Neben der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist das Diabetische Fußsyndrom (DFS) eine wesentliche Ursache für das Auftreten von Wunden an den Füßen. Während sich die der PAVK zugrunde liegende Makroangiopathie mittels revaskularisierender Maßnahmen behandeln lässt, gibt es bei der Mikroangiopathie des DFS bisher keine kausale Therapiemöglichkeit.

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) ist eine Makroangiopathie und Folge einer progressiven Atherosklerose der Bein- und Fußgefäße. Das Diabetische Fußsyndrom (DFS) dagegen ist eine Mikroangiopathie, die zu typischen Veränderungen der Fußstatik, der Gewebeperfusion und der Schutzfunktionen des Fußes führt.

Makroangiopathie

Die Definition der Makroangiopathie hat nichts mit der Gefäßgröße zu tun. Jeder sonographisch oder angiographisch darstellbare Gefäßverschluss, auch wenn er nur die Zehenarterien betrifft, ist eine Makroangiopathie. Eine Mikroangiopathie ist in dieser Bildgebung nicht darstellbar. Eine Makroangiopathie führt abhängig von ihrem Ausmaß immer zu einer arteriellen Minderperfusion des nachgeschalteten Gewebes und die Therapie der Wahl ist die Revaskularisation (Abb. 1). Sie gelingt bis zu den pedalen Gefäßen mittels Katheterintervention oder Operation und im Bereich der mit diesen Techniken nicht angehbaren Arterien kann die Gabe von Prostaglandinen oder Prostacyclinen die Perfusion verbessern.

Definitionsgemäß liegt eine PAVK vor, wenn der Knöchel-Arm-Index (engl: Ankle-Brachial-Index, kurz ABI) < 0,9 ist.

Eine Chronisch Kritische Ischämie liegt vor, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

Patient mit Ruheschmerz oder schlecht heilender Wunde und
  • einem absoluten Knöchelarteriendruck <50 – 70 mmHg oder
  • einem absoluten Zehenarteriendruck < 30 – 50 mmHg oder
  • einem transkutanen Sauerstoffpartialdruck < 30 – 50 mmHg.

Chronisch Kritische Ischämie

Innerhalb der pAVK-Patienten werden Patienten mit der Chronisch Kritischen Ischämie (CKI) gesondert betrachtet, da diese Patienten hinsichtlich ihrer Lebenserwartung und ihres Beinerhalts eine ungünstige Prognose haben [2].

Eine CKI liegt vor, wenn Ruheschmerz oder Wunden am Fuß vorhanden sind und die Ischämie durch objektive Verfahren gesichert ist (vgl. Kasten). Im Gegensatz zu Claudicatio-Patienten, bei denen die Ischämie nur bei Belastung auftritt, liegt bei der CKI auch in Ruhe eine eingeschränkte Perfusion vor. Die Diagnose CKI ist vollkommen unabhängig von dem Vorliegen eines Diabetes zu stellen.

Mikroangiopathie

Bei der diabetischen Mikroangiopathie am Fuß handelt es sich nicht um eine okkludierende Verschlusskrankheit der kleinen Gefäße, sondern um eine funktionelle Störung der Gewebenutrition. Im Fuß sind die nutritiven Kapillaren, die das Blut zur Haut transportieren, in funktionelle Untergruppen eingeteilt. Jede dermale Papille ist dabei von drei Kapillarschlingen versorgt (Abb. 2). Die fehlende Regulation der Gewebeperfusion durch die Zerstörung der autonomen Nerven führt initial zu einer präkapillären Vasodilatation mit gesteigerten Shuntvolumina an der Haut vorbei. Klinisch zeigt sich ein warmer erythematöser Fuß. Die nutritive Kapillare der Haut wird dabei nicht perfundiert.

Bei diabetischen Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung ist zusätzlich die sekretorische Funktion des Endothels verloren gegangen und die Kapillarperfusion wird nicht durch die lokale NO-Freisetzung bedarfsabhängig geregelt. Selbst wenn eine Arteriosklerose der zuführenden Gefäße fehlt, werden die kompromittierten nutritiven Kapillaren schließlich ischämisch [1]. Diese Veränderungen verursachen eine relative oder absolute Ischämie in den dermalen Papillen, so dass sie sich nicht länger den metabolischen Erfordernissen des Gewebes anpassen können. So kann es eine nicht heilende Wunde direkt neben einem tastbaren Fußpuls geben.

Therapeutische Konsequenzen

Eine PAVK und auch die fortgeschrittene PAVK im Stadium der CKI profitieren von einer Revaskularisation. Eine kausale Therapie der diabetischen Mikroangiopathie am Fuß gibt es nicht. Trotz rarefizierter Kapillaren und verdickter Basalmembran liegt letztlich keine okkludierende Mikroangiopathie vor, bei der es gilt, Gefäße zu eröffnen oder mehr Blut in den Fuß zu bekommen. Im Vordergrund steht die funktionelle Störung durch die fehlenden vaskulären Autoregulationsmechanismen der Gefäße mit resultierender kutaner Ischämie (vgl. Kasten).

Definition der diabetischen Mikroangiopathie
  1. Es liegt eine verdickte Basalmembran vor.
  2. In dem Umfeld sklerosierter Basalmembranen ist die Anzahl papillärer Kapillaren reduziert.
  3. Die vaskulären Autoregulationsmechanismen gehen verloren (sekretorische Funktion des Endothels, neurovaskuläre Regulation).
  4. Daraus erfolgt ein hohes nicht-nutritives Shuntvolumen mit Minderperfusion der papillären Kapillare.


Als kausale Therapie wäre die Wiederherstellung der sekretorischen Funktion des Endothels (NO-Synthese) und der neurovaskulären Regulation durch die Therapie der Polyneuropathie denkbar. Für beides fehlen bis heute effektive therapeutische Optionen. So bleibt letztlich nur die Druckentlastung. Sie erhält die Restperfusion der kutanen Kapillaren und damit die für die Nutrition des Gewebes wichtige Gefäßversorgung.


Literatur:
Jensen T, Bjerre-Knudsen J, Feldt-Rasmussen B, et al: Features of endothelial dysfunction in early diabetic nephropathy. Lancet 1: 461, 1989
Norgren L, Hiatt WR, Dormandy JA, Nehler MR, Harris KA, Fowkes FG, TASC II Working Group. Inter-Society Consensus for the Management of Peripheral Arterial Disease (TASC II). J Vasc Surg 2007; 45 (Suppl.): S5–S67



Autor:

Prof. Dr. med. Knut Kröger

Helios Klinikum Krefeld GmbH
Klinik für Gefäßmedizin – Angiologie
47805 Krefeld

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (10) Seite 48-51