Patienten wollen schnell einen Termin, kurze Wartezeiten und möglichst viel Zeit beim Arzt. Der Mediziner und sein Team dagegen leiden unter langen Praxistagen und der Anspruchshaltung mancher Patienten. Eine funktionierende Terminplanung bringt Vorteile für alle.

Ärzte und Mitarbeiter von hausärztlichen Praxen müssen täglich einer Vielzahl von unterschiedlichsten Patienten mit ihren medizinischen Anliegen, aber auch ihren persönlichen Bedürfnissen gerecht werden. Nicht selten sind zermürbende, endlos erscheinende Praxistage, lange Wartezeiten und eine ausgeprägte Anspruchshaltung von Patienten die Regel. Ein für alle Seiten befriedigender Sprechstundenablauf kann gelingen, wenn es klar definierte, verbindliche Absprachen für die Terminvergabe gibt, die von allen konsequent umgesetzt werden, und wenn alle inklusive der Ärzte bei der Patientenführung an einem Strang ziehen.

Zuerst die Bestandsaufnahme

Der einzelne Patient sieht meist nur sich und sein Anliegen: Er will schnellstmöglich einen Termin erhalten, zügig drankommen und am liebsten unbegrenzt Zeit beim Arzt. Patienten lassen sich dann auf eine feste Terminzeit ein, wenn sie einen Vorteil für sich erleben und wenn die Praxis diszipliniert geführt wird. Die Terminorganisation der Praxis ist aber eine „Dauerbaustelle“, die von Zeit zu Zeit eine selbstkritische Bestandsaufnahme benötigt: Beginnt die Sprechstunde pünktlich? Wie lang sind die Wartezeiten mit Termin? Wie ist das Verhältnis von Termin- zu ungeplanten bzw. dazwischengeschobenen Patienten? Wie häufig wird der Sprechstundenrahmen überzogen? Können die vorgesehenen Taktzeiten in der Realität eingehalten werden? Für Planung wie Kontrolle sehr hilfreich ist ein passgenau eingerichteter EDV-Terminplaner mit Mehrplatzzugriff: Die Einträge sind besser lesbar, man kann Karteieinträge bei der Terminanfrage hinzuziehen und eine Wartezimmerliste ermöglicht eine aktuelle Tagesübersicht für den Arzt.

Patienten unaufgefordert informieren

Was tun, wenn es trotz sorgfältiger Planung zu Wartezeiten kommt? Handlungsbedarf besteht, wenn Terminpatienten länger als 30 Minuten warten. Patienten unaufgefordert informieren heißt dann die Devise. Das bedeutet: Wartenden, eintretenden und noch bestellten Patienten die Verzögerung mitteilen. Man kann ihnen anbieten, noch mal wegzugehen oder einen neuen Termin zu vereinbaren. Hier ist es besonders wichtig, Bedauern auszudrücken, Verständnis zu zeigen und schwammig-beschönigende Aussagen wie „Es dauert heute ein bisschen länger“ zu vermeiden. Ein Patient, der informiert ist, kann zeitlich disponieren und wird sich weniger ärgern. Eine Wohlfühlatmosphäre im Wartezimmer mit vielfältigen Beschäftigungs- und Informationsmöglichkeiten, sodass die dort verbrachte Zeit subjektiv schneller vergeht, fördert ebenfalls die Patientenzufriedenheit.▪

Zehn Gebote für eine funktionierende Terminplanung

Praxen mit funktionierender Terminplanung und Ablauforganisation stimmen unabhängig von ihrer Struktur und ihrem Patientenaufkommen in folgenden Punkten überein:

  1. Es existiert ein Terminraster mit unterschiedlichen Terminlängen je nach Leistung und Bedarf des Patienten.
  2. Man stimmt sich intern genauestens ab, wie Termine vergeben werden sollen. Jede Mitarbeiterin vergibt die Termine sorgfältig nach den abgesprochenen Kriterien.
  3. Die MFAs sind geschult darin, die Dringlichkeit abzuschätzen. Sie können erkennen, wann ein echter Notfall vorliegt. Eine Terminvergabe erfolgt nur, wenn die MFA erfragt hat, weshalb der Patient kommt.
  4. Pufferzeiten und Terminreserven für das Auffangen von Verzögerungen oder für dringliche Termine werden freigehalten. Es gibt Absprachen, ab wann und für wen diese Zeiten freigegeben werden dürfen.
  5. Der Anteil eingeschobener, d. h. zeitlich nicht fixierter Patienten liegt unter 20 %.
  6. Eine Akutsprechstunde am Ende der Sprechzeit ist eingerichtet. Hier werden in der Regel nur die Akutbeschwerden behandelt. Cave: „Herr Doktor, weil ich schon mal da bin …!“
  7. Patienten mit regulären Terminen haben erkennbare Vorteile: Wartezeit deutlich unter 30 Minuten, Entgegenkommen bei der Terminzeit, Behandlung beim gewünschten Arzt, Komplettversorgung.
  8. Es wird konsequent darauf geachtet, dass Patienten schon in der Praxis ihre Folgetermine vereinbaren.
  9. Der Arzt orientiert sich weitestgehend an den Taktzeiten. Es existiert ein internes Frühwarnsystem, wenn sich die Wartezeiten verlängern. Manch eine Praxis hat auch ein System zum „Loseisen“ des Arztes entwickelt.
  10. Patienten werden freundlich, aber bestimmt an praxisinterne Regelungen und Organisationsprinzipien gewöhnt, zum Beispiel Rezeptausgabe nur nach Vorbestellung (per Rezept-AB, Mail, Fax).



Dipl.-Psych. Katharina Hartig


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Dipl.-Psych. Katharina Hartig
München
Schulung & Beratung für die Arztpraxis
www.hartig-praxisberatung.de

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (8) Seite 28