Alpträume bei Kindern sind ganz normal. Doch auch mancher Erwachsene ist regelmäßig von solchen negativen, angstbesetzten Emotionen im Schlaf geplagt. Die Ursachen von Alpträumen reichen von der posttraumatischen Belastungsstörung über die regelmäßige Einnahme von Schlafmitteln bis zur langfristigen Alltagsbelastung.

Das Gefühl dürfte jeder kennen: nach einem sehr negativ emotionalen Traum stark desorientiert aufzuwachen und sich allmählich klar zu werden, dass alles nur geträumt war. Alpträume werden in der Regel sehr gut und sehr detailliert erinnert [1].
Vor allem bei Kindern treten sie vermehrt auf, im Jugend- und Erwachsenenalter nimmt die Häufigkeit wieder ab [2]. Viele Menschen erinnern sich an Alpträume aus der Kindheit genau. Ein gewöhnlicher Traum dagegen, von dem man eventuell noch am Folgetag weiß, kann eine Woche später schon vergessen sein. Das alles hat keinen pathologischen Ursprung. Treten Alpträume bei Erwachsenen allerdings regelmäßig (häufiger als einmal im Monat) auf, kann dies zu erheblichem Leidensdruck und einer Einschränkung der Lebensqualität führen [1].

Idiopathische und posttraumatische Alpträume

Besonders hoch ist die Alptraumhäufigkeit bei posttraumatischer Belastungsstörung. Hier zeigen sich oft wiederholende Alpträume, meist mit Flashbacks der erlebten traumatischen Situation, die sehr real wiedererlebt wird – ohne den allgemein bizarren Charakter sonstiger Träume. Patienten mit psychischen Störungen haben also andere Traumcharakteristiken. Das gilt auch für Menschen, die regelmäßig Schlafmittel einnehmen. Häufige Alpträumer (mit mehr als einem Alptraum pro Monat) ohne psychische Störung und ohne einnehmende Medikamente sind idiopathische Alpträumer [3].

Alptraumauslöser

Die Faktoren, die häufige Alpträume begünstigen, sind bekannt. Der Traumforscher Ernest Hartmann entwickelte 1984 das Konzept der "dünnen Grenzen", die bei emotional sehr labilen, aber kreativen Personen vorliegen [4].
Hier zeigen sich Zusammenhänge zwischen Emotionalität und häufigen Alpträumen [5]. Auch eine hohe Stressbelastung im Alltag kann Alpträume auslösen. Alltagsstress hat bei emotional labileren Personen einen mediierenden Effekt auf häufige Alpträume [6], die demnach nicht ganz verschwinden können, sich jedoch stark eindämmen lassen.

Negative und positive Träume

Negative Themen scheinen auch in Träumen von Personen aufzutreten, die selten oder nie Alpträume haben. Mehrere Studien gehen zudem davon aus, dass negative Trauminhalte die positiven überwiegen [7, 8, 9]. Dies sollte man aber kritisch sehen. Denn Träume müssen wegen ihres bizarren Erscheinungsbilds subjektiv nicht ausnahmslos so emotional erlebt werden, wie im Traumbericht geschildert. So ist es im Traum etwa möglich, von einem Unfall einer nahestehenden Person zu träumen, den man im Wachleben aber eher nüchtern betrachtet. Oder man hat vor einer banalen Situation aus dem Wachleben plötzlich große Angst. Im Schlaf spitzt sich die Situation dann zu und wird als Alptraum erlebt. Zwei Studien zeigen zudem, dass die Traumemotionen fremder Leser von Traumberichten als insgesamt weniger positiv eingeschätzt wurden, als tatsächlich von den Träumenden erlebt [10, 11].

Traumeigenschaften häufiger Alpträumer

Unsere Studie hat die Faktoren für Alpträume näher untersucht und dabei die Emotionalität der 99 Probanden (Neurotizismus), ihre emotionale Bewertung während des Traums und die Frage, ob im Traum Gewalt verübt wurde, berücksichtigt. Die eine Hälfte gab an, häufiger als einmal im Monat Alpträume zu haben, die andere Hälfte selten oder niemals. Auch hier schätzten externe Leser die Traumemotionen anders ein, als sie die Träumenden erlebten. Häufige Alpträumer hatten im Schnitt signifikant mehr negative und weniger positive Emotionen im Traum als die Normalträumer-Gruppe (Tabelle 1). Auch zeigte sich, dass Menschen mit hohem Neurotizismus tendenziell negativer träumen und es mehr Gewaltthemen in ihren Träumen gibt. Diese drei Merkmale führen auch anhand unserer Daten zu einer höheren Alptraumhäufigkeit.

Tab. 1: Unterschiede von häufigen Alpträumern und seltenen Alpträumern („Normalträumer“) in positiven und negativen Traumemotionen (auf einer Skala von 0 bis 3).

Maßnahmen gegen Alpträume

Unser Fazit: Im Traum ist es nicht anders als im Wachleben. Das Erleben eines Problems führt zu großem Stress und dessen negative emotionale Bewertung verstärkt alles noch. Es empfiehlt sich deshalb, vor dem Schlafengehen keine aufregenden oder physische Gewalt zeigenden Filme zu schauen. Schon allein damit lassen sich Gewaltinhalte im Traum einschränken. Bei der emotionalen Bewertung während der Träume kann die sogenannte "Imagery Rehearsal Therapie" helfen, die Psychotherapeuten relativ unkompliziert anwenden. Einfach erklärt werden hier typische Alptraumsituationen gedanklich durchgespielt und alternative Wendungen oder Problemlösungen erarbeitet [12].
Patienten berichten danach oft, dass die Themen aus ihren Alpträumen zwar weiter auftreten, sie die Träume jedoch seltener als Alptraum empfinden. Natürlich muss man immer erst nach den Ursachen von Alpträumen suchen, statt nur die Symptome zu bekämpfen. Vielen Menschen hilft es, sich mit ihren Träumen zu befassen und darüber zu sprechen.


Literatur
1. American Psychiatric Association (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, (DSM-5). Arlington: American Psychiatric Publishing.
2. Pietrowsky, R. (2014). Was uns den Schlaf raubt. Albträume in Psychologie, Kunst und Kultur. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
3. WHO (1992). The ICD-10 classification of mental and behavioural disorders: clinical descriptions and diagnostic guidelines. Genf: World Health Organisation.
4. Hartmann, E. (1984). The nightmare: The psychology and biology of terrifying dreams. New York: Basic Books.
5. Berquier, A., & Ashton, R. (1992). Characteristics of the frequent nightmare sufferer. Journal of Abnormal Psychology, 101, 246-250.
6. Schredl, M. (2003). Effects of state and trait factors on nightmare frequency. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience, 253, 241-247.
7. Hall, C. S., & Van de Castle, R. L. (1966). The content analysis of dreams. New
York, NY: Appleton-Century-Crofts.
8. Snyder, F. (1970). The phenomenology of dreaming. In Madow, L., Snow, L. H. (Eds.), The psychodynamic implications of the physiological studies on dreams. Springfield, IL: Thomas. Pp. 124–151.
9. Strauch, I., & Meier, B. (1996). In search of dreams: results of experimental dream research. Albany: State University of New York Press.
10. Schredl, M., & Doll, E. (1998). Emotions in Diary Dreams. Consciousness and Cognition 7(4), 634-646.
11. Röver, S. A. & Schredl, M. (2017). Measuring emotions in dreams: Effects of dream length and personality. International Journal of Dream Research Volume 10, No. 1, 65–68.
12. Krakow, B. (2006). Clinical Management of Chronic Nightmares: Imagery Rehearsal Therapy. Behavioral Sleep Medicine, 4, 45–70.


Autor:

M.Sc. Jonas Mathes

Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Abteilung Klinische Psychologie
40225 Düsseldorf

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2019; 41 (13) Seite 14-15