Durch die aktuell stark zunehmende Zahl von Flüchtlingen aus den unterschiedlichsten Ländern benötigen Hausärzte hierzulande immer häufiger spezifische Kenntnisse zu verschiedensten Infektionskrankheiten, die vormals nicht immer in diesem Maße praxisrelevant waren. Dieser Artikel soll zum einen ganz generell über die Bedeutung und Ursachen von Infektionskrankheiten bei Flüchtlingen aufklären, zum anderen einen Überblick über einige wichtige Infektionskrankheiten bieten, die bei Flüchtlingen vorkommen.

Kriege, Vertreibung und Armut sind die Hauptursachen für die aktuell ausgedehnten Migrationsbewegungen von Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern nach Europa. Mit dieser "Flüchtlingswelle" kommen natürlich auch viele potenzielle neue Patienten auf uns zu. In der medizinischen Versorgung dieser Patienten spielen Infektionskrankheiten eine sehr zentrale Rolle, die bei Flüchtlingen sicherlich häufiger vorkommen als in der durchschnittlichen deutschen Bevölkerung. Eine dadurch verursachte Gesundheitsgefährdung für die Allgemeinbevölkerung muss aber nicht befürchtet werden, denn auch Flüchtlinge leiden meistens an Infektionen durch landläufige Krankheitserreger (grippaler Infekt, Gastroenteritis ...).

Manche Infektionskrankheiten, die Flüchtlinge aus ihren teils fernen Heimatregionen mitbringen oder auf ihrer Fluchtroute erwerben, kamen hierzulande zwar bislang tatsächlich eher selten vor und stellen Mediziner deshalb gelegentlich vor unbekannte Herausforderungen. Gefährliche, hochinfektiöse Erreger spielen dabei allerdings kaum eine Rolle.

Auch die Gefahr durch eine Zunahme multiresistenter Erreger (MRE) im Rahmen der aktuellen Migrationsströme hält sich in Grenzen. Zwar kann die häufigere Besiedlung mit multiresistenten Erregern (v. a. MRSA und 3- oder 4-MRGN-Keime) in dieser Patientengruppe bei Infektionen ein therapeutisches Problem darstellen, eine relevante Übertragung von MREs in Erstaufnahme-Einrichtungen erscheint allerdings dennoch unwahrscheinlich [1]. Generelle MRE-Screening-Programme in Flüchtlingsunterkünften werden daher auch vom Robert Koch-Institut nicht empfohlen [2].

Die teilweise verbreitete Angst vor der "Einschleppung gefährlicher Krankheitserreger" durch Flüchtlinge ist also nicht begründet. Hingegen lautet die entscheidende Erkenntnis all derer, die im Feld der Migrantenmedizin tätig sind: Flüchtlinge sind nicht gefährlich, sie sind gefährdet [3]!

So fehlt vielen Asylsuchenden der hierzulande übliche Impfschutz, zudem kommen Immunschwäche-Zustände (Mangelernährung, HIV) bei Flüchtlingen häufiger vor. Außerdem begünstigen die Lebensbedingungen in den oft hygienisch bedenklichen und überfüllten Not- und Massenunterkünften eine teils ausbruchsartige Verbreitung von Infektionskrankheiten, dabei auch solche, die eigentlich mittlerweile hierzulande (durch die üblichen hohen Hygienestandards) selten geworden sind.

Infektionskrankheiten bei Flüchtlingen, die man kennen sollte

Im Folgenden werden hier (gegliedert nach Symptomkomplexen) wichtige Infektionskrankheiten in der Migrantenmedizin aufgeführt. Einige bei Flüchtlingen besonders häufige Infektionen, die aber in der durchschnittlichen deutschen Bevölkerung kaum vorkommen, werden dann noch näher vorgestellt.

Infektionen mit Hautveränderungen

Hautveränderungen sind ein häufiger Grund für ärztliche Konsultationen durch Flüchtlinge. Neben nichtinfektiösen Ursachen sollte (je nach Befund) auch an die in Tabelle 1 aufgeführten Infektionskrankheiten gedacht werden.

Skabies

Die nur bis zu 0,5 mm großen, intradermal lebenden Krätzmilben werden v. a. durch längeren, engen Hautkontakt übertragen. Sie verursachen einen heftigen Juckreiz, welcher sich nachts noch verstärkt. Prädilektionsstellen sind die Interdigitalfalten, Axillen, Brustwarzenhof, Nabel, Penisschaft, Inguinal- und Perianalregion. Dort sieht man meist stecknadelkopfgroße Papeln und Pusteln, einzeln oder gruppiert. Pathognomonisch (aber eher selten) findet man unregelmäßig gewundene, kurze Milbengänge. Durch Kratzeffekte, Verkrustung und Impetiginisierung entsteht im Verlauf oft auch ein vielfältiges morphologisches Bild, das diverse Hauterkrankungen imitieren kann [4] (Abb. 1).

Zur lokalen Therapie wird häufig Permethrin-5 %-Creme eingesetzt. Meist ist eine einmalige Applikation über Nacht ausreichend [4]. Zur systemischen Therapie steht für geeignete Fälle Ivermectin (Einmalgabe von 200 µg pro kg Körpergewicht) zur Verfügung, welches seit Kurzem auch offiziell in Deutschland zur Skabiesbehandlung zugelassen ist. Bei Fortbestand des Krankheitsbildes kann innerhalb von 14 Tagen eine Zweitbehandlung erfolgen [5].

Die Kontrolle von Krätze-Epidemien in Gemeinschaftsunterkünften ist oft eine erhebliche Herausforderung [3]. Durch die Verfügbarkeit der oralen "Single-dose"-Therapie mit Ivermectin wird die Durchführung einer erforderlichen Massen-Chemotherapie sicherlich vereinfacht.

Kutane Leishmaniose

Die kutane Leishmaniose der Alten Welt (Orient-Beule) ist eine durch Sandfliegen übertragene parasitäre Infektion, die v. a. bei Flüchtlingen aus Syrien nicht selten ist. Das Verbreitungsgebiet der Erreger (L. tropica, L. major, L. aethiopica) umfasst den gesamten Nahen Osten, Ostafrika, Zentralasien und vereinzelt sogar Südeuropa [6]. Bei der gängigen kutanen Leishmaniose der Alten Welt entsteht dabei einige Wochen bis Monate nach dem Stich einer infizierten Sandfliege eine kleine, blaurote, erhabene Papel, die sich langsam vergrößert und im Verlauf in ein meist schmerzloses, flaches (oft verschorftes) Ulkus mit erhabenem Randwall übergeht (Abb. 2). Multiple Ulzera sind möglich. Die meisten Läsionen finden sich an unbedeckten Körperteilen (Gesicht und Extremitäten). Da die Läsionen erst nach etwa einem Jahr abheilen (und dies oft mit Narbenbildung), ist v. a. bei Befall des Gesichts und bei multiplen Läsionen eine Therapie indiziert. Die Therapie kann (abhängig von Erreger und Ausbreitung) topisch oder lokal erfolgen. Topisch kann Antimon (periläsional) oder Paromomycin verwendet werden. Zur systemischen Therapie eignen sich Miltefosin oder Azol-Antimykotika [7].

Infektionen der Atemorgane

Infektionen der oberen Atemwege (inklusive HNO-Trakt) und Pneumonien sind v. a. in der (für viele Flüchtlinge ungewohnten) kalten Jahreszeit in Flüchtlingssprechstunden recht häufig. Zudem können besonders kontagiöse Infektionen (wie z. B. Influenza oder Pertussis) in überfüllten Notunterkünften bei mangelnder Durchimpfung gelegentlich ausbruchsartig auftreten.

Vor evtl. notwendiger Antibiotikatherapie (z. B. bei Pneumonie oder HNO-Infektionen) sollte ein ggf. erhöhtes Risiko für multiresistente Erreger zumindest in Erwägung gezogen werden. Im Zweifelsfall sollte großzügig eine mikrobiologische Testung erfolgen. Bei lange andauerndem produktiven Husten oder gar Hämoptysen sollte bei Flüchtlingen und Migranten aber immer auch an eine Tuberkulose gedacht werden.

Tuberkulose

2014 war die Inzidenz der TBC in Deutschland bei ausländischen Staatsbürgern mit 33,6 pro 100.000 Einwohnern mehr als 13-mal so hoch wie in der deutschen Bevölkerung [8]. Das ist auch der Grund, weswegen alle Flüchtlinge in Deutschland generell einer Screening-Untersuchung unterworfen werden. Hierfür erfolgt entweder eine Thoraxröntgenaufnahme oder (bei Schwangeren und Personen unter 15 Jahren) alternativ der Tuberkulin-Hauttest oder ein Interferon-gamma Release Assay (IGRA). Frühe Stadien der pulmonalen TBC und extrapulmonale Formen können durch das Thoraxröntgen aber nicht erfasst werden und Tuberkulin-Hauttest und IGRA können sowohl falsch-negative als auch falsch-positive Befunde liefern [3].

Außerdem differiert die Inzidenz der Tuberkulose in den unterschiedlichen Herkunftsländern der Flüchtlinge gewaltig. Syrer haben in ihrer Heimat eine Inzidenz der Tuberkulose, die sich nur gering von der in Deutschland unterscheidet. Dagegen liegt in Somalia die Inzidenz der TBC mehr als hundertmal höher als hierzulande [9]. Klassische Hinweise auf eine pulmonale TBC sind persistierender Husten, Hämoptysen oder verdächtige Befunde im Röntgen-Thorax (Abb. 3). Extrapulmonale Formen können durch Lymphknotenvergrößerungen (LK-TBC), Aszites (Peritoneal-TBC), Pleuraerguss (tuberkulöse Pleuritis), unklare ossäre Destruktionen (Knochen-TBC) und eine sterile Leukozyturie (Urogenital-TBC) auffallen. Bei entsprechendem Verdacht sollte immer (nach evtl. prophylaktischer Isolation) sofort eine mikrobiologische Erregerdiagnostik erfolgen.

Hier liefert dann die Mikroskopie (nach Ziehl-Neelsen-Färbung) die schnellsten Ergebnisse. PCR und kulturelle Anzucht sind jedoch weitaus sensitiver. Entscheidend ist dabei aber immer auch die korrekte Asservierung von geeignetem Untersuchungsmaterial, da sonst falsch-negative Befunde entstehen können.

Die insgesamt sechsmonatige Standardtherapie bei nachgewiesener aktiver TBC erfolgt üblicherweise über zwei Monate mit einer tuberkulostatischen Vierfach-Kombination (Rifampicin, Isoniazid, Ethambutol und Pyrazinamid) und dann noch für vier Monate mit der Zweifach-Kombination (Rifampicin und Isoniazid). Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie ist die konsequente regelmäßige Einnahme der Medikamente für die gesamte Therapiedauer. Allerdings erschwert das spezielle Setting in der Migrantenmedizin (v. a. die Sprachbarriere) oft die Compliance.

Ein weiteres Problem der tuberkulostatischen Therapie bei Flüchtlingen ist die deutlich erhöhte Rate resistenter Tuberkulosen. Fast alle in Deutschland registrierten Patienten mit multiresistenter Tuberkulose sind Ausländer [3].

Gastrointestinale Infektionen

Virale (z. B. Noro-, Rotavirus) und bakterielle Erreger (Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Campylobacter) von Durchfallerkrankungen können sich in Flüchtlingsunterkünften oft rasch (epidemieartig) ausbreiten. Bei hochfieberhafter Enteritis muss zudem bei Flüchtlingen auch die Möglichkeit von Typhusinfektionen (Inkubationszeit bis 60 Tage möglich) in Betracht gezogen werden.

Eine ebenfalls in Flüchtlingssprechstunden häufig thematisierte gastrointestinale Infektion ist die Typ-B-Gastritis. Hier muss man beachten, dass bei vielen Flüchtlingen v. a. Makrolid-resistente Helicobacter-pylori-Stämme auftreten. Deswegen sollte in der Regel bereits initial eine erweiterte Eradikationstherapie (z. B. Bismut-haltige Quadrupel-Therapie) eingesetzt werden [10].

Bei Flüchtlingen kommen zudem auch gastrointestinale Infektionen durch Würmer und Parasiten gehäuft vor, die hierzulande teils wenig bekannt sind (vgl. Tabelle 2).

Urogenitale Infektionen

Harnwegsinfektionen können bei Flüchtlingen gelegentlich ein Problem darstellen, da eine Besiedlung mit multiresistenten gram-negativen Erregern in dieser Patientengruppe gehäuft vorkommt [12]. Es empfiehlt sich daher vor antibiotischer Therapie eine mikrobiologische Testung mittels Urinkultur.

Bei Symptomen einer Urethritis sollte (v. a. bei sexuell aktiven Patienten) immer auch an Gonokokken und Chlamydien gedacht werden, denn sexuell übertragene Erkrankungen (STD) kommen auch in Flüchtlingsunterkünften vor. Erwähnt werden soll hier auch die Lues, welche gelegentlich durch ihren klassischen Primäraffekt (Ulcus durum) am Genitale auffällt. Recht häufig sind bei Frauen aufgrund schlechter hygienischer Bedingungen auch Vaginalmykosen, welche therapeutisch meist allerdings kein Problem darstellen. Außerdem sollte vor dem Aushändigen von Tampons an weibliche Flüchtlinge immer sichergestellt werden, dass diese mit der korrekten Anwendung vertraut sind.

Andere akut bis hochakut verlaufende Infektionskrankheiten

Eine akut hochfieberhafte Erkrankung, die in Deutschland extrem selten ist, aber bei Flüchtlingen zuletzt gehäuft nachgewiesen wurde, ist das Läuserückfallfieber. Es handelt sich hierbei um eine besonders in Äthiopien und Eritrea endemische Infektionskrankheit, die durch bakterielle Erreger (Borrelia recurrentis) hervorgerufen und durch Kleiderläuse von Mensch zu Mensch übertragen wird. Bei antibiotischer Therapie (Doxycyclin oder Penicilline) des Läuserückfallfiebers muss immer besonders auf gefährliche Herxheimer-Reaktionen geachtet werden [3].

Auch die hierzulande endemische, hochakut verlaufende Leptospirose, die durch Nagetiere übertragen wird, kann je nach Hygienestandard der Notunterkünfte Flüchtlinge vermehrt betreffen.

Meningokokken-Infektionen könnten unter Flüchtlingen bei fehlendem Impfschutz in überfüllten Unterkünften sogar ausbruchsartig auftreten.

Bei unklaren hochfieberhaften Erkrankungen sollte bei Flüchtlingen (je nach Herkunftsland) aber auch immer an die Möglichkeit einer Malaria gedacht werden. Eine gefährliche Malaria tropica durch Plasmodium falciparum ist zwar nur bis zu ca. ein Monat nach Verlassen des Endemiegebietes möglich und wird danach eher nicht mehr auftreten. Plasmodium vivax kann aber in Form von Hypnozoiten lange in der Leber persistieren und auch noch Monate nach Verlassen des Endemiegebietes eine Malaria tertiana hervorrufen, so dass Flüchtlinge trotz langer Fluchtroute durchaus eine Malaria importieren können [3].

Die Einschleppung hochkontagiöser hämorrhagischer Fieber ist hingegen v. a. durch Flüchtlinge sehr unwahrscheinlich. Zum einen ist die Inkubationszeit dieser Erkrankungen in der Regel viel kürzer, als der beschwerliche Fluchtweg aus einem möglichen Endemiegebiet dauern würde, zum anderen sind diese Erkrankungen in den meisten Herkunftsländern sehr selten oder nicht vorhanden.

Die akut, aber nur selten fulminant verlaufenden Virushepatitiden (Hepatitis A und in zunehmendem Maße auch die häufiger werdende Hepatitis E) sind hingegen Erkrankungen, die in den meisten Herkunftsländern von Flüchtlingen recht häufig vorkommen. Ein Großteil der Flüchtlinge, die bei uns ankommen, hat die Hepatitis A aber bereits oligo- oder asymptomatisch im Heimatland durchgemacht und ist daher mittlerweile immun, bei Kindern sollte eine Impfung erwogen werden. Bei der weltweit zunehmenden Hepatitis E ist die Durchseuchung noch nicht so hoch, so dass Neuinfektionen unter Flüchtlingen in Deutschland durchaus auftreten können. Eine Impfung gegen Hepatitis E ist in China zugelassen, steht in Europa aber noch nicht zur Verfügung [13].

Andere chronisch verlaufende Infektionskrankheiten

Unter den Herkunftsländern der Flüchtlinge sind zwar einige HIV-Hochprävalenzregionen zu finden, allerdings besteht diesbezüglich kein Anlass für eine Pauschalisierung und Stigmatisierung aller Flüchtlinge. Dennoch verlangt zumindest der Freistaat Bayern bei allen Flüchtlingen einen HIV-Test. Viel sinnvoller wäre hier ein differenziertes, individuelles Vorgehen. Den tatsächlich Betroffenen sollte dann natürlich immer möglichst schnell und niederschwellig Zugang zu einer hochwirksamen antiretroviralen Therapie ermöglicht werden.

Auch die Inzidenz chronischer Virushepatitiden liegt in einigen Herkunftsländern sicherlich höher als in Deutschland. In einigen deutschen Bundesländern erfolgt daher bei Aufnahme von Flüchtlingen auch pauschal eine Hepatitis-Serologie.Auch hier ist es jedoch besser, gezielt infizierte Personen zu identifizieren und bei Indikation leitliniengerecht zu behandeln.

Eine weitere chronisch verlaufende Infektionskrankheit, die bei Flüchtlingen durchaus vorkommen kann, bei uns jedoch kaum bekannt ist, ist die Lepra. Die durch Mycobacterium leprae übertragene Erkrankung ist v. a. in ländlichen Gebieten des indischen Subkontinents, im tropischen Afrika und Brasilien verbreitet. Bei intakter zellulärer Immunantwort entwickelt sich eine paucibacilläre (tuberkuloide) Lepra. Diese ist gekennzeichnet durch vereinzelte, scharf begrenzte Hautläsionen, die anästhetisch oder hypästhetisch sind. Außerdem kommt es hier (durch die Beteiligung der peripheren Nerven) zu Sensibilitätsverlusten, Muskelatrophien und Deformitäten [5]. Bei einer inadäquaten Immunreaktion verläuft die Erkrankung dagegen oft als multibacilläre (lepromatöse) Lepra. Hier sind die zahlreichen, meist symmetrisch angeordneten Hautläsionen makulös, papulös oder nodulär oder erscheinen als flächenhafte Infiltrate. Die Beteiligung der Nasen-Rachenschleimhaut kann bis zur Zerstörung des Nasenseptums und des Kehlkopfes führen. Therapiert wird in allen Fällen mit einer Langzeit-Kombinationstherapie (MDT). Verwendung finden hierbei in der Regel Dapson, Rifampicin und Clofazimin.

Da die Kontagiosität des Erregers gering ist und einen längeren engen körperlichen Kontakt zu einem unbehandelten (erregerreichen) Leprakranken voraussetzt, besteht durch leprakranke Flüchtlinge in Deutschland sicherlich keinerlei Gefahr für die Allgemeinheit.

Auch für die chronisch verlaufende Schistosomiasis (v. a. bei Flüchtlingen aus dem tropischen Afrika) besteht in Deutschland (wegen des fehlenden Zwischenwirtes, einer Süßwasserschnecke) kein Ansteckungsrisiko. Symptome der portalen Hypertension oder Hämaturie sollten bei Flüchtlingen aus Endemiegebieten immer an eine Schistosomiasis denken lassen. Bei Nachweis einer Schistosomiasis (durch Schistosomen-Eier in Stuhl oder Urin) erfolgt eine Therapie mit Praziquantel [5].

Fazit für die Praxis
  • Infektionskrankheiten kommen bei Flüchtlingen häufiger vor
  • Oft handelt es sich um "banale" Haut- oder Atemwegsinfektionen
  • .Bei Flüchtlingen aus manchen Herkunftsländern muss ein erhöhtes Risiko für multiresistente Erreger einkalkuliert werden.
  • Bei anhaltendem Husten immer auch an Tuberkulose denken!
  • Auch extrapulmonale Formen der TBC kommen bei Flüchtlingen häufiger vor.
  • Einige Infektionskrankheiten bei Flüchtlingen kommen in Deutschland sonst kaum vor, so dass ein gewisses infektiologisch/tropenmedizinisches Sachwissen in der medizinischen Versorgung unerlässlich ist
  • Viele Infektionskrankheiten werden durch die schlechten Hygieneverhältnisse in den Flüchtlingsunterkünften begünstigt
  • Präventive Maßnahmen (Verbesserung der Hygiene in Flüchtlingsunterkünften und regelmäßige Impfprogramme) sind von großer Bedeutung [3].
  • .Flüchtlinge stellen bzgl. Infektionskrankheiten keine Gefahr für die Allgemeinheit dar, sind selbst aber oft durch Infektionskrankheiten relevant gefährdet


Literatur:
1. Dudareva, S., et al., Cases of community-acquired meticllin-resistant Staphylococcus aureus in an asylum seekers centre in Cermany, November2010, EurViele Infektionskrankheiten werden durch die schlechten Hygieneverhältnisse in den Flüchtlingsunterkünften begünstigto Surveill, 2011. 16(4).
2. Robert Koch Institut: Stellungnahme des Robert Koch -Instituts zu Frage des Screenings von Asylsuchenden auf Multiresistente Erreger (MRE). Fehler! Hyperlink-Referenz ungültig. (Zugegriffen: 30.5.2016)
3. A. Stich: Häufige Infektionskrankheiten bei Migranten; Internist 2016 · 57:409–415
4. Skabies (Krätze) - RKI-Ratgeber für Ärzte; www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Skabies.html (Zugegriffen: 30.5.2016)
5. Krätze: Orales Ivermectin in Deutschland verfügbar; Pharmazeutische-Zeitung, Ausgabe 18/2016
6. Robert Koch Institut: Steckbriefe seltener und importierter Infektionskrankheiten, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/Steckbriefe/Steckbriefe_120606.pdf?__blob=publicationFile (Zugegriffen: 30.5.2016)
7. DTG-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der kutanen und mukokutanen Leishmaniasis in Deutschland (Stand: 11/2010), http://www.derma.de/fileadmin/dema/downloads/Aerzte/Leitlinien/ ll_kutane_mukokutane_leishmaniasis.pdf (Zugegriffen: 30.5.2016)
8. Robert Koch Institut: Bericht zur Epidemiologie der Tuberkulose in Deutschland für 2014. ISBN 978-3-89606-264-2. DOI: 10.17886/rkipubl-2015-005
9. WHO. Global Tb Report. ISBN 978 92 4 156505 9.
10. DGVS: S2k-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit http://www.dgvs.de/fileadmin/user_upload/Leitlinien/Helicobacter_pylori/S2k- Leitlinie_Helicobacter_pylori_und_gastroduodenale_Ulkuskrankheit.pdf_11.04.2016.pdf (Zugegriffen: 30.5.2016)
11. Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit. Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Amöbenruhr. http://www.dtg.org/uploads/media/Leitlinie_Amoebenruhr.pdf (Zugegriffen: 30.5.2016)
12. Reinheimer et al. Multidrug resistant organisms detected in refugee patients admitted to a university hospital, Germany June-December 2015. Eurosurveillance 14.1.2016
13. Robert-Koch-Institut: Hepatitis E: RKI-Ratgeber für Ärzte https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HepatitisE.html (Zugegriffen: 30.5.2016)



Autor:

Dr. med. Florian Reim


Dr. med. Uwe Ziegler, Dr. med. Gerhard Förch, Dr. med. August Stich
Tropenmedizin, Missionsärztliche Klinik
97074 Würzburg

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.


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Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (17) Seite 16-21