebühren im Inkasso sind gesetzlich geregelt und an das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) gekoppelt. Diese gesetzliche Regelung verhindert jeglichen Wildwuchs und schützt vor allem die Patienten vor zusätzlichen und möglicherweise unkalkulierbaren Kosten.

Verzugsschaden

Diese Gebühren stellen im Inkasso einen sogenannten Verzugsschaden dar und sind damit von der Schuldnerseite zu tragen. Das macht die Inkassoabrechnung theoretisch sehr kompliziert: Die Dienstleistungsgebühren sind eigentlich vom Mandanten (der Arztpraxis) zu tragen, da diese den Auftrag zur Realisierung ja erteilt, und könnten anschließend, nach erfolgreicher Realisierung, als zweite Forderung wiederum vom Schuldner (dem Patienten) verlangt werden. Um diesen Abrechnungslauf zu straffen, gehen die Inkassogebühren direkt zulasten der Schuldnerseite und sind damit einfacher und transparenter verrechnet. Das außergerichtliche Mahnverfahren im Mediativinkasso über einen spezialisierten Dienstleister kann damit kostenneutral funktionieren.

Fazit
Inkasso für Ärzte braucht einen stabilen, datenschutzrechtlich einwandfreien Unterbau, wenn es erfolgreich und rechtssicher verlaufen soll. Wenn Ärzte sich und ihren Umgang mit Zahlungsstörungen zügig auf die teilweise Entbindung von der Schweigepflicht einstellen, steht einem engagierten und professionellen Mediativinkasso für Arztpraxen nichts im Wege.



Autor:

Prof. Dr. Ralf Abel

Rechtsanwalt und Datenschutzexperte



Autor:

Alfons Winhart

Vorstand PNO inkasso AG

Weitere Artikel zu ähnlichen Themen


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (16) Seite 78-81