Mit der Entwicklung neuer Therapiestrategien dank besseren Verständnisses der Pathophysiologie ließen sich in den letzten Jahren in der Behandlung gastroenterologischer Krankheitsbilder große Fortschritte erzielen. In einer Serie, die in Ausgabe 11 startete, sollen vor diesem Hintergrund Erkrankungen vorgestellt werden, die dem Hausarzt häufiger begegnen werden. Der folgende Beitrag widmet sich der Infektion mit Clostridium difficile.
Clostridium difficile, ein gram-positives endosporenbildendes anaerobes Bakterium, wurde erstmalig 1935 von Hall und O´Toole in der Darmflora von gesunden Neugeborenen nachgewiesen und charakterisiert [1]. 1978 konnte durch zwei unabhängige Studiengruppen der Zusammenhang einer Infektion mit Clostridium difficile nach einer antibiotischen Therapie aufgezeigt werden [2, 3].
Den Hauptvirulenzfaktor des Bakteriums stellt die Produktion von zwei Toxinen (Enterotoxin A und Zytotoxin B) dar, die eine Apoptose der Zellen im Darm bewirken. Die Höhe der Toxinproduktion ist dabei mit dem klinischen Schweregrad der Infektion assoziiert [4]. In den letzten Jahren steigt die Inzidenz weltweit für Infektionen mit einem hochvirulenten Bakterienstamm, die mit schweren Krankheitsverläufen und vermehrten Rezidiven verbunden sind. Die erste große Epidemie ist im März 2003 in Quebec in Kanada aufgetreten und auf einen Stamm zurückzuführen, der als North American pulsed-field Typ 1 (NAP1), Ribotyp 027, Gruppe BI klassifiziert wurde [5, 6]. Dieser mutierte Stamm weist eine 18 bp-Deletion im Regulatorgen tcdC auf, die zu einer 16- bzw. 23-fach höheren Toxinproduktion führt. Weiterhin ist er gekennzeichnet durch eine Resistenz gegen Fluorchinolone [5].
Schwerwiegende Therapieverläufe durch neue hochvirulente Stämme
Mit Auftreten dieser hochvirulenten Stämme führte die „European Clostridium Infection Survey (ECDIS)“ Studiengruppe 2008 eine europaweite Studie in 34 Ländern zur Erhebung epidemiologischer Daten durch. Dabei wurde eine mittlere Inzidenz einer Infektion mit Clostridium difficile bei stationären Patienten von 4,1/10 000 Patiententagen gefunden. Entsprechend dern IfSG-Surveillance-Daten des Robert Koch-Institutes für 2011/2012 konnte eine Zunahme für schwere Krankheitsverläufe in Deutschland nachgewiesen werden. Ein schwerer Krankheitsverlauf wird definiert, wenn eines von vier Kriterien erfüllt ist:
- stationäre Wiederaufnahme aufgrund einer rekurrenten Infektion
- Intensivpflichtigkeit des Patienten
- chirurgische Behandlungsindikation
- Tod innerhalb von 30 Tagen nach der Diagnosestellung oder der Nachweis des Ribotyps 027.
Die durchschnittliche Inzidenz lag bei 1,2 Erkrankungen/100 000 Einwohner. Mit zunehmendem Lebensalter nahm die Inzidenz deutlich zu (> 69 Lebensjahre: 5,7 Erkrankungen/100 000 Einwohner). Insgesamt konnten im Jahre 2012 282 Fälle mit einem Ribotyp 027 nachgewiesen werden, wovon ca. ¼ der Patienten einen schweren Krankheitsverlauf aufwies.
Antibiotische Therapie – der Hauptrisikofaktor
Verschiedene Risikofaktoren, die eine Infektion mit Clostridium difficile begünstigen, wurden in den letzten Jahren beschrieben. Dazu zählen ein hohes Alter (> 65 Jahre), männliches Geschlecht, ein prolongierter Krankenhausaufenthalt, Komorbiditäten sowie der Einsatz von Medikamenten. Zu den relevanten Komorbiditäten gehören Erkrankungen, die mit einer Reduzierung der immunologischen Potenz des Patienten einhergehen: chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, neoplastische Erkrankungen, zystische Fibrose, HIV/AIDS, Diabetes mellitus. Aktuell wird vor allem nach einer längeren Anwendung von Antibiotika wie Cephalosporinen, Fluorchinolonen, Aminopenicillinen und Makroliden eine Clostridieninfektion beobachtet. Kontrovers wird weiterhin der Gebrauch von PPI als möglicher Risikofaktor diskutiert [7].
Vardakas et al. haben in einer Metaanalyse von fünf Studien Faktoren ermittelt, die das Risiko für eine Infektion mit dem hochvirulenten Stamm BI/NAP1/027 erhöhen. Dabei zeigte sich, dass der Einsatz von Fluorchinolonen und ein Alter > 65 die Hauptrisikofaktoren darstellen. Im Vergleich zu anderen Clostridienstämmen war der Gebrauch von Cephalosporinen und Clindamycin nur mit einem geringen Infektionsrisiko verbunden [8].
Symptomspektrum
Zu den klinischen Manifestationen einer Clostridieninfektion zählen die Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhoe, die pseudomembranöse Kolitis und die fulminante Kolitis mit der Ausbildung eines toxischen Megakolons. Die Diagnose der Erkrankung wird gestellt bei Vorliegen von typischen klinischen Symptomen wie anhaltenden Diarrhoen und bei mikrobiologischem Nachweis von toxinproduzierendem Clostridium difficile und dem Toxin selbst in der Stuhlkultur oder endoskopischem und histologischem Nachweis einer pseudomembranösen Kolitis [9 – 11].
Für die diagnostischen Stuhltests kommen Enzymimmunasseys (EIA) zum Nachweis von Glutamatdehydrogenase und Toxinen sowie Nukleinsäureamplifikationstest (NAAT) zur Anwendung. Nach einem positiven Testergebnis muss ein weiterer Bestätigungstest mit dem Nachweis von Toxinen erfolgen. Nur das Vorhandensein von freien fäkalen Toxinen bestätigt eine aktive infektiöse Erkrankung. Der alleinige Nachweis eines toxinproduzierenden Stammes kann mit einer asymptomatischen Besiedlung oder einer stattgehabten Infektion assoziiert sein [12].
Die Therapie der Wahl: Antibiotika
Die Therapie der Wahl zur Behandlung einer Infektion mit Clostridium difficile stellen Antibiotika dar. Ausschlaggebend für die Wahl des einzusetzenden Antibiotikums und die Therapiedauer ist der Krankheitsverlauf. Es werden verschiedene Behandlungsgruppen unterschieden: die Erstinfektion, das erste Rezidiv, wiederholte Rezidive, schwere Krankheitsverläufe und Patienten, bei welchen eine orale medikamentöse Therapie nicht möglich ist. Ein Therapieansprechen unter der antibiotischen Therapie ist charakterisiert durch Abnahme der klinischen Symptomatik, Abnahme der Stuhlfrequenz und Zunahme der Stuhlkonsistenz.
Eine kompliziert verlaufende Erkrankung ist gekennzeichnet durch Fieber mit einer intensivpflichtigen hämodynamischen und respiratorischen Instabilität, Peritonismus oder Ileus. Laborchemisch finden sich eine Leukozytose mit > 15 000/µl, eine Linksverschiebung, ein Anstieg des Kreatinins und des Laktats sowie ein Abfall des Serumalbumins < 30 g/dl. Zu den bildgebenden und endoskopischen Kriterien werden dilatierte Kolonschlingen > 6 cm sowie der Nachweis von Pseudomembranen gezählt [12].
Die Behandlung einer Infektion mit Clostridium difficile erfolgt mit der oralen Applikation von Metronidazol oder Vancomycin. In einer Metaanalyse konnte unter der Anwendung beider Medikamente kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf das symptomatische Ansprechen aufgezeigt werden [13]. Allerdings konnte nachgewiesen werden, dass unter der Therapie mit Vancomycin ein früheres Therapieansprechen erzielt werden kann als unter Metronidazol [14]. Bei zusätzlich vorliegenden niedrigeren Behandlungskosten und dem geringeren Selektionsrisiko für Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) empfiehlt die European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) aktuell die Anwendung von Metronidazol bei der Erstinfektion mit unkompliziertem Verlauf sowie die intravenöse Applikation bei Unmöglichkeit einer oralen Therapie. Eine Therapie mit Vancomycin sollte bei komplizierten Krankheitsverläufen oder zur Rezidivbehandlung durchgeführt werden [12].
Fidaxomicin – bei komplizierten Krankheitsverläufen und in der Rezidivsituation
2011 konnte in randomisierten Studien die Nichtunterlegenheit von Fidaxomicin gegenüber Vancomycin aufgezeigt werden [15, 16]. Der Hauptvorteil von Fidaxomicin liegt in einer geringeren Rezidivrate (15,4 %) im Vergleich zu Vancomycin (25,3 %) [16]. Aufgrund dieser Ergebnisse wird in den aktuellen Empfehlungen der ESCMID die Anwendung von Fidaxomicin mit 2 x 200 mg täglich für insgesamt zehn Tage für Patienten mit einem komplizierten Krankheitsverlauf und in der Rezidivsituation empfohlen [12].
Für andere Substanzen wie Rifaximin in der Rezidivprophylaxe oder Erstlinientherapie [17, 18], Probiotika [19] oder intravenöse Immunglobuline [20] liegen kleine Fallserien oder widersprüchliche Behandlungsergebnisse vor, so dass bisher keine Empfehlungen für diese Substanzen zur Behandlung der Clostridium-difficile-Infektion ausgesprochen werden können.
Das Reserveantibiotikum Tigecyclin erwies sich in einzelnen Fallberichten als erfolgreich bei der Behandlung von sehr schwer verlaufenden Infektionen, wenn unter der empfohlenen Standardtherapie keine Heilung erzielt werden konnte [21, 22].
Stuhltransplantation bei multiplen Rezidiven
Für die Behandlung multipler Rezidive wurde die Stuhltransplantation mit dem Ziel der Wiederherstellung der Darmflora in den Mittelpunkt zahlreicher Untersuchungen gestellt. Dabei zeigte sich eine Ansprechrate von fast 90 % [23]. In einer randomisierten Studie von Nood et al. konnte gezeigt werden, dass die duodenale Infusion des Spenderstuhles eine Heilung in 81 % im Vergleich zur Vancomycintherapie allein (23 %) oder zu Vancomycin in Kombination mit Darmspülungen (31 %) bei Patienten in der wiederholten Rezidivsituation erzielen kann [24].
Trotz dieser Ergebnisse stellte die Akzeptanz dieser alternativen Therapiemethode durch Patienten und Ärzte ein Problem dar. In einer strukturierten Befragung von hypothetischen Szenarien zeigte sich, dass die Akzeptanz bei Patienten deutlich höher ist, wenn die Applikation in Form einer Pille möglich wäre im Vergleich zur bisher üblichen Applikation der Stuhlsuspension über eine Magensonde oder über eine Ileokoloskopie. Weitere wesentliche Faktoren zur Steigerung der Akzeptanz sind die Durchführung der Behandlung in einer Klinik oder Praxis und die Empfehlung der Behandlungsmethode durch den behandelnden Arzt [25].
Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 35 (14) Seite 60-62