Viele Lebererkrankungen werden auch beim Hausarzt oft erst spät erkannt. Der Grund: Die Leber gibt keine Warnsignale ab. Die Folge: Die Symptome des Patienten, wie Müdigkeit und Leistungsschwäche, bleiben unspezifisch. Oft sind erhöhte Leberwerte im Routine-Labortest die erste Auffälligkeit. Woran ist dann zu denken und welche diagnostischen Schritte sollten als Nächstes erfolgen?

Ganz unterschiedliche Erkrankungen und Infektionen führen zu erhöhten oder geänderten Enzymaktivitäten und Stoffwechselprodukten der Leber (vgl. Tabelle 1). Je nach Ausmaß der Leberzellschädigung erhöhen sich vor allem die Aktivitäten im Serum der Transaminasen GPT (ALT) und GOT (AST), der γ-GT, GLDH, der Alkalischen Phosphatase (AP) und LDH und deren Leber-Isoenzyme. Hingegen fällt die Aktivität der Cholinesterase als Marker für die Syntheseleistung der Leber, z. B. bei Pilzvergiftungen, ab (Tabelle 2). Eine Pankreasbeteiligung muss durch Bestimmung der Pankreas-Amylase und der Lipase abgeklärt werden. Quotientenberechnungen von Enzymaktivitäten können bei der Diagnosefindung weiterhelfen, wie der De-Ritis-Quotient GOT/GPT mit Werten > oder < 1 für die Schwere eines Leberzellschadens, weil dann zunehmend mitochondriale Enzyme freigesetzt werden. Ebenso berechnet sich der Quotient (GOT + GPT)/GLDH zu > 50 bei akuter Virushepatitis mit leichter Zellschädigung und zu < 20 bei Verschlussikterus, akuter Durchblutungsstörung der Leber oder Leberzellnekrose. Zur Differenzierung eines hämolytischen, parenchymatösen oder posthepatischen Ikterus wird der direkte Anteil des Bilirubins (bei Gesamt-Bilirubinwerten > 2,0 mg/dl) sowie die Abnahme des freien Haptoglobins im Serum gemessen [2]. Wenn eine äthyltoxische γ-GT-Erhöhung vermutet wird, sollten auch das mittlere korpuskuläre Volumen der Erythrozyten (MCV) im Blutbild und das Carbohydrate-Deficient-Transferrin (CDT) berücksichtigt werden.

Akute virale Hepatitis

Bei Verdacht auf eine akute virale Hepatitis A, B oder C empfiehlt sich als Screening-Untersuchung der Nachweis von anti-HAV-IgM, HBsAg, anti-HBc-gesamt (die Tests erfassen IgG- und IgM-Antikörper) und anti-HCV. Je nach Ergebnis folgen weitere Hepatitis-Parameter zur Bestätigung (vgl. Tabelle 3). Eine infektiöse virale Hepatitis ist meldepflichtig!

Bei der fäkal-oral übertragbaren Hepatitis A (HAV) lassen sich nach einer Inkubationszeit von 15 bis 30 (bis 50) Tagen spezifische IgM-Antikörper bis zu drei bis vier Monate nach den ersten Symptomen nachweisen, bei einer frischen Infektion auch HAV-Antigen im Stuhl oder HAV-RNA im Blut [3].

Bei Hepatitis B (HBV) werden serologisch bei einer akuten Infektion das Oberflächenantigen (Surface Antigen) HBsAg und das von infizierten Leberzellen exkretorisch abgegebene HBeAg als Infektiositätsmarker bis zu vier bis fünf Monate nach Beginn nachgewiesen, sowie IgM- und IgG-Antikörper (Anti-HBc) gegen das Core-Antigen [1]. Über 90 % der akuten Hepatitis-B-Fälle heilen aus, wobei dann HBsAg und HBeAg negativ und stattdessen deren Antikörper anti-HBs und anti-HBe nachweisbar werden. Anti-HBc-IgG bleibt weiterhin positiv. Wenn HBsAg über sechs Monate persistiert, nimmt die Infektion einen chronischen Verlauf, besonders bei Kleinkindern, Immunsupprimierten und Drogenabhängigen. Die Infektiosität, auch vor und während einer antiviralen Therapie, lässt sich durch die HBV-Viruslast mittels Real-Time-Polymerase-Kettenreaktion (PCR) abklären. Eine Superinfektion mit Hepatitis D (HDV) führt zu schwereren Verläufen und erhöht das Risiko für eine Leberzirrhose oder ein Leberzell-Ca. Der Erfolg einer Hepatitis-B-Impfung wird mit quantitativem anti-HBs-Nachweis beurteilt [1, 4].

Chronische Hepatitis C

Bei positivem Screenigtest auf eine chronische Hepatitis C (HCV) erfolgt die Bestätigung mittels Immunoblot oder HCV-RNA-Nachweis [5]. Bei einer Nadelstichverletzung, z. B. bei der Blutabnahme, sollte laut Berufsgenossenschaft ein HCV- und auch HIV-Suchtest sofort sowie nach sechs, zwölf und 26 Wochen gemacht werden.

Hepatitis E

Nicht zu vernachlässigen ist bei V. a. eine Hepatitisinfektion die Bestimmung von IgM- und IgG-Antikörpern gegen Hepatitis E (HEV). In Deutschland zeigen sich seit 2007 exponentiell zunehmende Fallzahlen (2014 noch 670 Meldungen, 2015 bereits 1.246, laut RKI). Die Übertragung dieses RNA-Virus erfolgt vorwiegend durch den Verzehr von nicht ausreichend gegartem Fleisch und der Leber von (Wild-)Schweinen, aber auch durch Schmierinfektion. In Deutschland kommt der HEV-Genotyp 3 endemisch vor, mit einer Prävalenz von 5 – 25 % je nach Altersgruppe [6]. Die Inkubationszeit beträgt 15 – 64 Tage. Eine frische Infektion beweisen HEV-IgM-Antikörper oder der direkte Erregernachweis im Blut oder Stuhl mittels PCR.

Epstein-Barr-Virus

Erhöhte Transaminasen im Kleinkind- oder Jugendalter weisen oft auf eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV, infektiöse Mononukleose, Pfeiffersches Drüsenfieber) hin. Nach einer Inkubationszeit von 30 – 50 Tagen finden sich bei erhöhter Gesamtleukozytenzahl im Differenzialblutbild vermehrt atypische monozytoide Lymphozyten sowie IgM- und IgG-Antikörper gegen das Virus-Capsid-Antigen (VCA) im Serum. EBNA1-Antikörper gegen das EBV-nukleäre Antigen treten erst nach einigen Wochen bis Monaten auf und schließen eine frische Infektion aus. Bei geschwächter Immunitätslage, meist bedingt durch andere Erkrankungen, kann es zu Reaktivierungen von EBV kommen. Je nach Anamnese und Klinik sollte auch an weitere viral und bakteriell bedingte Hepatitiden oder Parasitosen gedacht werden (vgl. Tabelle 1).

Autoimmunerkrankungen der Leber betreffen hauptsächlich Frauen. Vor allem im akuten Schub erhöhen sich die Transaminasen. Hervorzuheben sind die Autoimmunhepatitis (AIH), die Primär Biliäre Zirrhose (PBC) und die Primär Sklerosierende Cholangitis (PSC). Zur Differenzialdiagnose eignet sich der Nachweis typischer Autoantikörper wie die antinukleären Antikörper (ANA), Antikörper gegen glatte Muskulatur (ASMA), Leber-Cytosol-Protein Typ 1 (LCM1), Liver-Kidney Microsome-Ak (LKM1), lösliches Leberantigen (SLA) und antimitochondriale Antikörper (AMA-M2) mittels Immunfluoreszenztest oder ELISA.

Erblich bedingte Erkrankungen

Komplikationen in der Schwangerschaft mit erhöhten Transaminasen sind die Präeklampsie und vor allem das HELLP-Syndrom (Haemolysis, Elevated Liver Enzymes, Low Platelet Count). Weiterhin können erblich bedingte Erkrankungen wie M. Wilson oder der alpha-1-Antitrypsin-Mangel zu Leberversagen führen, während der M. Meulengracht meist nur durch ein erhöhtes indirektes Bilirubin auffällt.


Literatur
1. Cornberg M (2007) Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virus-(HBV-)Infektion. Upgrade der Leitlinie, AWMF-Register-Nr.: 021/011. Z Gastroenterol 2007; 45: 525-574
2. Furger P, SchaufelbergerM (2012)Algorithmen quick für den Hausarzt. 1. Aufl., Thieme ,Stuttgart, ISBN 978-3-13-166441-9, S. 96-101
3. RKI-Ratgeber für Ärzte (2015) Hepatitis A www.rki.de/Infektionskrankheiten
4. RKI-Ratgeber für Ärzte (2016) Hepatitis B und D www.rki.de/Infektionskrankheiten
5. RKI-Ratgeber für Ärzte (2015) Hepatitis C www.rki.de/Infektionskrankheiten
6. RKI-Ratgeber für Ärzte (2015) Hepatitis E www.rki.de/Infektionskrankheiten
7. Sarrazin C (2010) Update der S3-Leitlinie Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus(HCV)-Infektion, AWMF-Register-Nr.: 021/012. Z Gastroenterol 2010; 48: 289-351
8. Thomas L (2012) Kap.1 Enzyme. In: Thomas L (Hrsg.) Labor und Diagnose. 8. Aufl., TH-Books, Frankfurt/Main, ISBN 978-3-9805215-8-1



Autor:

© copyright
Dr. med. rer. nat. Dipl.-Chem. Ebbo Michael Schnaith

Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Klinischer Chemiker
MVZ für Laboratoriumsmedizin
94034 Passau

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (8) Seite 24-29