Exazerbationen einer COPD sind gekennzeichnet durch akute Verschlechterungen der Grundkrankheit mit Zunahme von Dyspnoe und oft auch von Sputummenge. Eine Exazerbation früh zu erkennen und adäquat zu behandeln ist entscheidend für die Prognose des Patienten. Denn je ausgeprägter und länger eine Exazerbation war, desto größer ist das Risiko für weitere Exazerbationen, was wiederum die Sterblichkeit erhöht. Als Erstmaßnahmen sind kurzwirksame Bronchodilatatoren, Steroide und eventuell Sauerstoff indiziert. Ob und wenn ja welche Antibiotika zum Einsatz kommen, hängt vom Schweregrad der Exazerbation ab.
Die COPD führt über eine chronische Entzündung und Remodeling der kleinen Atemwege sowie Destruktion des Lungenparenchyms zu einer Flusslimitation. In einzelnen Fällen kann es zu einer zusätzlichen Destruktion des pulmonalen Kapillarbettes kommen. Neben einer bronchitischen Komponente kann sich eine Lungenüberblähung bzw. ein Lungenemphysem mit Verlagerung der Atemmittellage bemerkbar machen [1].
Exazerbationen als Prognosefaktor
Funktionell wird die Schweregradeinteilung der COPD nach der FEV1 vorgenommen. Darüber hinaus gehen in die neue Stadieneinteilung nach GOLD [2] auch der Grad der Dyspnoe und die Häufigkeit der Exazerbationen mit ein. Dies unterstreicht die Relevanz der Exazerbation für die Prognose der Erkrankung. So führen schon mehr als zwei Exazerbationen im Jahr zu einer Einstufung der COPD in die höchsten Kategorien C oder D.
Im Rahmen der akuten Exazerbation der COPD (AE-COPD) verschlimmert sich die Lungenüberblähung [3]. Diese stellt ihrerseits einen prognostischen Faktor dar [4]: Patienten mit erhöhtem intrathorakalem Gasvolumen und verminderter inspiratorischer Kapazität (gemeinhin "Pink Puffer") haben im Vergleich zu Patienten mit geringerer Überblähung eine reduzierte Lebenserwartung.
Patienten mit begleitender bronchialer Hyperreaktivität, die zu einem raschen Anstieg des Atemwegswiderstandes führen kann, sind im Rahmen einer COPD-Exazerbation besonders gefährdet, eine Lungenüberblähung zu entwickeln. Dieser Asthma-ähnliche Verlauf ist angesichts häufigerer Exazerbationen wiederum mit schlechterer Lebensqualität, häufigerer Inanspruchnahme von Behandlungen und erhöhter Mortalität assoziiert [4, 5, 6]. Gerade bei dieser Patientengruppe ist es daher wichtig, Exazerbationen zu vermeiden.
Nach den GOLD-Guidelines – Update 2015 [2] – erfolgt die dauerhafte Behandlung der COPD in den Stufen C und D, die entweder durch häufigere Exazerbationen oder schwere funktionelle Beeinträchtigung gekennzeichnet sind, mit einer Kombinationsbehandlung aus langwirksamen Betamimetika und/oder Anticholinergika zusammen mit inhalativen Steroiden.
Definition und Ursachen der Exazerbation
Nach den GOLD-Guidelines [2] handelt es sich bei einer Exazerbation der COPD um "ein akutes Ereignis, das durch eine Verschlechterung der respiratorischen Symptome eines Patienten gekennzeichnet ist, die über die normale Tag-Tag-Variation hinausgeht und zu einer Änderung der Medikation führt."
Nach Aaron SD et al. [7] kann zwischen zwei Formen des Exazerbationsverlaufs unterschieden werden. So gibt es Patienten mit raschem Symptombeginn schon am ersten Tag und maximalen Symptomen am zweiten Tag, während die andere Gruppe erst nach einem Prodromalstadium von drei Tagen die ersten Exazerbationssymptome und oft erst nach weiteren drei Tagen die Hauptsymptome aufweist. Während die erste Exazerbationsform mit früheren und ausgeprägteren Symptomen eine raschere Erholung innerhalb von vier bis fünf Tagen zeigt, kann sich der Verlauf der zweiten Gruppe über neun bis zehn Tage hinziehen.
Die COPD-Exazerbation stellt einen wesentlichen prognostischen Faktor im Verlauf einer COPD dar [8]. So besteht nach der ersten Exazerbation nur eine 5-Jahres-Überlebensrate von 40 %. Mit der zweiten Exazerbation kommt es zu einer raschen Abnahme des Gesundheitsstatus und einer erhöhten Mortalität in den Wochen nach jeder weiteren Exazerbation. Dabei ist das Risiko umso höher, je ausgeprägter die vorbestehende funktionelle Beeinträchtigung (nach FEV1) ist [9]. Einfacher gesagt: Je schwerer die COPD desto statistisch mehr Exazerbationen. Dies betrifft auch den Outcome der Patienten, so dass das Überleben nach einer vorausgegangenen Exazerbation für Patienten mit höheren GOLD-Graden deutlich reduziert ist [9].
Das Ziel einer Behandlung der Exazerbation muss auf einer Minimierung der Folgeerscheinung beruhen, dies betrifft sowohl die akuten Beeinträchtigungen hinsichtlich der respiratorischen Symptome einschließlich einer ventilatorischen Insuffizienz als auch die langfristigen Folgen mit weiterer funktioneller Verschlechterung, weiteren Exazerbationen und erhöhter Mortalität.
Die häufigsten Gründe der Exazerbation sind Virusinfekte des oberen Atemwegstraktes oder Infektionen des tracheobronchialen Systems. Insgesamt kann in 70 – 80 % eine infektiöse Triggerung ausgemacht werden, in 25 – 50 % eine bakterielle Genese. Die häufigsten angetroffenen Bakterien sind Haemophilus influenzae, Moraxella catarrhalis, St. pneumoniae, in seltenen Fällen Pseudomonas, Chlamydien oder Mykoplasmen. Von den Viren sind es im Wesentlichen Rhinoviren und RS-Viren. Darüber hinaus müssen nicht-infektiöse Ursachen wie Umwelteinflüsse, Kälte, kardiale Dekompensationen und Lungenembolien berücksichtigt werden [10 – 12]. So muss bei Patienten mit Indikation zur stationären Behandlung mit einer Prävalenz einer Lungenembolie von 25 % gerechnet werden [13].
Die deutsche S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der unteren Atemwegsinfektionen [14] benutzt die Einteilung der Exazerbationen nach Stockley:
Typ I: Zunahme der Dyspnoe, ggf. der Sputummenge
Typ II: Zunahme der Dyspnoe, ggf. der Sputummenge sowie eitriges Sputum.
Die mikrobiologische Untersuchung des Sputums wird mit Empfehlungsgrad C dann empfohlen, wenn häufige Exazerbationen (≥ 3/Jahr), ein Therapieversagen oder schwere Erkrankungen mit V. a. multiresistente Bakterien vorliegen. Dies setzt aber voraus, dass makroskopisch purulentes Sputum vorliegt und ein Transport und Verarbeitung der Sputumproben innerhalb von 2 – 4 h gewährleistet sind.
Indikation zur stationären Therapie
Eine stationäre Behandlung ist bei einer mittelschweren Exazerbation mit schwerer Atemnot, schlechtem Allgemeinzustand, Bewusstseinstrübung, Zunahme von Ödemen/Zyanose und neu aufgetretenen Arrhythmien indiziert [14] (vgl. auch Übersicht 1).
Medikamentöse Maßnahmen
Wichtig ist neben einer raschen Behandlung auch eine Schulung des Patienten, so dass er im Fall einer Exazerbation ggf. mit einer Selbstmedikation die Symptome und den Verlauf beeinflussen kann.
Als Erstmaßnahme kommen zunächst – ergänzend zur bisherigen Medikation – kurzwirksame Bronchodilatatoren wie Salbutamol, Fenoterol und/oder Ipratropiumbromid mit initial 1–2 Hüben alle 10 – 15 Minuten zum Einsatz. Ebenso möglich sind mehrmalige tägliche Inhalationen über Vernebler (z. B. 4- bis 8-stündlich Salbutamol-Fertiginhalationslösung [1,25 oder 2,5 mg] oder 4- bis 8-stündlich Ipratropiumbromid [0,25 oder 0,5 mg] zusammen mit einem Beta-2-Sympathomimetikum und jeweils unter Berücksichtigung der Tageshöchstdosen sowie Kontraindikationen).
Sofern eine Beeinträchtigung der Sauerstoffsättigung vorliegt, ist die zusätzliche Gabe von Sauerstoff angezeigt. Ziel sollte eine Sauerstoffsättigung von 88 – 92 % sein. Wichtig ist eine Titration des Sauerstoffflows, da zu hohe Sauerstoffflowraten das Risiko einer Hyperkapnie und respiratorischen Azidose erhöhen [15]. Sofern ein Patient niedrige Sauerstoffsättigungswerte aufweist und noch nicht mit einer Sauerstofftherapie versorgt ist, kann dies einen Grund für eine stationäre Behandlung darstellen. Hat der Patient schon eine Sauerstofftherapie, so ist der Flow gemäß den genannten Zielgrößen anzupassen. Bei sich weiter verschlechternden Sättigungswerten sollte auch hier die Indikation zur stationären Behandlung gestellt werden.
Als weitere Maßnahme kommt die Gabe systemischer Steroide zum Einsatz. Steroide führen zu einer rascheren Erholung, einer Verbesserung von FEV1 und SaO2, reduzieren das Risiko des Frührezidivs, des Behandlungsversagens und ggf. einer verlängerten Klinikaufenthaltsdauer. Wurden bislang Dosierungen von 30 – 40 mg Prednisolon für 10 – 14 Tage empfohlen, so kann nach Daten des Reduce-Trial ein gleich gutes Ergebnis – sowohl was die Zeit bis zur Re-Exazerbation als auch das Überleben angeht – durch eine fünftägige Gabe von 40 mg Methylprednisolon erzielt werden [16]. Bei Patienten mit einer Asthma-overlap-Symptomatik und schwerer Obstruktion sollte eine Steroidtherapie mit längerer Dauer oder mehrmals täglicher Gabe erfolgen. Ziel muss jedoch sein, eine Dauersteroidtherapie zu vermeiden.
Antibiotische Therapie
Für die leichtgradige COPD-Exazerbation sollte eine antimikrobielle Therapie nur bei funktionellem GOLD Grad III (FEV1: 30 – 50 % des Soll) oder IV (FEV1: < 30 %) und Stockley Grad II erfolgen; liegt eine mittelschwere Exazerbation der COPD vor, wird bei Stockley Grad II eine Antibiose angeraten, während bei einer schweren AE-COPD immer eine Antibiose erfolgen sollte [14].
Für die Auswahl der Antibiotika wird bei leichtgradiger AE-COPD (ambulante Therapie) mit Stockley II und COPD-Stadium III oder IV (FEV1: < 50 %) die Gabe eines Aminopenicillins ohne ß-Laktamaseinhibitor, z. B. Amoxicillin oder Ampicillin, empfohlen; als Alternative kommt ein Makrolid oder Tetracyclin in Betracht [14].
Bei hospitalisierten Patienten, also einer mittelschweren und schwergradigen AE-COPD, erfolgt eine Antibiotikatherapie gemäß dem Risikoprofil des Patienten (Pseudomonas-Risiko, Bronchiektasie, Beatmungspflichtigkeit).
Grundsätzlich ist bei allen Formen der AE-COPD mit Indikation zur Antibiotikatherapie auf eine entsprechende Wirksamkeit gegenüber Pneumokokken zu achten, da diese eine häufige bakterielle Ursache der Exazerbation darstellen.
Die Dauer der Antibiotikatherapie wird für Azithromycin mit drei Tagen, für die übrigen Makrolidantibiotika, Tetrazykline sowie für Amoxicillin und Cephalosporine mit sieben Tagen angegeben, während die Behandlungsdauer mit Chinolonen fünf Tage beträgt.
Entscheidend ist, den Therapieerfolg engmaschig zu kontrollieren. Wenngleich keine definierten Daten zum Ansprechen vorliegen, so kann dies an klinischen Zeichen festgemacht werden. Dies sind im ambulanten Bereich Besserung der Dyspnoe, Rückgang der Sputummenge und Aufklaren der Sputumfarbe. Bei einer Symptompersistenz trotz adäquater Therapie über 48 – 72 h ist von einem Therapieversagen auszugehen.
Sofern Patienten eine ausgeprägte bronchiale Obstruktion im Rahmen der Exazerbation aufweisen, die auf die initiale Therapie nicht anspricht, ist die Indikation zur stationären Behandlung gegeben.
Exazerbationsprophylaxe
Nach neueren Daten scheint die Gabe von Azithromycin, das über einen immunmodulatorischen Effekt verfügt, weiteren Exazerbationen vorzubeugen [17]. Empfehlungen für einen routinemäßigen Einsatz gibt es bislang jedoch noch nicht, so dass die Indikation individuell entschieden werden muss.
Wichtig ist, für den Patienten einen Exazerbationsplan zu entwickeln und ihn entsprechend zu schulen. Hierdurch können der Exazerbationsverlauf und die Prognose günstig beeinflusst werden [18].
Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (10) Seite 42-46