Bei der Diagnostik von Abdominalbeschwerden besitzt die Sonografie auch in der Hausarztpraxis einen hohen Stellenwert. Mit ihr ist eine Untersuchung der Organsysteme in Echtzeit und "in vivo" möglich. Technische Weiterentwicklungen erlauben dabei eine immer bessere Darstellbarkeit von Strukturen im Intenstinaltrakt. Dadurch haben sich die Anwendungsgebiete über die klassische Notfalluntersuchung bei akuten Bauchschmerzen (Ileus, Appendizitis etc.) hinaus erweitert bis hin zur Abklärung von chronisch entzündlichen, funktionellen und neoplastischen Erkrankungen.

Um die neuen Möglichkeiten der Sonografie voll nützen zu können, ist neben einer modernen Geräteausstattung auch eine hohe Ultraschallkompetenz erforderlich. Durch die große Variabilität der Anatomie im Intestinaltrakt (insbesondere nach operativen Eingriffen) ist das Erlernen der Darmsonografie nicht gerade einfach. Um eine strukturierte Ausbildung zu erreichen, werden deshalb zunehmend separate Kursmodule zur Darmsonografie etabliert, die die klassische Abdomensonografie ergänzen.

Vorbereitung und Geräte

Bei der Durchführung der Darmsonografie bedarf es keiner besonderen Patientenvorbereitung. Das Trinken von 500 ml einer kohlensäurefreien Flüssigkeit (z. B. Abführlösung zur Koloskopievorbereitung/Polyethylenglycol-Lösung, stilles Wasser) bei nüchternem Patienten kann die Darstellbarkeit der Darmabschnitte deutlich verbessern, wird aber in der täglichen Routine für eine Ultraschalluntersuchung alleine leider nur selten praktiziert [1]. Für den noch unerfahrenen Ultraschaller empfiehlt sich die Untersuchung des nüchternen Patienten in Rückenlage. Zur Beurteilung des Befundes muss der Untersucher auf jeden Fall wissen, ob und wann der Patient zuletzt gegessen oder getrunken hat. So können bspw. Patienten mit primären oder sekundären Malabsorptionsstörungen (z. B. Zöliakie, Laktosemalabsorption) pathologisch vermehrte Flüssigkeitsansammlungen im unteren Dünndarm mit gesteigerter Peristaltik aufweisen, die bei gesunden Probanden so nicht zu sehen sind [2].

Zur initialen Orientierung wird zunächst die Untersuchung mit der konvexen Standardschallsonde (Frequenz 2–6 Mhz) im Längs- und Querschnitt empfohlen. Hier kann die genaue Lagebeurteilung der Darmschlingen (tief hängendes Col. transversum, elongiertes Sigma etc.) und die Detektion extraintestinaler Befunde erfolgen. Mit den Konvexsonden erscheint die Darmwand jedoch aufgrund der schlechteren Auflösung im niedrigen Frequenzbereich dicker und unscharf. Die Charakterisierung der einzelnen Darmabschnitte und Befunde erfolgt dann mit dem hochfrequenten Linearschallkopf (7–12 Mhz). Neuere Ultraschallgeräte haben dabei, neben speziellen Voreinstellungen (separates Preset – Darm), die Möglichkeit, mit dem Linearschallkopf in einem virtuellen Konvexmodus zu untersuchen (Abb. 1). Diese Technik führt zu einem deutlich breiteren Bildfeld, erweitert den Bildausschnitt signifikant und ist Standard bei aktuellen Ultraschallgeräten.

Nach Auswahl der richtigen Voreinstellung empfiehlt es sich, analog zur Mikroskopie, das Bildfeld zunächst sehr groß einzustellen und dann gezielt die Darmabschnitte herauszuvergrößern. Ergänzend hilft die Hinzunahme der Farbdopplersonografie die Hyperämie entzündeter Darmabschnitte zu erfassen. Neuere Techniken (Kontrastmittelsonografie, Elastometrie) sind in der Darmsonografie noch nicht ausreichend etabliert und bei gezielten Fragestellungen (Abszess bei M. Crohn) der Hand des Experten vorbehalten.

Sonoanatomie am Normalbefund

Der Magen-Darm-Trakt weist eine sehr hohe anatomische Lagevariabilität auf. Insbesondere nach operativen Eingriffen ist die Orientierung erschwert. Zur Lokalisierung der einzelnen Darmabschnitte ist es bei der Schallkopfpositionierung daher ratsam, sich an Standardebenen zu halten und an den großen retroperitonealen Blutgefäßen als Leitstruktur zu orientieren (Abb. 2). Gut reproduzierbare Abschnitte des Magen-Darm-Trakts sind das Magenantrum (Abb. 2, Pos. 1), das terminale Ileum (Abb. 2, Pos. 4) und das Sigma (Abb. 2, Pos. 8). Zudem muss man beachten, dass sich sowohl Colon ascendens als auch Colon descendens sehr weit lateral befinden und am besten vom jeweiligen Flankenschnitt aus zu finden sind.

Wichtige Ultraschallkriterien in der Darmsonografie:
  • Darmwanddicke
  • Darmwandschichtung (erhalten/aufgehoben)
  • Perfusion im Farbdoppler
  • Lumenweite (Stenose/Dilatation)
  • Peristaltik (keine/reduziert/gesteigert/Pendelperistaltik)
  • Extraintestinale Befunde (z. B. echoreiche Mesenterialreaktion, Fistel, Abszess)

Hat man den gewünschten Darmabschnitt lokalisiert, kann eine 5-geschichtete Darmwand gesehen werden (Abb. 3).

Der anatomische Aufbau und die sonomorphologische Darstellung der Darmwände im Intestinaltrakt unterscheiden sich dabei in den verschiedenen Organabschnitten (Magen, Jejunum, Ileum, Kolon) (Abb. 4).

Neben den morphologischen Kriterien müssen zusätzlich funktionelle Kriterien wie Peristaltik und Perfusion im Farbdoppler bei der Befundinterpretation beachtet werden.

Pathologische Befunde

Ileus

Der klinische Verdacht auf einen Ileus lässt sich sonografisch recht schnell bestätigen (bessere Übersicht mit dem Konvexschallkopf). Abhängig von Lokalisation und Ursache der intestinalen Obstruktion erscheinen die vorgeschalteten Darmschlingen dilatiert und stark flüssigkeitsgefüllt. Häufig sammelt sich Luft in diesen erweiterten Segmenten und eine Anlotung von lateral hilft, die Darstellbarkeit zu verbessern. Durch die Distension werden die Dünndarmzotten sichtbar und es zeigt sich ein klassisches Klaviertasten-Phänomen (Abb. 5). Eine entzündliche Wandverdickung ist in diesen Darmabschnitten eher selten zu sehen. Bei paralytischen Darmschlingen ist eine Pendelperistaltik zu sehen. Durch einen strukturierten Untersuchungsablauf (3-Schnitte-Technik: 1. Magen/Epigastrium → 2. Dünndarm/linker Mittelbauch → 3. Dickdarm/rechter Unterbauch) lässt sich gelegentlich die Höhe des Verschlusses eingrenzen und gezielt abklären. [3]

Appendizitis

Die Appendizitis ist die häufigste Ursache für das akute Abdomen im Kindesalter und eine nicht zu vernachlässigende Differenzialdiagnose bei akuten Bauchschmerzen von Erwachsenen [4–6]. Ziel der sonografischen Diagnostik ist es, die klinische Verdachtsdiagnose abzuklären und Komplikationen zu erfassen. Coecum und Appendix unterliegen einer großen Lagevariabilität. Die sonografische Darstellung gelingt bei einer Lage ventral auf dem Musculus psoas mit Verlaufsrichtung nach medio-caudal und ist bei retro-
coekaler Lage oder hoch sitzendem Coecum erschwert. Eine entzündete Appendix hat einen Durchmesser von mehr als 6 mm, ist echoarm verschwollen und bei graduiertem Druck mit der Sonde nicht komprimierbar (Im Querschnitt als "Target-Sign"/Kokarde zu sehen) (Abb. 6). Als sekundäre Zeichen zeigen sich gelegentlich ein echoarmer Randsaum um die Appendix, intraluminale Kotsteine und eine echoreiche Mesenterialreaktion. Wichtig ist die gezielte Suche nach Komplikationen (Abszess, Ileus, gedeckte Perforation etc.) [4, 6].

Divertikulitis

Der hohe Stellenwert der Sonografie bei Divertikelkrankheit und Divertikulitis wird in den entsprechenden Leitlinien gewürdigt [7]. Die darin enthaltene Stadieneinteilung respektiert die zahlreichen klinischen Konstellationen (asymptomatische Divertikulose → akute & chronische Divertikulitis mit & ohne Komplikationen → Divertikelblutung), mit denen der Behandler konfrontiert wird. Reizlose Divertikel sind im Verlauf der Durchtrittsstellen der Vasa recta durch die Muscularis propria lokalisiert (Abb. 7 a). Gelegentlich liegt zusätzlich eine Wandverdickung des betreffenden Kolonsegments vor. Divertikel sind häufige Begleitbefunde bei der Darmsonografie und erscheinen kugelig mit einem zentralen echoreichen Reflex (Koprolith/Luft) und dorsalem Schallschatten (Abb. 7 b). Im Falle der Entzündung beschreiben die Patienten eine lokale Druckschmerzhaftigkeit in diesem Bereich. Der entstehenden Entzündungsreaktion liegen meist kleine Mikroabszesse zugrunde und es folgt sonografisch zunächst eine echoreiche Umgebungsreaktion (Abb. 7 c + d). Bei erfolgreicher konservativer Therapie setzt die klinische Besserung deutlich früher ein als die Rückbildung der sonografischen Zeichen. Liegt jedoch eine komplizierte Divertikulitis vor, kann es im weiteren Verlauf zu gefährlichen Komplikationen kommen (Phlegmone, Fistel, Abszess, Perforation). In diesem Fall erfolgt eine interdisziplinäre Behandlungsplanung (Gastroenterologie/Radiologie/Chirurgie), wobei auch hier die Möglichkeiten der interventionellen Sonografie (z. B. Abszessdrainage) zum Nutzen des Patienten eingesetzt werden können [8].

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Die Darmsonografie wird bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen in allen Phasen der Erkrankung eingesetzt. Von der Erstdiagnose über die Beurteilung des Therapieverlaufs unter einer immunsuppressiven Behandlung bis hin zur Kontrolle nach Operationen kann eine schnelle Beurteilung der entzündlichen Aktivität erreicht werden. Das kann helfen, belastende und kostspielige Untersuchungen (Koloskopien, CT, MRT) zu vermeiden.

Umgekehrt kann dem Patienten ein positiver Krankheitsverlauf bei rückläufigen Sonokriterien umgehend rückgemeldet werden. Weiter bestehende Beschwerden bei Fehlen von CED-assoziierter Entzündungsaktivität sollten einer weiteren Abklärung hinsichtlich möglicher Begleitdiagnosen (Gallensäureverluste, bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms, Malabsorptionen etc.) zugeführt werden. Im Verlauf der Erkrankung zeigt sich initial eine echoarme Darmwandverdickung mit Hypervaskularisation im Farbdoppler, die sich zurückbilden kann oder zu einer persistierenden Fibrosierung mit echoreicher Verbreiterung der Submukosa führt (Abb. 8, 9) [9–11].

Zusammenfassung

Durch die breite Verfügbarkeit und den vielseitigen Einsatz ist die Darmsonografie eine exzellente Methode zur Abklärung intestinaler Beschwerden. Sie erfordert jedoch eine strukturierte Ausbildung, um den Untersuchungsgang einzuüben. Zudem ist ein gutes Ultraschallgerät bei der Orientierung im Gastrointestinaltrakt sehr hilfreich. Bei der Befundinterpretation ist die Verfügbarkeit klinischer und laborchemischer Befunde entscheidend für die richtige Diagnose. Neben den dargestellten Indikationen bietet die Darmsonografie noch viele weitere Anwendungsmöglichkeiten in der Viszeralmedizin.



Autor:

PD Dr. med. Dane Wildner

DEGUM-Kursleiter Stufe III, Internist, Gastroenterologe, Med. Tumortherapie, Notfallmedizin, Medizinische Fakultät, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
91054 Erlangen
In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. Deike Strobel, DEGUM-Kursleiterin Stufe III, Ultraschallabtlg. Medizinische Klinik 1 Universitätsklinikum Erlangen

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (16) Seite 18-24