Die Notfallaufnahmen in den Kliniken klagen über eine zunehmende Überlastung. Aus meinen über 50 Jahre langen Erfahrungen als Hausarzt möchte ich hier einige Gedanken beitragen, wie dieses Problem gelöst werden könnte.

So wäre es im hausärztlichen Bereich unumgänglich, dass eine ausreichende Versorgung mit Praxen in Patientennähe erreicht wird und nicht – wie derzeit – Praxen, die aus Altersgründen geschlossen werden, keinen Nachfolger finden.

Weiterhin ist es hilfreich, den zukünftigen Hausarzt strukturiert weiterzubilden, sodass er in allen klinisch relevanten Fächern über ausreichende Kenntnisse verfügt, um unkomplizierte Verläufe der häufigsten Erkrankungen ohne Überweisungen selbst behandeln zu können und erst bei atypischen Verläufen einen Spezialisten gezielt hinzuziehen zu müssen. Der Hausarzt sollte in allen gesundheitlichen Fragen der erste Ansprechpartner seiner Patienten sein; das Vertrauen der Bevölkerung in den Hausarzt als "Spezialisten für den gesamten Patienten" muss unbedingt gestärkt werden.

Darüber hinaus müssen unbedingt Anreize geschaffen werden, dass der Hausarzt bereit ist, allen Patienten einen geeigneten Konsultationstermin anzubieten. Auch der zeitnahe Hausbesuch, ggf. mit Unterbrechung der Sprechstunde, muss wieder zur Normalität werden; der Notruf ist nur dann erforderlich, wenn eindeutig eine Notfallsituation besteht.

Ein weiterer Aspekt ist, dass durch die verpflichtende Teilnahme aller niedergelassenen Ärzte am KV-Dienst teilweise die spezialisierten Kollegen mit den banalen Fällen außerhalb ihres Fachgebietes überfordert sind und aus einer gewissen Hilflosigkeit heraus die besuchten Patienten in der Notaufnahme der Kliniken vorstellen. Es wäre deshalb zu überdenken, ob nicht der KV-Dienst eine Aufgabe der Fachärzte für Allgemeinmedizin werden kann, während die spezialisierten Kollegen eine Art "Fachbereitschaft" als Konsultationsmöglichkeit für den "KV-Basisdienst" der Allgemeinärzte absichern.

Und: Die Diskussion über die "Portalpraxen" sollte weniger emotional geführt werden; sicherlich widerstrebt es vielen Kolleg/innen, zusätzliche Bereitschaftssprechstunden in einer klinikeigenen Praxis ableisten zu müssen, aber für die Zeit des Bereitschaftsdienstes ist diese Portalpraxis sicherlich das Optimum. Hier muss unbedingt die Grenze zwischen ambulanter Tätigkeit unter Regie der KV und stationärer Tätigkeit unter Trägerschaft einer Klinik "aufgeweicht" werden.

Keinesfalls aber darf durch diese Portalpraxen ein Anreiz geschaffen werden, Beschwerden zu präsentieren, die schon tage- oder wochenlang bestehen, oder Wünsche zu erfüllen, die vom Hausarzt oder einem behandelnden Spezialisten aus logischen Gründen nicht erfüllt werden können.

Wichtig erscheint mir auch die Klärung der Frage, ob nicht in Ballungsgebieten die Portalpraxen durch Fachärzte für Allgemeinmedizin abgesichert werden sollten, die von den Kliniken angestellt werden. Genügend Interessenten für eine Tätigkeit als angestellte Ärzte dürften sich sicherlich finden.



Autor:

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Dr. med. Holger Schnering

Facharzt für Allgemeinmedizin (i. R.)
02977 Hoyerswerda

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (17) Seite 5