Patienten mit viralen Hepatitiden sind für den Hausarzt oft nicht leicht zu managen. Im akuten Fall muss eine schnelle, teilweise stationäre Behandlung erfolgen. Bei chronischen Verläufen kommt es darauf an, die richtige Diagnose zu stellen, vorhandene Komplikationen einzudämmen bzw. im Vorfeld zu verhindern. Auch die Prophylaxe und gezielte Maßnahmen gegen eine Infektionsausbreitung spielen eine Rolle. In diesem Beitrag liegt der Fokus auf parenteral übertragbaren viralen Hepatitiden.

Fall 1
Ein 35-jähriger Mann wurde HBsAg positiv getestet und in die Lebersprechstunde überwiesen. Er ist beschwerdefrei. GPT ist mit 65 U/ml erhöht, HBeAg negativ. Die Viruslast beträgt 5.700 IU/ml. Koinfektionen bestehen nicht. Sonographisch liegt ein unauffälliger Leberbefund vor, in der transienten Elastographie zeigt sich allerdings eine mittelgradige Fibrose (F2).

Bei der Therapieauswahl wird der Kinderwunsch des Patienten berücksichtigt und eine Behandlung mit Tenofovir begonnen. Schon nach drei Monaten ist keine HBV-DNA mehr nachweisbar. Das Medikament muss unter regelmäßiger Kontrolle der Nieren-Retentionsparameter, Transaminasen und der Viruslast dauerhaft eingenommen werden. Bei der Lebensgefährtin des Patienten ist eine chronische Hepatitis B auszuschließen. Im Falle des fehlenden Schutzes (HBsAk-Titer < 100 IU/ml) sollte sie geimpft werden.

Hepatitis B

Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist ein umhülltes DNA-Virus. Mehrere HBV-Genotypen (A–I) mit unterschiedlichem Verhalten hinsichtlich der Fibroseprogression und des HCC-Risikos sind bekannt.

Übertragung

Die Übertragung erfolgt parenteral ausschließlich von Mensch zu Mensch, wobei schon kleinste Blutmengen für eine Infektion ausreichend sein können. Die hauptsächlichen Risiken für die parenterale Übertragung sind – neben heterosexuellem Geschlechtsverkehr – Drogenabhängigkeit, Tätowierungen und Piercings. MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) tragen ebenfalls ein erhöhtes Risiko. Betroffen sind zudem Berufstätige im Gesundheitswesen und Einwohner von Gemeinschaftseinrichtungen. Mit einer Prävalenz von circa 3 % gehört die Hepatitis B zu einer der häufigsten Infektionskrankheiten mit etwa 240 Millionen Erkrankten weltweit. In Deutschland liegt die Krankheitshäufigkeit in der erwachsenen Bevölkerung bei 0,3 % [1]. Migranten aus Osteuropa und Asien sind vermehrt betroffen.

Impfung

Eine Hepatitis-B-Schutzimpfung ist seit 1995 Bestandteil der von der STIKO empfohlenen Grundimmunisierung bei Kindern. Bei Erwachsenen handelt es sich um eine Indikationsimpfung bei bestimmten Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Expositionsrisiko. Eine Vortestung auf bereits bestehende Immunität gegen eine Hepatitis B wird nicht generell empfohlen.

Die Grundimmunisierung beinhaltet drei Impfungen zu den Zeitpunkten 0, 1 und mindestens 6 Monate. Für einen besonders raschen Schutz ist das Schema 0 – 7 – 21 Tage für einige Präparate, gefolgt von einer vierten Impfung nach einem Jahr zugelassen. Eine Überprüfung des Impferfolgs ist bei der Grundimmunisierung bei Kindern nicht notwendig [2].

Infektiosität

Eine Ansteckungsfähigkeit besteht unabhängig von den Krankheitssymptomen grundsätzlich bei jedem Patienten mit nachweisbarem HBsAg bzw. positiver HBV-DNA. Eine hohe Infektiosität ist in der Regel schon einige Wochen vor Krankheitsausbruch feststellbar und hängt im Verlauf stark vom Ausmaß der Virämie und der Art des Kontakts ab [3].

Akute Hepatitis B

Die Inkubationszeit beträgt im Schnitt 60 – 120 Tage. Nach einem Prodromalstadium mit unspezifischen Symptomen entwickeln circa 30 % der Patienten einen ikterischen Verlauf. Klinisch inapparente Verläufe sind besonders bei Kindern häufig. Dagegen zeigen sich fulminante und protrahierte Verläufe vor allem bei Patienten mit vorbestehenden anderen Lebererkrankungen oder bei Simultaninfektion mit anderen viralen Hepatitiden.

Chronische Hepatitis B

Während bei Erwachsenen eine Chronifizierung mit positivem HBsAg über mehr als sechs Monate nur in maximal 5 % der Fälle auftritt, findet sich diese bei vertikaler Übertragung und bei (Klein-)Kindern in bis zu 90 % der Fälle [4]. Bei 10 – 20 % der Patienten sind extrahepatische Manifestationen festzustellen [5]. Patienten mit niedrig replikativer chronischer Hepatitis B (Viruslast < 2.000 IU/ml) und unter antiviraler Therapie mit einem Nukleos(t)idanalogon (vgl. unten) haben ein geringes Risiko für die Progression der Lebererkrankung. Allerdings besteht auch bei supprimierter Virusreplikation ein Risiko für die Entwicklung eines Leberzellkarzinoms (HCC), weshalb eine kontinuierliche Surveillance in sechs- bis zwölfmonatigen Abständen notwendig ist.

Diagnostik

Zur Basisdiagnostik bei Verdacht auf Virushepatitis gehören die Transaminasen, die GGT, AP und das Bilirubin sowie das Blutbild und die INR/Quick, um die Lebersyntheseleistung zu beurteilen. Der sonographische Befund einer akuten Hepatitis kann eine Organvergrößerung zeigen, ist ansonsten allerdings recht unspezifisch.

Bei chronischen Verläufen sollte der Arzt auf Zeichen der Leberfibrose bzw. -zirrhose und der portalen Hypertension achten.

Bis auf seltene Ausnahmen erfolgt die Diagnose einer akuten oder chronischen Hepatitis B über den Nachweis des HBs-Antigens. Um die Aktivität der Erkrankung zu bestimmen, werden zusätzlich das HBeAg und die HBV-DNA untersucht. Bei Patienten mit ausgeheilter Hepatitis B sind typischerweise antiHBc- als auch antiHBs-Antikörper nachweisbar, während nach alleiniger Impfung nur antiHBs gefunden werden (vgl. Tabelle 1).

Therapie

Eine akute Hepatitis B sollte bei Zeichen eines schweren Verlaufs mit Abfall der Lebersyntheseparameter antiviral behandelt werden. Bei der chronischen Hepatitis B besteht meist eine Therapieindikation bei Patienten mit einer Viruslast von mehr als 2.000 IU/ml und Zeichen einer Hepatitis (in der Regel GPT-Erhöhung) [6].

Die Therapie der akuten Hepatitis B erfolgt in der Regel symptomatisch und nur bei schweren Fällen mit der Gabe eines Nukleos(t)idanalogons (Entecavir oder Tenofovir) [7].

Zur Therapie der chronischen Hepatitis B wird in den meisten Fällen in Deutschland einmal täglich ein Nukleos(t)idanalogon (Entecavir oder Tenofovir) p.o. gegeben. Hierbei kommt es im Verlauf von Wochen bis Monaten bei praktisch allen Patienten zu einem Abfall der HBV-DNA-Konzentration unter 200 IU/ml. Parallel nimmt die Entzündungsaktivität ab. Meist ist eine Dauertherapie notwendig.

Alternativ kann eine zeitlich begrenzte Therapie mit PEG-Interferon alpha s.c. einmal pro Woche bis zu einem Jahr durchgeführt werden, was in maximal 10 % der Fälle zu einem HBs- Antigenverlust mit gegebenenfalls antiHBs- Serokonversion führen kann. Die Therapie mit PEG-Interferon alpha ist allerdings schlecht verträglich und u. a. bei Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose kontraindiziert.

Fall 2
Eine 21-jährige Frau stellt sich in der Lebersprechstunde vor. Sie hat nach einmaligem, intravenösem Drogenkonsum als Teenager eine chronische Hepatitis C, die 2011 diagnostiziert wurde. Ein Jahr später wurde ein Therapieversuch mit PEG-Interferon alpha unternommen, der erfolglos blieb.

Bei der jungen Patientin konnte ein HCV-Genotyp 1a mit einer Viruslast von 2.030.000 IU/ml ohne weitere Koinfektionen diagnostiziert werden. Bei leicht erhöhter GPT lag sonographisch ein unauffälliger Leberbefund vor. In der transienten Elastographie stellte man eine geringe Fibrose (F1) fest. Nach negativer Resistenztestung wurde eine Therapie mit Elbasvir/Grazoprevir eingeleitet.

Hepatitis D

Das Hepatitis-D-Virus ist ein inkomplettes RNA-Virus, das in seiner Replikation auf das Hepatitis-B-Virus angewiesen ist. Folglich kann ein Patient nur mit Hepatitis D infiziert sein, wenn die parenteral übertragbare Infektion entweder gleichzeitig mit dem HBV als Simultaninfektion erworben wird oder bei bestehender chronischer Hepatitis B als Superinfektion dazukommt [8].

In Deutschland werden jährlich weniger als 20 Patienten mit neu diagnostizierter HDV-Infektion an das Robert Koch-Institut gemeldet. Unter 5 % der Patienten mit HBsAg-Positivität sind gleichzeitig mit HDV infiziert. Mit einer höheren Prävalenz ist bei Patienten mit Migrationshintergrund aus süd- und osteuropäischen Ländern zu rechnen.

Impfung

Eine Hepatitis-B-Impfung bietet aus oben genannten Gründen gleichzeitig einen Schutz gegen die HDV-Infektion.

Infektiosität und Verlauf

Von einer Infektiosität ist auszugehen, solange man HDV-RNA im Blut nachweisen kann. Eine Simultaninfektion zeichnet sich durch einen schweren Verlauf aus, heilt allerdings in der Mehrzahl der Fälle aus. Bei einer häufig klinisch uncharakteristischen Superinfektion kommt es dagegen in über 90 % der Fälle zu einer Chronifizierung, was in einem insgesamt komplizierteren Verlauf, einer schnelleren Progression zur Zirrhose und einem größeren Risiko für die Entwicklung eines HCC resultiert [9].

Diagnostik

Bei jeder Neudiagnose einer Hepatitis B sowie jeder unklaren Exazerbation der chronischen Hepatitis-B-Infektion sollten die HDV-Antikörper bestimmt werden. Bei Positivität wird eine qualitative HDV-RNA-Bestimmung zur Bestätigung einer aktiven Infektion angeschlossen.

Therapie

Bis auf wenige Ausnahmen besteht bei der HBV/HDV-Koinfektion eine Therapieindikation. Die einzige derzeit verfügbare Therapie ist die mit PEG-Interferon alpha. Bei weniger als 20 % der Patienten kann damit eine dauerhafte Elimination des Hepatitis-D-Virus erreicht werden. Bei fortgeschrittener Zirrhose bleibt oft nur die Lebertransplantation. Neue Therapieoptionen werden in Studien evaluiert, sind aber auf absehbare Zeit nicht verfügbar.

Hepatitis C

Das Hepatitis-C-Virus ist ein RNA-Virus. Es werden sieben Genotypen mit zahlreichen Subtypen unterschieden. In Europa kommen die HCV-Genotypen 1 und 3 am häufigsten vor. Etwa 2 – 2,5 % der Weltbevölkerung leiden an einer chronischen Hepatitis C. In Deutschland geht man von einer Zahl von etwa 300.000 chronisch infizierter Patienten aus, von denen jedoch erst circa die Hälfte diagnostiziert ist.

Impfung

Eine Impfung gegen Hepatitis C wird es auf absehbare Zeit nicht geben.

Übertragung und Infektiosität

Eine Infektiosität ist anzunehmen, solange man HCV-RNA im Blut nachweisen kann. Die häufigsten Übertragungswege sind Nadelstichverletzungen sowie die Ansteckung durch Blut und Blutprodukte (bevor im Jahr 1991 ein Routinescreening in den Blutbanken eingeführt wurde). Während das Übertragungsrisiko in einer heterosexuellen monogamen Beziehung niedrig ist [10], ist das Risiko bei MSM hoch [11].

Diagnostik

Wegen der hohen Dunkelziffer sollte – neben allen Patienten mit erhöhten Leberwerten – jedem Menschen mit Risikofaktoren wie Drogenabusus, Bluttransfusionen und Migrationshintergrund ein HCV-Test angeboten werden. Der Nachweis von HCV-Antikörpern beweist einen Kontakt mit dem Virus, wobei eine Serokonversion erst innerhalb von einigen Wochen nach der Infektion stattfindet. Die akute bzw. chronische Infektion lässt sich durch den Nachweis der HCV-RNA beweisen [12]. Für die Therapieauswahl ist eine HCV-Genotypisierung erforderlich.

Akute Hepatitis C

Die Inkubationszeit beträgt im Schnitt sechs bis zwölf Wochen. Eine fulminante Hepatitis C ist selten. Nach einer akuten Infektion mit meist unspezifischen Symptomen kommt es in rund 70 % der Fälle zur Chronifizierung.

Chronische Hepatitis C

Eine chronische Hepatitis C liegt vor, wenn die HCV-RNA länger als sechs Monate nachweisbar ist. Der Verlauf ist oft asymptomatisch, die Beschwerden sind unspezifisch. Die Transaminasen-Erhöhung übersteigt meist nicht das Zwei- bis Dreifache der Norm. Extrahepatische Manifestationen sind nicht selten zu beobachten [13]. Dabei handelt es sich um hämatologische Erkrankungen, Autoimmunphänomene sowie renale und dermatologische Manifestationen. Unbehandelt entwickelt sich bei etwa 20 – 30 % der chronisch Erkrankten innerhalb von 20 – 30 Jahren eine Leberzirrhose.

Therapie

In den letzten Jahren hat die Therapie mit direkt antiviralen Agentien (DAA) die eingeschränkt wirksame und nebenwirkungsreiche Interferon-alpha-basierte Therapie abgelöst. Dies führte zu einer Revolution der Behandlungsmöglichkeiten. Derzeit sind verschiedene Protease-, NS5A- und Polymerase-Inhibitoren auf dem Markt, die als orale Kombinationstherapien bei praktisch allen HCV-Genotypen und Konstellationen in über 95 % der Fälle zu einer dauerhaften Viruseradikation führen. Die Therapiedauer beträgt typischerweise zwölf, in ausgewählten Fällen acht Wochen und ist sehr gut verträglich. Die Auswahl einer geeigneten Kombinationstherapie, die bei einigen Patienten um Ribavirin erweitert werden muss, erfolgt auf der Basis des HCV-Geno-/ und -Subtyps, der Vortherapie, der Viruslast und einer (dekompensierten) Zirrhose. Eine Zirrhose, HIV-Koinfektion sowie eine Methadon-Substitutionstherapie stellen meist keine Kontraindikation dar [14]. Arzneimittel-Wechselwirkungen sind zu beachten. Das Ansetzen neuer Medikamente während der Therapie mit DAA sollte mit dem behandelnden Hepatologen abgesprochen werden (Therapieoptionen vgl. Tabelle 2).


Literatur:
1. Poethko-Muller C, Zimmermann R, Hamouda O, et al (2013) Die Seroepidemiologie der Hepatitis A, B und C in Deutschland. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsblatt 56(5-6):707-15
2. RKI_Ratgeber für Ärzte. Hepatitis B und D. www.rki.de
3. Gerlich W, Glebe D, Schüttler C (2012) Infektiosität des Hepatitis B Virus. Hepatitis & More 1:32-41
4. McMahon BJ, Alward WL, Hall DB, et al (1985) Acute hepatitis B virus infection: relation of age to the clinical expression of disease and subsequent development of the carrier state. J Infect Dis 151:599-603
5. Han SH (2004) Extrahepatic manifestations of chronic hepatitis B. Clin Liver Dis 8:403-18
6. Cornberg M, Protzer U, Petersen J, et al (2011) Prophylaxis, diagnosis and therapy of hepatitis B virus infection – the German guideline. Z Gastroenterol 49:871-930
7. European Association for the Study of the Liver (2012) EASL Clinical practice guidelines: management of chronic hepatitis B. J Hepatol 57:167-85
8. Wedemeyer H, Manns MP (2010) Epidemiology, pathogenesis and management of hepatitis D: update and challenges ahead. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 7:31-40
9. Hughes SA, Wedemeyer H, Harrison PM (2011) Hepatitis delta virus. Lancet 378:73-85
10. Vandelli C, Renzo F, Romano L, et al. (2004) Lack of evidence of sexual transmission of hepatitis C among monogamous couples: results of a 10-year prospective follow-up study. Am J Gastroenterol 99:855-9
11. Boesecke C, Wedemeyer H, Rockstroh JK (2012) Diagnosis and treatment of acute hepatitis C virus infection. Infect Dis Clin North Am 26:995-1010
12. Sarrazin C, Berg T, Ross RS (2010) Prophylaxis, diagnosis and therapy of hepatitis C virus (HCV) infection: the German guidelines on the management of HCV infection. Z Gastroenterol 48(2):289-351
13. Zigneno AL, Craxi A (2008) Extrahepatic manifestations of hepatitis C virus infection. Clin Liver Dis 12:611-36
14. Sarrazin C, berg T, Buggisch P (2015) S3 Guideline hepatitis C addendum. Z Gastroenterol 53(4):320-34



Autor:

Prof. Dr. med. Christoph Sarrazin

St. Josefs Hospital, Medizinische Klinik II und Lebenszentrum
65189 Wiesbaden

Interessenkonflikte: Beratung: Abbott, AbbVie, BMS, Gilead, Intercept, Janssen, Merck/MSD, Roche.
Forschungsunterstützung: Abbott, Gilead, Janssen, Roche, Siemens.
Vortragstätigkeiten: Abbott, Abbvie, BMS, Gilead, Intercept, Janssen, Merck/MSD, Roche, Siemens



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (8) Seite 18-22