Patienten, die unter Schwindel leiden, nehmen Scheinbewegungen der Umgebung oder von sich selbst wahr. Die Ursachen für diese insbesondere im Alter häufig geklagten Sensationen sind vielfältig. Neben der Behandlung der zugrundeliegenden Krankheit kann als adjuvante Therapie der Einsatz von Phytotherapeutika hilfreich sein.

Die empfundenen Scheinbewegungen kommen zustande durch gegensätzliche Informationen der Sinnesorgane und sind oft auch mit Nystagmus verbunden. Mögliche Ursachen sind kardiovaskuläre Störungen wie orthostatische Dysregulation, Hyper- oder Hypotonie, Herzrhythmusstörungen, Arteriosklerose mit Durchblutungsstörungen des Gehirns oder Schlaganfall, des Weiteren Schäden des Gleichgewichtsorgans, Hirntumoren oder Morbus Menière, schreibt H. Schilcher im „Leitfaden Phytotherapie“ [1].

Es gibt unterschiedliche Arten von Schwindel. Man unterscheidet:
  1. Drehschwindel: gerichtet, Gefühl der Drehung der Umwelt oder Eigendrehung
  2. Schwankschwindel: ungerichtet, der Boden scheint zu schwanken
  3. Lagerungsschwindel: nach Kopfbewegung oder Änderung der Körperachse
  4. Liftschwindel: ungerichtet, Gefühl zu sinken oder angehoben zu werden.

Allgemeine Maßnahmen

Bei Lagerungsschwindel kommt ein Lagerungstraining zum Einsatz. Dabei wird bei rechtsseitigem Schwindel bei dem Betroffenen im Sitzen der Kopf mit dem Kinn um 45 Grad zur linken Schulter gedreht und der Oberkörper schnell zur rechten Seite gelegt. In dieser Position soll der Patient so lange verharren, bis der Schwindel abklingt, mindestens jedoch zwei Minuten. Anschließend wird der Oberkörper so schnell wie möglich nach links gelegt. Nach drei Minuten soll sich der Patient aufsetzen, den Kopf gerade drehen und drei Minuten so sitzen bleiben. Bei linksseitigem Schwindel wird das Manöver entsprechend jeweils gegenseitig durchgeführt (Oberkörper nach links, dann nach rechts drehen). Diese Übung sollte zwei- bis dreimal hintereinander mehrmals am Tag durchgeführt werden.

Je nach Schwindelursache kommen als allgemeine Maßnahmen zudem eine psychotherapeutische Therapie, sportliche Betätigung (z. B. Radfahren) oder eine phytaminreiche Ernährung (Obst, Gemüse) infrage.

Phytotherapeutika

Phytopharmaka stellen in der Regel eine adjuvante Therapie dar. Im Vordergrund steht die Behandlung der Grundkrankheit. Zur Verfügung steht zunächst ein standardisierter Ginkgoextrakt (vgl. Tabelle). Dessen Wirkung besteht darin, Mikrozirkulationsstörungen zu beseitigen und damit Gleichgewichtsstörungen zu kompensieren und bei vestibulärem Schwindel die Schwankamplituden zu vermindern. Die Therapie sollte ergänzend zu nichtmedikamentösen Maßnahmen (s. u.) und über mehrere Monate erfolgen.

Tebonin® forte 40 mg-Lösung wurde in einer vierwöchigen plazebokontrollierten Doppelblindstudie an 35 Patienten mit vestibulärem Schwindel erprobt. Dabei wurden Schwankungen des Körperkraftschwerpunktes mit Hilfe einer Posturographie-Messplattform überprüft. Bei den mit Ginkgo behandelten Patienten verbesserten sich die Schwankamplituden hochsignifikant um 39 % und damit erheblich besser als unter alleinigem vestibulären Training.

practica - Phytotherapie
Zu o. g. Thema gibt es auf der diesjährigen practica das Seminar „Phytotherapie­ – Unverzichtbar für die Hausarztpraxis“, 25.10.2014, 9:00 bis 12:30 Uhr, Seminarleiter: Prof. Dr. med. Detmar Jobst

Bei gestörter Kreislaufregulation (Orthostase, Hypotonie) hat sich eine Kombination aus natürlichem Campher und einem Extrakt aus Weißdornfrüchten (Korodin® Herz-Kreislauftropfen), bekannt als „Nothilfe-Tropfen“, bewährt.

Kombinationen von Ginkgoextrakt mit anderen durchblutungsfördernden Drogen (Buchweizenkraut, Kolasamen) sind denkbar, aber nicht erprobt.


Dr. med. Vera Seifert


Literatur
1) H. Schilcher et al.: Leitfaden Phytotherapie, S. 891 – 893, 4. Auflage 2010, Urban & Fischer Verlag, München

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 35 (14) Seite 48-51