"Kinder sind das Feuer der Influenza!" Mit diesem Hinweis wollte Prof. Heininger, STIKO-Mitglied, bereits vor vielen Jahren deutlich machen, wie eine Influenza-Epidemie sich auch ausbreiten kann: Es sind die Kinder, die sich in den von ihnen besuchten Gemeinschaftseinrichtungen mit dem Influenzavirus infizieren und diese Infektion ins häusliche Umfeld tragen.

Seitens der STIKO finden sich lediglich Empfehlungen für eine Indikationsimpfung gegen Influenza für Kinder mit bestimmten chronischen Erkrankungen. Aus vielen Untersuchungen ist jedoch bekannt, dass diese Indikationsimpfungen nur in einem geringen Prozentsatz umgesetzt werden.

Wenn man der Aussage von Prof. Heininger weiter folgt, dann geht es bei einer generellen Impfempfehlung für alle Kinder und Jugendliche nicht nur um deren Schutz, sondern auch um den Schutz der Erwachsenen und insbesondere der Senioren. Immerhin können mit den modernen Influenza-Impfstoffen bei Kindern und Jugendlichen durchaus Schutzraten von 50 % erreicht werden, und wir wissen, dass die Schutzwirkung der Standardimpfstoffe gerade bei älteren Patienten, bedingt durch die Immunseneszenz, auf bis zu 30 % sinkt.

Dass durch die Impfung von Kindern und Jugendlichen insbesondere die älteren Erwachsenen vor Infektionen geschützt werden, ist wahrlich keine neue Erkenntnis. Doch konnte sich die STIKO bis heute zu einer derartigen Vorgehensweise nicht entschließen.

Auch für die Erwachsenen im Alter von 18 – 59 Jahren gibt es keine generelle Influenza-Impfempfehlung, auch hier beschränkt sich die STIKO auf die Angabe von Indikationen bei unterschiedlichen chronischen Erkrankungen. Richtig ist sicherlich, dass bei jüngeren Erwachsenen bei einer Influenza-Infektion mit gravierenden Komplikationen so lange nicht gerechnet werden muss, als sich die Betroffenen an die Verhaltensvorgaben halten. Eine generelle Impfempfehlung in dieser Altersgruppe würde jedoch, aufgrund der bereits angesprochenen hohen Schutzraten von > 60 %, nicht nur zu einer deutlichen Senkung der Infektionszahlen führen, sondern insbesondere auch durch geringere Arbeitsunfähigkeitszeiten einen deutlichen wirtschaftlichen Effekt zeigen. Warum also sollte die STIKO gerade in dieser Altersgruppe nicht auch eine generelle Impfempfehlung aussprechen?

Erst in der Altersgruppe der über 60-Jährigen wird die Influenza-Impfung zu einer Standardimpfung. Obwohl durch die Influenza-Impfung nur noch bei ca. 30 – 40 % eine Infektion verhindert wird, so kann doch die Anzahl an stationären Behandlungen und komplizierten Verläufen mit Todesfolge durch eine Impfung deutlich gemindert werden.

Betrachtet man also die genannten Aspekte einerseits und berücksichtigt man die selbst in den Indikationsgruppen dürftige Umsetzung der Empfehlung andererseits, dann erscheint eine generelle Influenza-Impfempfehlung für alle Altersgruppen (wie in den USA) zumindest einmal ein erster Schritt zu sein, um besonders gefährdete Personen zu schützen.

Also: Influenza-Impfung für alle!



Autor:

© Alexianer Krefeld GmbH
Dr. med. Andreas Leischker, M.A.

Chefarzt der Klinik für Geriatrie
Krankenhaus Maria-Hilf, Alexianer Krefeld GmbH
47805 Krefeld

Co-Autoren
Prof. DDr. Martin Haditsch, Facharzt für Tropenmedizin, Leonding, Österreich
Prof. Dr. Hans Heppner, Lehrstuhl für Geriatrie, Universität Witten/Herdecke
Dr. Anja Kwetkat, Klinik für Geriatrie, Universitätsklinikum Jena
Prof. Dr. Bernd Salzberger, Leiter Stabsstelle Infektiologie, Universitätsklinikum Regensburg
Prof. Dr. Klaus Wahle, Facharzt für Allgemeinmedizin, Münster
Prof. Dr. Peter Wutzler, Direktor des Institutes für Antivirale Chemotherapie, Universitätsklinikum Jena

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (18) Seite 5