Der akute Durchfall wird am häufigsten durch Bakterien oder Viren hervorgerufen. Meist sistiert er spontan ohne Therapie. Stuhluntersuchungen sind nur sinnvoll bei schweren oder persistierenden Verläufen, im Rahmen einer Epidemie oder bei Risikopersonen wie Kleinkindern oder älteren Menschen. Und dann sollten sie gezielt erfolgen, je nach Anamnese und Beschwerdebild. „Routine-Stuhlkulturen“ auf sämtliche Erreger bei jedem Patienten mit Diarrhoe helfen diagnostisch nicht weiter und verursachen nur unnötige Kosten.

Bei akutem Durchfall werden zu häufig und zu großzügig Stuhluntersuchungen angeordnet und Antibiotika verordnet, schreiben Züricher Internisten in der Zeitschrift Praxis [1]. Dabei wäre in den meisten Fällen eine abwartende Haltung die bessere Strategie. Denn die meisten Verläufe sind mild und ein Großteil ist durch Viren verursacht.

Einteilung von Durchfall

Durchfall ist definiert als häufiger (> drei Stühle täglich), zu flüssiger oder zu viel (> 250 bis 300 g) Stuhlgang. Zudem müssen die individuell sehr unterschiedlichen Stuhlgewohnheiten im „Normalfall“ erfragt werden. Weicht die akute Situation davon deutlich ab, können auch schon geringgradig reduzierte Stuhlfrequenzen und -konsistenzen als Durchfall gewertet werden.

Akuter Durchfall hält weniger als zwei Wochen an, persistierender Durchfall zwei bis vier Wochen und chronischer Durchfall über vier Wochen. Die Übergänge sind allerdings fließend und man sollte bedenken, dass jeder chronische Durchfall mit einer akuten Phase beginnt. Im folgenden Beitrag soll überwiegend der akute Durchfall behandelt werden.

Akuter Durchfall wird meist durch eine Infektion ausgelöst, in erster Linie durch Bakterien und Viren, seltener durch Parasiten (Übersicht 1). Als weitere Ursache kommt eine Nahrungsmittelintoxikation (bakterielle Exotoxine) infrage, die jedoch meist nicht länger als einen Tag anhält.

Entzündlich oder nicht-entzündlich?

Um dem Erreger auf die Spur zu kommen, sollte man zunächst herausfinden, ob es sich um entzündlichen oder nicht-entzündlichen Durchfall handelt (vgl. Tabelle 1). Beim entzündlichen Durchfall zerstören invasive oder zytokinproduzierende Erreger die Darmmukosa und rufen eine Entzündungsreaktion hervor – dabei tritt Flüssigkeit ins Darmlumen aus. Typische Symptome sind blutig-schleimige (geleeartige) bis eitrige Durchfälle mit eher geringerem Volumen, Schmerzen im Unterbauch, Tenesmen und Fieber, aber selten Erbrechen. Das Leukozytenprotein Calprotectin ist im Stuhlgang bei entzündlichem Durchfall erhöht und kann daher zur Diagnostik beitragen.

Beim nicht-entzündlichen Durchfall wird die Darmmukosa nicht geschädigt. Zum Durchfall kommt es durch Sekretion von Ionen und Wasser ins Darmlumen durch bakterielle Exotoxine. Typisch sind voluminöse und wässrige Stühle sowie Oberbauchschmerzen und Erbrechen. Fieber, Tenesmen und Blutbeimengungen kommen dagegen selten vor.

Krankenhausinfektionen

Infektionen, die während eines Aufenthalts im Krankenhaus oder Pflegeheim erworben wurden, sogenannten nosokomialen Infektionen, liegen meist nicht-infektiöse Ursachen zugrunde wie Medikamentennebenwirkungen oder Ernährung. Unter den infektiösen Ursachen dominieren bei weitem Infektionen mit Clostridium difficile. Lediglich bei schwerkranken und immunsupprimierten Patienten ist an weitere Erreger wie Aeromonas, Plesiomonas, Cryptosporidium parvum, Cyclospora und Isospora belli oder CMV zu denken.

Reise-Diarrhoe

Eine Reise-Diarrhoe macht sich meist innerhalb der ersten Urlaubswoche bemerkbar und sistiert innerhalb von ein bis sieben Tagen spontan. In 80 bis 90 % der Fälle sind Bakterien die Auslöser – am häufigsten enterotoxigene E. coli (ETEC), enteroinvasive E. coli, Campylobacter, Salmonellen und Shigellen. Seltener kommen Viren (bis 10 %) und Parasiten (10 %) vor. Bei Patienten, die mit Durchfall und Fieber von einer Tropenreise zurückkommen, sollte man bei entsprechendem Vorkommen der Erreger auch immer an Malaria und Denguefieber denken.

Durchfall durch Nahrungsmittel

Eine gute Ernährungsanamnese kann etwaige Nahrungsmittelintoxikationen aufdecken, wobei die folgenden Assoziationen bekannt sind:

  • Eierspeisen – Salmonellen
  • Geflügel – Salmonellen, Campylobacter
  • Unpasteurisierte Milch/Fruchtsäfte – Salmonellen, Campylobacter, Shigellen, Yersinien, E. coli 0157
  • Wasser, Salat – Giardia, Amöben, E. coli, Shigellen
  • Muscheln/Meeresfrüchte – V. cholerae

Schweregrad einschätzen

Der Flüssigkeits- und Elektrolytverlust bei der akuten Diarrhoe kann zu Dehydratation, Niereninsuffizienz, Malnutrition oder Schwindel bis Schock führen. Zeichen der Dehydratation sind verminderter Hautturgor, trockene Schleimhäute, leere Halsvenen, orthostatische Hypotonie und Gewichtsabnahme. Zu den auffälligen Vitalzeichen zählen Fieber, Tachykardie oder Bewusstseinsverminderung. Je nach Ausmaß dieser Symptome lässt sich der Schweregrad einschätzen (vgl. Tabelle 1).

Weitere Diagnostik erforderlich?

Meist ist akuter Durchfall selbstlimitierend. Eine über Anamnese und körperliche Untersuchung hinausgehende Diagnostik (Labor- und Stuhlanalysen) ist nur in folgenden Fällen sinnvoll:

  • Schwerwiegende Erkrankung (blutig-eitriger oder profus-wässriger Durchfall, schwere Bauchschmerzen oder schwere Allgemeinsymptome, Status febrilis, Exsikkose, Apathie)
  • Persistierender oder chronischer Durchfall
  • Aktuelle Epidemie, nosokomialer Durchfall
  • Risikopersonen: Kleinkinder < 5 Jahre, Erwachsene ≥ 60 Jahre, Patienten mit Gefäßerkrankungen/-prothesen, unterernährte oder immunsupprimierte Patienten, Verdacht auf Proktitis, Antibiotika, Tätigkeit im Gastgewerbe oder in der Nahrungsmittelbranche

An Laborwerten sollten in diesen Fällen Blutbild, CRP, Elektrolyte, Kreatinin und Glukose bestimmt werden, um den Schweregrad einzuschätzen. Blutkulturen sind bei septischem Verlauf oder Reiseanamnese mit Fieber indiziert.

Stuhluntersuchungen sollten wirklich nur in den oben genannten Indikationen angefordert werden, mahnen die Schweizer Kollegen, und dann möglichst gezielt. Tritt Durchfall mehr als drei Tage nach Aufnahme in ein Krankenhaus auf, sollte im Stuhl nach Clostridium-difficile-Toxinen gesucht werden. Bei Reiseanamnese und profusem Durchfall lohnt sich die Suche nach V. cholerae und allenfalls ETEC. Sind die Durchfälle blutig, sollten Campylobacter, Salmonellen, Shigellen und Amöben im Mittelpunkt des Interesses stehen. Geht dem blutigen Durchfall ein bis zwei Wochen Fieber voran, ist an Typhus abdominalis zu denken.

Therapie

Bei der Behandlung ist die Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution (per os mit verdünnten Fruchtsäften, Tee, Bouillon oder Rehydratationslösungen) am wichtigsten. Bei ausgeprägter Dehydratation kann auch ein intravenöser Flüssigkeitsersatz erforderlich sein.

Antibiotika kommen zum Einsatz bei mäßigem bis schwerem Reisedurchfall, Shigellose, schwerer Campylobacter-Infektion und Clostridium-difficile-Infektion. Empirisch kommt häufig Ciprofloxacin zweimal 500 mg/Tag für drei bis fünf Tage zum Einsatz, alternativ Trimethoprim/Sulfamethoxazol zweimal 960 mg/Tag für drei bis fünf Tage.

Eine vor kurzem erschienene Metaanalyse weist auf einen positiven Effekt von gewissen Probiotika bei infektiösem Durchfall hin. Von einer antiperistaltischen Therapie (z. B. Loperamid) wird hingegen generell abgeraten, insbesondere bei blutigem Durchfall, Infektion mit EHEC oder mit Clostridium difficile (Gefahr der Perforation oder eines Megakolons).

Dr. med. Vera Seifert


Literatur
1) Natalie Ortega, Silvana Rampini: Infektiöser Durchfall, Praxis 2013; 102 (11): 657 – 665

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (15) Seite 46-49