Zahlreiche Neuerungen prägen das Bild der internistischen Rheumatologie. So gibt es neue Therapieleitlinien u. a. für die Rheumatoide Arthritis (RA), die Spondyloarthritiden (Spa), die Arthritis psoriatica (PsA) und das Konzept der zielgerichteten Therapie (Treat-to-target) wurde entwickelt. Einige neue Therapeutika erweitern zudem die Behandlungsoptionen bei entzündlichen Gelenkerkrankungen. Im Folgenden werden die neuen Therapiemöglichkeiten dargestellt.
Rheumatoide Arthritis (RA)
Die Rheumatoide Arthritis manifestiert sich zumeist im mittleren Lebensalter, Frauen sind ca. 2–3 mal häufiger als Männer betroffen. Unbehandelt führt die RA zur Gelenkdestruktion, Immobilität und verkürzter Lebenserwartung. Das Therapieziel ist die Remission oder eine geringstmögliche Krankheitsaktivität. Hierzu sollte eine Therapie mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten (DMARDs= Disease-modifying antirheumatic drugs) schon bei Diagnosestellung der RA begonnen werden. Die neuen, 2010 entwickelten ACR/EULAR-Klassifikationskriterien der RA zielen daher darauf, möglichst früh diejenigen Synovialitiden, die chronifizieren und/oder mit Gelenkschäden (Erosionen) einhergehen, zu identifizieren. Obwohl sie formal hierfür nicht entwickelt wurden, werden diese Kriterien häufig auch in der Diagnosestellung des individuellen Patienten eingesetzt. Vor der Verwendung dieser Klassifikationskriterien müssen andere Diagnosen ausgeschlossen werden. Abbildung 1 zeigt den entsprechenden Algorithmus [1, 2].
Sollten andere Erkrankungen ausgeschlossen und typische Röntgenveränderungen der Gelenke noch nicht nachweisbar sein, helfen das Gelenkbefallsmuster, die Dauer des Gelenkbefalls, erhöhte Entzündungswerte und der Rheumafaktor/CCP-Antikörpernachweis bei der Klassifikation. Grundvoraussetzung für den Einsatz dieser Kriterien ist, dass ein Gelenk synovialitisch geschwollen ist. In Tabelle 1 sind die einzelnen Untersuchungsbefunde mit dem jeweiligen Punktescore dargestellt. Ab einem Punktwert von >=6 kann die RA klassifiziert werden [2].
Die Vielzahl der zur Therapie verfügbaren Medikamente setzt einen evidenzbasierten frühzeitigen und gezielten Einsatz dieser Medikamente voraus. Abbildung 2 zeigt den von der S1-Leitlinienkommission der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie im Jahr 2012 entwickelten Algorithmus zur sequenziellen medikamentösen Therapie der RA [4]. Grundprinzip ist, dass innerhalb definierter Zeiträume ein Therapieansprechen (aber nicht notwendigerweise Therapiezielerreichung) angestrebt wird. Bei fehlendem Therapieansprechen sollte die nächste Therapiestufe beschritten werden. Ankermedikament bleibt Methotrexat, welches wöchentlich gegeben und initial zu Krankheitsbeginn mit einer niedrig dosierten Prednisolon-Therapie kombiniert wird. Bei nicht ausreichender Wirksamkeit erfolgt eine Kombinationstherapie konventioneller oder aber auch moderner biologischer Präparate.
Arthritis psoriatica (PsA)
Ca. 30 % der an Psoriasis erkrankten Menschen entwickeln eine Arthritis psoriatica. Die PsA kann sehr variabel verlaufen. Klassisch ist der Fingerendgelenksbefall, der Befall im Strahl von Finger- oder Zehengrund-, -mittel- und -endgelenk, eine wurstförmige Schwellung einer Zehe/eines Fingers (Daktylitis), der Achsenskelettbefall i. S. einer Spondyloarthritis sowie radiologisch das Nebeneinander von Erosionen und Osteoprotuberanzen. Auch für die PsA wurden Klassifikationskriterien entwickelt, die in Tabelle 2 dargestellt werden [8].
Die Therapie der PsA bedarf eines stadien-und befallsadaptierten Vorgehens (vgl. Abbildung 3) [3]. Primär werden nicht-steroidale Antiphlogistika und insbesondere bei mon-/oligoartikulärem Befall lokale Glukokortikoid-Injektionen empfohlen. Bei fehlender Wirkung oder schlechter Prognose wird Methotrexat in wöchentlicher Dosierung gegeben, alternativ stehen Leflunomid oder Sulfasalazin zur Verfügung. Bei fehlender Wirksamkeit oder insbesondere axialem oder enthesitischem Befall werden TNF-Alpha-Blocker eingesetzt. Jüngst zugelassen wurde auch ein Interleukin-12/Interleukin-23-Inhibitor (Ustekinumab, zugelassen bei PsA, nach Versagen von Methotrexat und anderen DMARDs).
Spondyloarthritiden (Spa)
Die Spondyloarthritiden stellen eine heterogene Gruppe unterschiedlicher Erkrankungen dar. Einigendes Prinzip dieser Erkrankungen ist die (variable) Kombination von entzündlichem Achsenskelettbefall, Entzündungen am Knochensehnenübergang (Enthesitis), eine Arthritis vorzugsweise der unteren Extremität sowie extraartikuläre Manifestationen (z. B. Uveitis). Spondyloarthritiden werden auch im Rahmen von Schuppenflechte oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen beobachtet.
Zur Klassifikation und damit auch zur frühen Diagnose wurden von der Assessment-Group für Spondyloarthritis (ASAS) entsprechende Kriterien entwickelt. Hierbei werden für die
primär an Wirbelsäulenbeschwerden leidenden Patienten die ASAS-Klassifikationskriterien für die axiale Spondyloarthritis (Tabelle 3) und bei dominantem peripherem Gelenkbefall oder Enthesitis die Klassifikationskriterien für die periphere Spondyloarthritis (Tabelle 4) eingesetzt [6, 7].
Therapeutisch stehen weiterhin die nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID/Coxibe) im Mittelpunkt. Hier haben neuere Untersuchungen gezeigt, dass NSAID insbesondere bei Patienten mit hohen Entzündungswerten und bereits vorliegenden Syndesmophyten die Röntgenprogression hemmen können [5]. Bei Versagen von NSAID werden bei primär axialem Befall TNF-Alpha-Blocker eingesetzt. Bei peripherem Gelenkbefall kommen darüber hinaus auch DMARDs wie z. B. Sulfasalazin oder Methotrexat zum Einsatz [9]. Nota bene: NSAID und Coxibe sind bei entzündlichen Darmerkrankungen kontraindiziert!
Zusammenfassung
Frühe Diagnose und effektive Therapie kennzeichnen zunehmend die moderne Rheumatologie. Neue Klassifikationskriterien, die auch diagnostisch hilfreich sein können, sowie standardisierte Therapieleitlinien dienen dem Ziel einer optimierten frühzeitigen Behandlung entzündlich-rheumatischer Erkrankungen.
Interessenkonflikte: Der Verfasser hat in den letzten 3 Jahren Zuwendungen (z. B. Vortragshonorare, Forschungsgelder oder Einkünfte aus Beratertätigkeiten) von folgenden Unternehmen erhalten: Abbvie, Actelion, Berlin Chemie, BMS, Chugai, GSK, HGS, Medac, Merck, MSD, Pfizer, Roche, Sanofi, UCB, Janssen Cilag.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (1) Seite 34-39