Muss nach durchgemachter Erkrankung in der Kindheit (z. B. Diphtherie, Masern, Mumps, Röteln etc.) trotzdem geimpft werden?
Einige Krankheiten – wie zum Beispiel Masern, Mumps, Röteln, Varizellen und Hepatitis A – hinterlassen eine natürliche Immunität. Bei anderen Erkrankungen wie zum Beispiel Tetanus und Diphtherie reichen die gebildeten Antikörper nach durchgemachter Erkrankung nicht für einen dauerhaften Schutz aus. Die Angaben zu in der Kindheit durchgemachten Infektionserkrankungen sind allerdings meist unzuverlässig und sollten deshalb laut STIKO bei der Planung von Nachholimpfungen nicht berücksichtigt werden.
Einzige Ausnahme zur Zuverlässigkeit anamnestischer Angaben sind die Varizellen ("Windpocken"). Studien belegen, dass die Angabe einer früher durchgemachten Varizellen-Erkrankung mit typischem klinischen Bild eine hohe Aussagekraft besitzt. Nach anamnestisch durchgemachten Windpocken ist die Varizellen-Impfung in der Regel nicht erforderlich. In Zweifelsfällen – also bei nicht ganz zuverlässigen anamnestischen Angaben – sollte die Varizellen-Impfung jedoch durchgeführt werden, da insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen Komplikationen der Varizellen (z. B. Pneumonie, Enzephalitis, Risiko der Fetopathie bei Erkrankungen in der Schwangerschaft) zunehmen.
Zudem besteht kein erhöhtes Risiko für Impfkomplikationen, wenn trotz durchgemachter Erkrankung geimpft wird.
Dr. med. Andreas H. Leischker, M.A.
Interessenkonflikte: Dr. Leischker hat Honorare/Reisekostenunterstützung von Pfizer, Novartis und Sanofi-Pasteur-MSD erhalten. Er ist Dozent und Mitglied der Akademie des Centrums für Reisemedizin (CRM) Düsseldorf
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (5) Seite 50