Fieber ist bei Kindern ein häufiger Grund für eine Arztkonsultation. Zum Glück entwickeln 90 % der fiebernden Kinder, die aus vollem Wohlbefinden akut erkranken, das Symptom Fieber zur Abwehr von viralen Infekten. Dann ist die wichtigste Aufgabe des Arztes, die Eltern zu beruhigen. Dennoch müssen natürlich die selteneren bakteriellen Infektionen oder andere Fieberursachen strukturiert abgeklärt werden, um eine notwendige (antibiotische) Therapie nicht zu verzögern.

Wir alle haben gelernt und wissen, dass Fieber an sich ein Symptom und keine Krankheit ist. Viele Eltern wissen das jedoch nicht und da in vielen Familien die erfahrene Oma fehlt, sind Eltern oft sehr beunruhigt, wenn sie feststellen, dass ihr Kind Fieber hat. Dabei spricht man bei Werten zwischen 38 und 38,5 oC von erhöhter Temperatur, ab 38,6 oC von Fieber. Was die Notwendigkeit fiebersenkender Maßnahmen angeht, so ist bis zu einer Temperatur von 40,5 oC allein der Allgemeinzustand entscheidend.

In über 90 % der Fälle ist die Ursache von Fieber bei Kindern ein viraler Infekt, bei dem eine spezifische Behandlung nicht möglich ist – der Körper soll mit seinen Abwehrkräften den Infekt überwinden und seine Immunabwehr stärken.

Kinder im Kindergartenalter machen in einem Jahr ca. zehn bis zwölf Virusinfekte durch, meist sind sie dann für zwei bis vier Tage eingeschränkt, brauchen Ruhe, viel Flüssigkeit, bei Bedarf fiebersenkende Mittel und ansonsten symptomatische Behandlung (z. B. Hustenmittel, Nasentropfen). Bei nur ca. 10 % aller Kinder liegt eine bakterielle Infektion, z. B. der Lungen oder der Harnwege, vor, die in der Regel mit einem Antibiotikum behandelt werden sollte. Daneben gibt es in ca. 1 % seltene Ursachen, die eine genauere Abklärung erfordern.

Da fiebernden Kindern eine Abkühlung guttut, schadet es keinem fiebernden Kind, in ein Auto gepackt und in die Praxis gefahren zu werden. Wird nun das Kind dem Arzt vorgestellt, sollte dieser zunächst diese beiden Fragen klären:

  • Wie ist der Allgemeinzustand des Kindes?
  • Liegen irgendwelche Warnzeichen vor (vgl. Kasten "Red Flags")?

Bei Vorliegen eines dieser Warnzeichen sollte das Kind umgehend zur weiteren Diagnostik und Therapie in fachärztliche Behandlung (Klinik) überwiesen werden.

Warnzeichen – Red Flags

Säuglinge unter sechs Monaten

Exsikkosezeichen (eingefallene Fontanelle, Lippen lackrot, schlapp)

Zentralisationszeichen (kalte Hände, bei Fieber über 39 oC)

Tachypnoe

Somnolenz

Anamnese

Über 95 % der Kinder können wir jedoch weiter abklären und behandeln. Folgende Angaben sind dabei zu erheben:

  • Dauert das Fieber länger als drei Tage?
  • Wie lange ist das Kind schon krank?
  • Trinkt das Kind gut?
  • Hat das Kind Bauchschmerzen?
  • Schreit das Kind beim Wasserlassen?
  • Welche ansteckenden Krankheiten gibt es im Kindergarten?
  • Hat das Kind irgendwelche Medikamente schon eingenommen?
  • Ist das Kind schon von einem anderen Arzt untersucht und behandelt worden?
  • Liegt bei dem Kind eine Grunderkrankung vor?

Wenn all diese Fragen geklärt sind, folgt die körperliche Untersuchung am teilentkleideten Kind nach folgendem Schema:

  • Halslymphknoten, nuchale Lymphknoten
  • Trommelfelle
  • Lunge abhören
  • Abdomen abtasten
  • Racheninspektion

Haben wir dabei keinen auffälligen Status erhoben, können wir von einem banalen Virusinfekt ausgehen, und ist das Kind in einem guten Allgemeinzustand (was in über 90 % der Fälle bejaht werden kann), dann gilt es eigentlich nur noch die Eltern zu beruhigen und anzuweisen, das Kind möglichst viel trinken zu lassen, eventuell unterstützt von naturheilkundlich homöopathischen Mitteln.

Eine weitere Vorstellung sollte immer dann erfolgen, wenn der kleine Patient nach drei Tagen immer noch fiebert oder der Allgemeinzustand sich verschlechtert.

Exanthem vorhanden?

Besteht zusätzlich zum Fieber ein Exanthem, müssen wir mit einer "Kinderkrankheit" rechnen, wie wir es bei Ringelröteln, Exanthema subitum, Coxsackieviren oder auch bei Streptokokkeninfektionen sehen. Masern und Röteln sind heute dank der Durchimpfung so selten, dass sie kaum ein niedergelassener Arzt noch zu sehen bekommt.

Dauert das Fieber länger als drei Tage, muss man damit rechnen, dass die Abwehr des Kindes geschwächt ist und sich eine bakterielle Superinfektion entwickelt, was bei einem erneuten Status hinsichtlich einer Otitis, Bronchitis oder Harnwegsinfektion auszuschließen ist.

Finden wir hier keine Erklärung, kommen differenzialdiagnostisch in erster Linie eine Stomatitis (Aphthen im Mund, sabberndes Kind), eine Mononukleose (dicke, vergrößerte Hals-Lymphknoten, Bauchschmerzen) oder seltenere Krankheiten wie eine Endokarditis (Veränderungen bei Herzauskultation) oder ein Kawasaki-Syndrom in Betracht, was dann entweder laborchemisch unsererseits abgeklärt werden oder zum Facharzt überwiesen werden sollte.

Fieberkrämpfe

Fieberkrämpfe sind ein seltenes, aber für die Eltern hochdramatisches Ereignis. Sie treten familiär gehäuft auf, meist im Alter zwischen 8 Monaten und 4 Jahren, meist im Fieberanstieg oder schnellen Fieberabfall. Wenn die Eltern mit dem fiebernden Kind zum Arzt kommen, ist diese Gefahr eines Fieberkrampfs meist schon vorbei und man kann die Eltern beruhigen: "Sehen Sie, Ihr Kind gehört zu den 98 % der Kinder, die hohes Fieber gut aushalten können, ohne einen Fieberkrampf zu bekommen. Fieberkrämpfe haben keine weiteren Folgen für die Gesundheit und sind auch nicht als Disposition für ein epileptisches Anfallsleiden zu werten.


Die 5-jährige Liane

Fieber und Exanthem:

Die falsche Fährte

Die 5-jährige Liane wird von der aufgeregten Mutter in der Hausarztpraxis vorgestellt. Sie ist quengelig, hat seit dem Vortag 39 oC Fieber und macht einen kranken Eindruck. Es findet sich ein Wangen- und Stammexanthem. Der Rachen ist gereizt, mit geringer LN-Schwellung. Die Laborwerte ergeben hohe Masern-IgG und niedrige IgM bei Z. n. Impfung.

Da weiter Fieber um 38 oC besteht, geht die Mutter drei Tage später zum Kinderarzt, der Masern diagnostiziert. Am Tag darauf besteht das Fieber immer noch bei über 39 oC und Liane wird nun in der Kinderambulanz vorgestellt. Dort fällt auf, dass sie zwei Wochen vorher auch wegen eines hochfieberhaften Infektes (Epstein-Barr-Infektion) mit Amoxicillin anbehandelt wurde, das die Mutter nach vier Tagen abgesetzt hatte.

Es kommt in den folgenden zwei Jahren ca. alle sechs bis acht Wochen zu therapieresistenten Fieberschüben um 39 – 40 oC, die auf keine Antibiose ansprechen und erst nach erfolgter Tonsillektomie sistieren.

Retrospektiv kann die Diagnose PFAPA-Syndrom (steht für periodisches Fieber, aphthöse Stomatitis, Pharyngitis, zervikale Adenitis) gestellt werden. Das damalige Exanthem war wohl auf die Amoxicillingabe bei Drüsenfieberinfektion zurückzuführen.

Der Fall zeigt anschaulich, wie wichtig es ist, eine genaue Anamnese inklusive früherer Erkrankungen und Behandlungen zu erheben und dass sich auch Krankheitsverläufe überschneiden und uns die Diagnose erschweren können.

Foto: Alpers

Interessenkonflikte: keine deklariert


Ulrike Alpers


Kontakt:
Dr. med. Ulrike Alpers, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Mitglied im Ausschuss für Pädiatrie im Hausärzteverband, 55491 Büchenbeuren

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (1) Seite 32-34