Keine Vertreterpauschale mehr

Ab 01.04.2015 gilt für den Hausarzt: Die Vertreterpauschale nach Ziffer 03 010 ist abgeschafft! Ab dann wird bei jedem hausärztlichen Patienten beim Erstkontakt die Ziffer 03 000 abgerechnet.

Damit entfällt in Urlaubszeiten die Überlegung, ob ein Patient, der die Praxis aufsucht, ein "eigener" Patient oder bei einem Kollegen in Behandlung ist, von dem man durch Inserat oder Anrufbeantworter als Vertreter benannt wurde. In diesem Fall war bisher nur die 03 010 als Ordinationsgebühr möglich (halber Wert).

Künftig wird also immer die 03 000 angesetzt und damit auch die 03 040 ("Hausarztpauschale") in voller Höhe von der KV zugesetzt. Bisher war sie im Vertretungsfall nur in halber Höhe ausbezahlt worden.


Neuregelung der EBM-Ziffer 03 230 ("hausärztliche Gesprächsziffer")


Frage: Bisher habe ich die hausärztliche Gesprächsziffer nach 03 230 nur sehr selten angesetzt. 10 Minuten sind im Rahmen einer vollen Sprechstunde eine lange Zeit, und die Erfordernis, dass dieses Gespräch in Zusammenhang mit einer lebensverändernden Erkrankung stehen muss, hatte mich hier zur Zurückhaltung veranlasst. Eigentlich habe ich die Ziffer nur abgerechnet, wenn eine Krebserkrankung neu aufgedeckt oder ein neuer Diabetes diagnostiziert wurde. Kann ich die Ziffer jetzt großzügiger ansetzen?

Antwort: Die 10 Minuten Mindestdauer bestehen weiter als Abrechnungsvoraussetzung und erlauben keine Interpretation. Die Streichung der "lebensverändernden Erkrankung" dagegen sorgt jetzt für Abrechnungsklarheit. Mangels klarer Vorgaben war es bisher der Phantasie des Kollegen überlassen, was "lebensverändernd" bedeutet. Für den einen galt dies erst bei Neuauftreten eines Malignoms, bei einem anderen Kollegen war es bereits der Rat, sich täglich eine ASS 100 einzuverleiben, da hiermit das Blutungsrisiko ansteigt und möglicherweise einige Gewohnheiten im Hobbybereich (z. B. Arbeiten mit der Kreissäge) jetzt verändert, das heißt vorsichtiger ausgeführt werden müssen.

Jetzt ist "nur" noch gefordert, dass "Art und Schwere" der Erkrankung dieses Gespräch notwendig machen. Dies kann von der Medikamentenumstellung (Insulin statt oraler Antidiabetika) bis zur Diskussion einer Op.-Empfehlung (Abwägen der Notwendigkeit und der aktuellen Gesundheitssituation) gehen.

Auch ist ausdrücklich festgelegt, dass ein solches Gespräch mit der "Bezugsperson" (sei es gemeinsam mit dem Patienten oder allein) stattfinden kann. Damit ist diese Ziffer gerade bei der schwierigen und aufwendigen Betreuung pflegebedürftiger und/oder dementer Patienten – wo solche Gespräche oft stattfinden – möglich.

Nach oben hin ist die Abrechnungshäufigkeit fallzahlabhängig ohnehin gedeckelt – nach wie vor kann die 03 230 nur einmal für je zwei Patienten im Quartal angesetzt werden.



Autor:

Dr. med. Gerhard Bawidamann, Nittendorf

Facharzt für Allgemeinmedizin
93152 Nittendorf

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (5) Seite 62