Streitigkeiten einvernehmlich zu lösen spart nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch Kosten. Die Mediation ist ein Konfliktlösungsverfahren, das eine gerichtliche Auseinandersetzung verhindern und damit die Kosten der Streitbeilegung erheblich senken kann. Durch Kommunikation auf Augenhöhe ist es den Konfliktparteien eher möglich, gestärkt aus der Auseinandersetzung hervorzugehen.

Möglicherweise kennen Sie die Situation: Zwei Mitarbeiterinnen verstehen sich nicht, und es kommt zu ständigen Streitereien am Arbeitsplatz. Das hat natürlich Folgen für das Arbeitsklima in der Praxis. Patienten haben im Wartebereich genügend Zeit und Gelegenheit, diese Szenen zu beobachten und die Stimmung in der Praxis zu inhalieren. Ebenfalls energiereich aufgeladen können Konflikte zwischen Praxisinhaber und Mitarbeitern oder sogar unterschwellige Konflikte zwischen den Ärzten in einer Berufsausübungsgemeinschaft sein. Die entsprechenden Verträge regeln oftmals nicht das, was später zum Konflikt führt: zum Beispiel unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich der Unternehmensführung, verschiedene medizinische Ausrichtungen und therapeutische Vorgehensweisen, unterschiedlich hohe Patientenzahlen, die Art und Weise der Personalführung, unterschiedliche Arbeitsgeschwindigkeiten, Dissens in Finanzfragen und Verschiedenes mehr.

Unstimmigkeiten und Konflikte entwickeln sich oft langsam, aber kontinuierlich – vor allem, wenn ein Gespräch mit dem Gegenüber dauerhaft umschifft wird. Der Einsatz von Konfliktvermeidungsstrategien oder ein unangemessenes Konfliktmanagement führen häufig dazu, dass irgendwann das gemeinsame Gespräch gänzlich ausbleibt. Ungelöste Konflikte innerhalb der Praxis binden wie in jedem anderen Unternehmen auch wertvolle Energien, stören die Arbeitsabläufe und beeinträchtigen neben den Arbeitsbeziehungen auch das wirtschaftliche Ergebnis. Wird der Konflikt nach außen getragen, kann sich dieser sogar rufschädigend für die Praxis auswirken.

Während vor allem seit der Verabschiedung des Mediationsgesetzes im Jahr 2012 immer mehr Unternehmen die Vorteile einer Wirtschaftsmediation nutzen, um effektive sowie nachhaltige Lösungen zu erzielen und um langwierige, kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, wird das Potenzial der Mediation als Konfliktlösungsverfahren in der Arztpraxis noch längst nicht ausgeschöpft.

Was ist Mediation?

Im Mediationsgesetz (MediationsG) ist der Begriff wie folgt festgelegt: „Die Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.“ Der Mediator oder die Mediatorin ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch den Prozess der Mediation führt. Dieser sogenannte „allparteiliche Dritte“ unterzieht sich während des Prozesses einer sogenannten „Lösungsaskese“, das heißt, der Mediator schlägt keine Lösungen vor. Diese werden vielmehr von den Streitparteien selbst erarbeitet, um einvernehmlich und nachhaltig tragfähig zu sein. Die Mediation sorgt in diesem Prozess für eine Gesprächsführung auf Augenhöhe. Dies wirkt sich häufig auf die Beziehungsebene positiv aus, gerade in der Berufswelt, wenn Kollegen sich häufig begegnen und gemeinsam arbeiten. „Mediation ist mehr als die Bearbeitung von Konflikten zwischen zwei oder mehreren Personen. Sie sieht aus systemischer Sicht den Gesamtzusammenhang zwischen Organisation, ihren Strukturen und Zielen und den beteiligten Personen.“ (Rieforth/Fackler)

Phasen und Ablauf einer Mediation

In einem unverbindlichen Vorgespräch wird zunächst der Auftrag geklärt. Dabei ist die Freiwilligkeit der beteiligten Parteien ein Grundprinzip der Mediation, ebenfalls die zugesicherte Vertraulichkeit und gesetzliche Verschwiegenheit des Mediators. Der Prozess der Mediation erstreckt sich klassisch auf fünf Phasen:

In der ersten Phase erörtert der Mediator die Rahmenbedingungen, weist auf Kommunikationsregeln hin, erläutert nochmals das Verfahren und klärt die Rollen. Dabei versteht er sich als Strukturexperte. Die inhaltlichen Experten bleiben die Konfliktparteien. Der Blick auf eine gemeinsame und tragfähige Konfliktlösung ist hier das Ziel.

Die Situation in der zweiten Phase der Mediation ist zunächst oft noch konfrontativ, so dass die Mediation darauf bedacht ist, immer wieder die Darstellungen der Einzelnen zusammenzufassen, relevante Einzel- und gemeinsame Themen herauszuarbeiten, zu veranschaulichen sowie auf die vereinbarten Kommunikationsregeln hinzuweisen. In der Phase der Klärung (drei) besteht das Ziel darin, Konflikthintergründe und Motivationen der Einzelnen zu verdeutlichen. Hier leistet die Mediation häufig geübte „Übersetzungsdienstleistungen“, um die Sichtweise des Einzelnen für den anderen nachvollziehbar zu machen; erst dann ist ein Perspektivenwechsel und ein mögliches Verständnis für die Sicht des anderen möglich. Der Mediationsprozess nimmt in dieser Phase idealerweise eine Wende: Mit dem Verständnis für die Sicht des anderen wird der Blick eher für mögliche Lösungen frei. Lösungsvorschläge werden in der vierten Phase gemeinsam oder einzeln gesammelt, erarbeitet und gemeinsam auf Umsetzbarkeit hin bewertet. In Phase fünf erfolgt eine schriftliche Vereinbarung, die bei Bedarf durch einen externen Berater, z. B. durch einen Rechtsanwalt, überprüft werden kann.

Wann ist eine Mediation sinnvoll?

Eine Mediation ist dann sinnvoll, wenn Streitparteien nicht mehr in der Lage sind, ihren Konflikt alleine zu lösen, wenn komplexe Sachverhalte auf vielschichtige Beziehungskonstellationen treffen und beispielsweise Kommunikationsstörungen der Auslöser für die Konflikte waren. Besonders positiv wirkt sich die Mediation auf die Beziehungsgestaltung von Parteien aus, die auch künftig weiter in einem Arbeitskontext miteinander zu tun haben werden.

Eine echte Chance stellt die Mediation mit präventivem Charakter dar. Hier wird im Sinne einer Konfliktprävention zum Beispiel noch vor dem Vertragsabschluss einer Berufsausübungsgemeinschaft geklärt, was dem Einzelnen „zwischen den Zeilen“ wichtig ist, und vorsorglich vertraglich geregelt, wie mit eintretenden Zukunftsszenarien umgegangen werden kann. Ein neutraler Dritter kann hier für einen konstruktiven und entspannteren Gesprächsverlauf sorgen.

Auch die Mediation hat allerdings ihre Grenzen. Die findet sie beispielsweise dann, wenn die Vergiftung des Miteinanders über ein gewisses Maß hinausgeht und es den Parteien in erster Linie um den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Untergang des anderen geht oder wenn eine Partei die Mediation ablehnt.

Was kostet Mediation?

Im Vergleich zu Rechtsanwalts- und Gerichtskosten sind die Gesamtkosten einer Mediation relativ gering. Der Mediationsprozess erstreckt sich je nach Situation über mehrere anderthalb- bis zweistündige Sitzungen; das Honorar liegt zwischen 120 und 340 Euro pro Zeitstunde. Mediatoren mit entsprechender Ausbildung finden Sie in verschiedenen Berufsgruppen, vorwiegend unter Rechtsanwälten, Diplompsychologen, Diplompädagogen oder Sozialpädagogen je nach bevorzugtem Einsatzbereich. Ein Rechtsanwalt kann allerdings nur in einer Funktion für Sie tätig sein, als Rechtsanwalt oder als Mediator.

Fazit

Nicht jeder Konflikt muss vor Gericht ausgetragen werden oder in einer Kündigung enden. Nutzen Sie die Chancen, die in einer Mediation liegen!



Autor:

Dipl.-Päd. Petra Korioth, Ratingen

Mediatorin/Wirtschaftsmediatorin
40882 Ratingen

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (10) Seite 72-74