Ältere Patienten klagen häufig über Schlafstörungen. Sie müssen dann behandelt werden, wenn die Lebensqualität leidet, funktionelle Probleme im Alltag auftauchen oder die Selbstversorgung ungünstig beeinflusst wird. So groß die Zahl der Schlafstörungen, so unterschiedlich und vielfältig ist auch die Therapie.

Schlafstörungen sind häufiger Anlass für den Arztbesuch. Ist der Schlaf des Patienten nicht erholsam, vermindern sich sein Wohlbefinden und seine Lebensqualität. Die Folge: Er ist reizbar, weniger stresstolerant, seine Leistungsfähigkeit lässt nach.

Obwohl viele Patienten über schlechten Schlaf klagen – sowohl im Krankenhaus als auch in der Hausarztpraxis –, findet dies meist wenig Berücksichtigung. Gerade ältere Menschen leiden häufig darunter. Das Wissen um Schlafstörungen und die Abgrenzung des im höheren Alter noch normalen Schlafs von ernstzunehmenden Störungen sollten jedem geläufig sein, der ältere Patienten betreut. Tabelle 1 zeigt wichtige Fachbegriffe im Zusammenhang mit Schlaf.

Kenntnisse über die altersnormalen Veränderungen sind wichtig, um Fehlerwartungen des Patienten an das eigene Schlafvermögen zu korrigieren und normalen von relevant gestörtem Schlaf abzugrenzen [2]. Tabelle 2 zeigt die Schlafparameter, die sich mit zunehmendem Alter verändern. Die Daten stammen aus einer Metaanalyse mit 3.577 Probanden und einer Altersspanne von fünf bis 102 Jahren [3]. Die Gesamtschlafzeit nimmt demnach vom 40. bis zum 70. Lebensjahr um etwa zehn Minuten pro Lebensdekade ab und verändert sich danach kaum noch. Alle zehn Jahre sinkt der Tiefschlafanteil um etwa zwei und die Schlafeffizienz um etwa drei Prozent. Vom 30. bis zum 70. Lebensjahr steigt die nächtliche Wachzeit (WASO) um etwa zehn Minuten pro Lebensdekade an und bleibt dann etwa auf diesem Niveau. Weniger deutliche Veränderungen zeigten die Einschlaflatenz und der Anteil an Leichtschlaf (Schlafstadien 1 und 2). Die Zeit der 20-Jährigen, die sie brauchen, bis sie einschlafen, war um etwa 5 % kürzer als die der über 70-Jährigen [3].

Die Anamnese ist die Grundlage, um eine Schlafstörung im Alter abzuklären. Typischerweise klagen Patienten über Ein- und Durchschlafstörungen, Früherwachen, Tagesschläfrigkeit oder nicht erholsamen Nachtschlaf. Diese Symptome können einzeln oder in Kombination auftreten [4], erlauben aber noch keine verlässliche Diagnosestellung. Zur weiteren Abklärung haben sich Screeningfragen bewährt (Tabelle 3) [4].

Schlaflosigkeit (Insomnie) beim alten Menschen

Eine Insomnie liegt vor, wenn der Schlaf als ungenügend erlebt wird oder der Patient sich nach der üblichen Schlafzeit nicht erholt fühlt [1].
Die Diagnose darf gestellt werden, wenn die Symptomatik an wenigstens drei Tagen in der Woche auftritt und für wenigstens einen Monat andauert.

Etwa die Hälfte der älteren Menschen ist von einer Insomnie betroffen [5]. Untersuchungen zeigen, dass bei über 90 % der Personen höheren Alters die Schlaflosigkeit mit zusätzlich vorliegenden Erkrankungen assoziiert ist. Man sollte deshalb immer nach zugrunde liegenden Erkrankungen suchen (Tabelle 4) [6]. Höheres Lebensalter allein ist dabei kein isolierter Risikofaktor für die Entwicklung einer Insomnie. Lebenszufriedenheit, Sozialisation, geistige Gesundheit und Komorbiditäten sind wesentlichere Einflussfaktoren [3]. Ältere Menschen mit Insomnie stürzen häufiger, zeigen öfter kognitive Probleme, sind in ihrer Leistungs- und Selbstversorgungsfähigkeit deutlicher beeinträchtigt und haben eine höhere Mortalität als Ältere ohne Insomnie [4].

Behandlungsgrundlage der Insomnie im höheren Alter ist die konsequente Suche nach auslösenden Faktoren und Erkrankungen. Neben einer Umsetzung der Empfehlungen der Schlafhygiene (Tabelle 5), die eher mäßig wirksam ist, müssen vor allem depressive Episoden und persistierende Schmerzen erkannt und behandelt werden [7]. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen wie Stimuluskontrolle und Schlafrestriktion sowie Entspannungsverfahren sind auch bei alten Menschen wirksam [7, 8].

Mit der schlafphysiologischen Absenkung der akustischen Weckschwelle reagieren ältere Patienten auch auf relativ leise Geräusche mit Aufwachen – ein Problem gerade in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Einfache Maßnahmen, wie die Berücksichtigung dieser Tatsache durch die Mitarbeiter in Krankenhaus und Heim oder das Tragen von Ohrstöpseln durch den Patienten, können hier für Abhilfe sorgen. Konstante Bett- und Aufstehzeiten stabilisieren den Tag-Nacht-Rhythmus und wirken hierdurch schlaffördernd. Die im Bett nicht schlafend verbrachte Zeit sollte so gering wie möglich gehalten und auf Stimulanzien wie Kaffee, Alkohol oder Nikotin in den letzten Stunden vor dem Schlafengehen verzichtet werden. Viele alte Menschen sind empfindlich und können nach zehn Stunden noch unter dem schlafhemmenden Effekt einer Tasse Kaffee leiden. Nikotin hemmt das Einschlafvermögen. Alkohol führt nach initial verbessertem Einschlafen durch eine milde Entzugssymptomatik in der zweiten Nachthälfte zu Durchschlafstörungen.

Mittagsschlaf besser lassen

Schlafphasen tagsüber reduzieren das nächtliche Schlafvermögen ebenso wie abendliche körperliche Anstrengung und sollten daher unterbleiben. Opulente Mahlzeiten führen, wie auch Alkohol, zu einem häufiger unterbrochenen Nachtschlaf. Größere Flüssigkeitsmengen am Abend stören den Schlaf durch die induzierte Nykturie. Immobilität und langes Sitzen tagsüber, z. B. in Rollstühlen, führt zur Flüssigkeitseinlagerung in den Unterschenkeln. Die Umverteilung nach dem Zubettgehen fördert die Diurese und führt zu einer Nykturie mit entsprechendem Einfluss auf den Nachtschlaf [9].

Für die medikamentöse Behandlung von Schlafstörungen sind als Präparate-Gruppen Phytopharmaka, Benzodiazepine, Nicht-Benzodiazepin-Hypnotika und Antidepressiva mit sedierender Komponente sowie Melatonin bekannt [4].

Tabelle 6 zeigt eine Auswahl gängiger Medikamente bei Insomnie. Der kurzfristige Einsatz (bis zu vier Wochen) kann durch den schnellen Wirkeintritt sinnvoll sein, um den Patienten zu entlasten. Gerade im höheren Lebensalter besteht jedoch das Problem der Langzeiteinnahme von Hypnotika bei relativ guter Verträglichkeit und fehlender Dosissteigerung.

Hier muss individuell und pragmatisch abgewogen werden, ob eine Weiterverordnung im Gesamtkontext nicht die weniger schlechte Vorgehensweise ist. Zu bedenken bleibt jedoch, dass die chronische Einnahme von Benzodiazepin-Hypnotika mit einem Verlust an Muskelmasse assoziiert ist und damit den Syndromen Sarkopenie (Muskelmasseverlust) und Frailty (Gebrechlichkeit) Vorschub leisten kann.

Nach anderen Erkrankungen suchen

Da es praktisch keine Langzeitstudien zum Nachweis einer anhaltenden Wirksamkeit für die Hypnotika-Behandlung gibt, muss man gerade im hohen Lebensalter oft von einer komorbiden Insomnie ausgehen. Weil die Nebenwirkungen einer Therapie mit Hypnotika bei alten Menschen mit Verwirrtheit, Inkontinenz, Muskelschwäche und Sturz erheblich sind, sollte die Indikation streng gestellt werden [4]. Viel bedeutsamer ist die intensive Suche und Behandlung verursachender Komorbiditäten [4].


Literatur
1. Mayer G, Fietze I, Fischer J et al. (2011)
S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen. Kurzfassung. DGSM, Berlin, Heidelberg.
2. Cooke JR, Ancoli-Israel S (2011)
Normal and abnormal sleep in the elderly. Handb Clin Neurol 98:653–665.
3. Ohayon MM, Carskadon MA, Guilleminault C, Vitiello MV (2004)
Meta-analysis of quantitative sleep parameters from childhood to old age in healthy individuals: developing normative sleep values across the human lifespan. Sleep 27:1255–1273.
4. Bloom HG, Ahmed I, Alessi CA et al. (2009)
Evidence-based recommendations for the assessment and management of sleep disorders in older persons. J Am Geriatr Soc 57:761–789.
5. Ancoli-Israel S (2000)
Insomnia in the elderly: a review for the primary care practitioner. Sleep 23 Suppl 1:S23-30; discussion S36-8.
6. Lichstein KL, Durrence HH, Bayen UJ, Riedel BW (2001)
Primary versus secondary insomnia in older adults: subjective sleep and daytime functioning. Psychol Aging 16:264–271.
7. Martin JL, Ancoli-Israel S (2002)
Assessment and diagnosis of insomnia in non-pharmacological intervention studies. Sleep Med Rev 6:379–406.
8. Martin J, Shochat T, Ancoli-Israel S (2000)
Assessment and treatment of sleep disturbances in older adults. Clin Psychol Rev 20:783–805.
9. Kupelian V, Wei JT, O‘Leary MP, Norgaard JP, Rosen RC, McKinlay JB (2012)
Nocturia and quality of life: results from the Boston area community health survey. Eur. Urol. 61:78–84.



Autor:

Priv.-Doz. Dr. med. Helmut Frohnhofen

Kliniken Essen Mitte, Knappschaftskrankenhaus
45276 Essen

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (19) Seite 16-20