Sie entfaltet ein Potenzial, das selbst die kühnsten Optimisten noch vor Jahren für undenkbar gehalten haben. Die Rede ist von der VERAH®, der Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis, deren Bedarf bundesweit rapide ansteigt. Dies liegt daran, dass die VERAH® auf allen Seiten Kräfte freigesetzt hat, in der Politik, bei den Kassen und nicht zuletzt bei den Ärzten selbst. Vor gut 5 Jahren war die Delegation ärztlicher Leistungen noch auf den Bereich der Pflege beschränkt. Nunmehr ist die Übertragung ärztlicher Leistungen auf „ein von einem Hausarzt geführtes Team“ verlagert worden. Völlig zu Recht verwies der Hauptgeschäftsführer des Hausärzteverbandes, Eberhard Mehl, bei der practica 2014 in Bad Orb darauf, dass damit bei der Delegation die „Philosophie“ komplett verändert worden ist.

VERAH® auch im Kollektivvertrag

Die erstaunlichste Entwicklung aus der jüngsten Zeit ist sicherlich, dass die VERAH® künftig nicht nur im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV) über Selektivverträge, sondern ab 2015 auch im Kollektivvertragssystem zum Einsatz kommen wird. So haben sich die Krankenkassen und die KBV darauf geeinigt, dass 2015 insgesamt 132 Millionen Euro extrabudgetär zur Förderung der hausärztlichen Grundversorgung zur Verfügung gestellt werden sollen. Anders als bei den Fachärzten, denen die gleiche Summe zusätzlich direkt zugutekommen wird, sind die Zusatzzahlungen für den hausärztlichen Bereich ausschließlich dafür vorgesehen, besonders qualifizierte nicht-ärztliche Praxisassistentinnen wie die VERAH® auch in der Regelversorgung zu fördern. Durch Zuschläge auf die Strukturpauschale und die Extra-Vergütung der VERAH® in Höhe von 17 Euro für Hausbesuche wird eine Praxis (ab 860 Versicherte pro Quartal) so zusätzlich bis zu 8 000 € pro Jahr an zusätzlicher Vergütung erzielen können. Das wird den Bedarf an VERAH® weiter erhöhen. Laut Dr. Hans-Michael Mühlenfeld, Leiter des Instituts für hausärztliche Fortbildung (IhF), werden bis Anfang 2015 rund 6 000 VERAH® zur Verfügung stehen. Um dem steigenden Bedarf gerecht zu werden, sollen sämtliche Fortbildungskapazitäten für die VERAH® verdreifacht werden, um das ehrgeizige Ziel bis Ende 2015 – 10 000 VERAH® – auch tatsächlich erreichen zu können.

Qualifikation sollte vergütet werden

Und deren Potenziale sind noch längst nicht ausgeschöpft. So hat zum Beispiel die jüngste Evaluation der HzV in Baden-Württemberg ergeben, dass die VERAH® noch überraschend selten bei Hausbesuchen eingesetzt wird. Nach Auswertung der Tätigkeit von 87 VERAH® in 81 Hausarztpraxen bei 3 898 Patienten liegt der Anteil der Hausbesuche unter allen VERAH®-Tätigkeiten lediglich bei 15 %. Auch die Rolle der VERAH® im hausarztzentrierten Case-Management für chronisch kranke Patienten (PraCMan) soll erheblich ausgebaut werden. Ziel dabei ist es primär, multimorbide Patienten unter anderem durch ein Telefon-Monitoring engmaschiger zu betreuen und unnötige Krankenhauseinweisungen zu vermeiden.Dass die besonderen Leistungen der VERAH® inzwischen bei jeder zweiten auch zusätzlich vergütet werden, ist sicher ein Fortschritt. Da aber alle Hausärzte von einer qualifizierten Kraft profitieren, sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dies auch wirklich allen VERAH® zu honorieren, meint Ihr

Raimund Schmid


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (20) Seite 34