Der Patient kommt mit einem geschwollenen Knöchel und unter Schmerzen in die Praxis gehumpelt. Diese Beschwerden können auf eine Überlastung der Achillessehne hindeuten – ob durch zu starke Beanspruchung beim Sport oder dauerhafte Fehlbelastung im Alltag. Was hilft, ist eine individualisierte multimodale Kombinationstherapie, u. a. mit Stoßwellentherapie und in Absprache mit dem Patienten.

Kasuistik
Ein 70-jähriger Rentner stellt sich mit rechtsseitigen Achillessehnenbeschwerden im mittleren Teil (Midportion) der Achillessehne vor, die seit sechs Monaten vorliegen. Er ist sportlich mit dreimal wöchentlichem Nordic Walking über 60 Minuten aktiv. Die Schmerzen sind belastungsabhängig und mit einer Morgensteifigkeit über circa 15 Minuten und einem Anlaufschmerz nach Ruhephasen verbunden. Die Schmerzstärke rangiert bis VAS 6/10.

Die klinische Untersuchung zeigt die Anschwellung der rechtsseitigen Midportion der Achillessehne (Abb. 1 und 2). Die Sonographie bestätigt die spindelförmige Erweiterung in der Midportion mit Echotexturstörungen. Die Power-Doppler-Sonographie liefert den Nachweis einer Neovaskularisation (Abb. 3). Das extern durchgeführte 1,5-Tesla-MRT zeigt in der T2-Wichtung die Signalalteration und das Ausmaß der Texturstörungen (Abb. 4).

Die individualisierte multimodale Therapie besteht aus der Kombination aus exzentrischem Krafttraining, kombinierter fokussierter und radialer Stoßwellentherapie (ESWT) und extratendinöser Injektionstherapie mit Hyaluronsäure.

Probleme an der Achillessehne sind neben dem Tennisellenbogen der häufigste Manifestationsort von Überlastungsschäden an Sehnen. Betrachtet man die Altersverteilung der Patienten mit schmerzhaften Achillessehnen, so lassen sich vom Kind bis zum Senior einige Unterschiede erkennen:
  • Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.
  • Bei Kindern zwischen sechs und zehn Jahren können – gerade bei ambitionierten Jungsportlern z. B. im Fußball – typischerweise fersennahe Schmerzen an der Übergangszone der Sehne zum Fersenknorpel, ähnlich dem Morbus Osgood-Schlatter der Tuberositas tibiae bei 14- bis 18-Jährigen, auftreten.
  • Die häufigsten Achillessehnenbeschwerden sieht man bei Männern zwischen 35 und 55 Jahren, die laufen gehen oder im Fußball oder Tennis aktiv sind. Größte Risikofaktoren mit über 20 % sind die Trainingsbelastung und der Wechsel der wöchentlichen Sportbelastung.
  • Der dritte altersabhängige Häufigkeitsgipfel sind Männer ohne Sportexposition jenseits der 60 – mit einem BMI > 25 mg/m² und weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren wie Hypercholesterinämie und Hyper-urikämie.

Risikofaktoren und Diagnostik

Prinzipiell lassen sich intrinsische, immanente Risikofaktoren von extrinsischen differenzieren (Tabelle 1).Die klinische Untersuchung erfasst den Ort des Schmerzes (Midportion 2 – 6 cm oberhalb der Ferse oder die Insertion am Fersenbein) und die Fußstellung (z. B. Knick-Senkfuß oder Ähnliches). Der Zehenspitzenstand auf einem Bein prüft die Kontinuität und die Kraft der Sehne. Die Graustufensonographie ermöglicht die Darstellung
  • des AP-Durchmessers im Seitenvergleich (normalerweise bis 7 mm und maximal 15 % Seitenunterschied, ab > 12 mm deutlich erhöhtes Sehnenrissrisiko durch Degeneration der Achillessehne) sowie
  • etwaiger hypoechogener Areale als Zeichen der Degeneration

Die Farb-Doppler- oder genauer Power-Doppler-Sonographie (Abb. 3) erlaubt die Visualisierung und die Quantifizierung etwaiger Neogefäße als Zeichen der Sehneninflammation (nach Öhberg Grad 0 – 4). Ein gesteigerter tendinöser Blutfluss ist, wie vor kurzem gezeigt wurde, mit höherem Alter assoziiert. Mit der dynamischen Sonographie lässt sich die Sehnenkontinuität bei etwaigen Partial- oder Totalrupturen zeigen. Mit der Kernspintomographie sind etwaige Signalalterationen zu erfassen, vor allem in der T2-Wichtung. Bei insertionaler Problematik kann das MRT helfen, ein begleitendes Knochenödem zu visualisieren, was in der Sonographie verborgen bleibt.

Therapie

Die Therapie der schmerzhaften Achillessehne sollte immer individuell anhand der Patientenerwartungen (Heilungszeit, sportliche Ziele, Wanderurlaub etc.) sowie evidenzbasiert erfolgen. Die Therapie umfasst vornehmlich konservative, nicht-operative Verfahren und Trainingsformen. Bei chronisch therapierefraktären Behandlungsverläufen mit frustraner konservativer multimodaler Therapie über mehr als sechs Monate ist auch die operative Revision eine Option, insbesondere bei insertionalen chronischen Achillessehnenbeschwerden mit z. B. endoskopischem Debridement im Kager-Fettkörper mit Fersendenervierung.

Das exzentrische Krafttraining gilt seit den 1980er-Jahren als Therapieoption, die Sandra Curwin und William Stanish in ihrem Buch "Tendinitis: Its Etiology and Treatment" beschrieben und die jeder Patient selbst durchführen kann. Die Grundüberlegung geht u. a. auf Julius Wolff 1892 zurück ("Exercise Strengthens and inactivity Wastes"). Das Konzept führt mit gezieltem Auftrainieren der geschwächten/erkrankten Sehne durch ein optimales Krafttraining zum Erfolg. Den Forschungsstudenten Howard Lamb ließ dies in seiner Zeit an der Klinik von William Stanish in Nova Scotia, Kanada, die damalige konventionelle Therapie mit Ruhigstellung und antiphlogistischer Therapie mit NSARs kritisch hinterfragen.

Krafttraining unterscheidet generell drei Trainingsformen bezüglich der Muskellänge bei Kontraktion:
  • isometrisch ohne Längenänderung des Muskels bei Kontraktion
  • konzentrisch mit Längenverkürzung des Muskels bei Kontraktion
  • exzentrisch unter Verlängerung des Muskels bei Kontraktion.

Das exzentrische Krafttraining ist auf der Erde allgegenwärtig (aber natürlich nicht im Orbit bei Alexander Gerst auf der ISS). Die Schwerkraft als Gravitationskraft beeinflusst unseren Körper ständig. So löst etwa das Sitzen oder das Treppabgehen, ein Richtungswechsel beim Laufen oder das Bergabwandern vom Gipfel ein exzentrisches Kraftmoment aus.

Die konventionellen Krafttrainingsprogramme, z. B. im Fitnesscenter mit Fremdgewichten, sind typischerweise entweder konzentrisch oder isometrisch. Exzentrische Trainingsformen ermöglichen einen rascheren Kraftzuwachs, bringen aber potenziell mehr Muskelkater mit sich, vor allem 48 Stunden nach der Belastung (als "Delayed Onset Muscle Soreness", kurz: DOMS).

Bei Achillessehnenproblemen ist das "Heavy Slow Resistance"-Training zu empfehlen:
  • Einbeinig mit gestrecktem Knie (15 Wdh.): Zehenspitzenstand – Ferse unter das Treppenniveau – Zehenspitzenstand (exzen-trisch – konzentrisch – exzentrisch für die Achillessehne und M. gastrocnemius) mit Halten der Position für zwei Sekunden, kein Wippen! ("Heavy Slow Resistance Training")
  • Beinwechsel, dort auch 15 Wiederholungen als ein Trainingssatz
  • Drei Sätze (sprich 3 x 15 Wdh.) morgens und abends täglich über mindestens zwölf Wochen
  • Nach vier Wochen täglichem Training gegebenenfalls Eskalation auf drei Sätze pro Tag
  • Verbesserte Effekte der Übung beim Training auf Vibrationsplattformen

Die Schmerzen können in den ersten zwei bis vier Wochen um bis zu 25 % zunehmen, wenn keine weiteren begleitenden Therapiemaßnahmen stattfinden. Nach drei Monaten darf man im Mittel mit einer 50-prozentigen Schmerzreduktion rechnen, bei 9 x 15 Wiederholungen pro Tag und Bein mit einer Schmerzreduktion von bis zu 70 %. Dieses Trainingsprogramm sollte von der Kältetherapie (10 min Eisbeutel oder Gelkissen unmittelbar nach Belastung) begleitet werden. Kinesiotape kann eine weitere einfache detonisierende, ergänzende, nebenwirkungsfreie Therapieform sein.

Die weitere apparative Therapie lässt sich in nicht-, semi- und invasive Optionen unterscheiden. Als nicht-invasive Therapieform kann die radiale und die fokussierte Stoßwellentherapie (ESWT), idealerweise in Kombination, die Sehnenheilung deutlich beschleunigen. Je nach Modalität sind im Mittel drei bis fünf Sitzungen im Abstand von ein bis vier Wochen die Regel. Genauere Informationen gibt es auf der Website der deutschen Stoßwellenfachgesellschaft DIGEST mit im Juni 2018 aktualisierten evidenzbasierten Leitlinien zur Stoßwellentherapie. Für die Low-Level-Lasertherapie (insbesondere für 904 nm Wellenlänge) als auch für pulsierende Magnetfelder wurden zudem positive klinische Berichte bei Achillessehnenschmerzen veröffentlicht. Die semi-invasive Injektionstherapie sollte auf Kortison verzichten, da es neben der gewünschten antiinflammatorischen Wirkung auch den Zelltod über Apoptose der Tenozyten auslösen kann. Dies kann mit einer Latenz von zwei bis acht Wochen nach Kortisoninjektion zur Achillessehnenruptur als unerwünschter Nebenwirkung führen. Die ultraschallgesteuerte extratendinöse Sehnentherapie können erfahrene Ärzte z. B. mit Polidocanol als extratendinöse Sklerosierungstherapie anwenden. Auch hier sind in der Regel drei bis fünf Sklerosierungsinjektionen sequenziell nötig, um den pathologisch gesteigerten Blutfluss, der sich durch die Neogefäße zeigt, nachhaltig zu reduzieren. Die extratendinöse, sonographisch gesteuerte Injektion von Hyaluronsäure ist auch in randomisiert-kontrolliertem Studiendesign effektiv in der Schmerzreduktion und der Verbesserung der Sehnengesundheit.

Lässt sich mit den nicht- und semi-invasiven Therapien keine nachhaltige Verbesserung erzielen, ist auch eine Operation zu diskutieren. Je nach Genese kann etwa bei insertionalen Problemen mit Haglundexostose ein Debridement mit Denervierung der Ferse erfolgen.

Fazit für die Praxis
Achillessehnenprobleme können in jedem Lebensalter auftreten. Die relevanten Risikofaktoren können dabei altersabhängig variieren: Während bei 30- bis 50-Jährigen häufig Trainingsfehler eine Rolle spielen, sind bei über 60-Jährigen oft zusätzlich Cholesterin- und/oder Harnsäureveränderungen sowie das Alter relevant. Die Therapie ist im Wesentlichen konservativ mit Belastungsmanagement, Treppentraining, Kühlung und – als Eskalation beim Spezialisten – mit z. B. kombinierter Stoßwellentherapie (ESWT) beziehungsweise extratendinöser Injektionstherapie.


Literatur
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Autor:

© Christian Wyrwa
Prof. Dr. Karsten Knobloch, FACS

SportPraxis
Prof. Knobloch
30159 Hannover

Interessenkonflikte: Der Autor hat Vorträge sowie Bücher mit den folgenden Firmen & Verlagen umgesetzt: Storz Medical, TRB Chemedica, Level 10 Verlag, Thieme Verlag, Schattauer Verlag, Unimed-Verlag, Spitta-Verlag.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2019; 41 (2) Seite 48-53