Dass in Deutschland ein Ärztemangel – insbesondere bei den Hausärzten – droht, gilt mittlerweile als unumstritten. Eine mögliche Lösung für dieses Problem sehen viele in der Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf qualifizierte nichtärztliche Fachkräfte. In Mecklenburg-Vorpommern hat man nun untersucht, was die Hausärzte von der Idee der Delegation halten.

Die Gründe dafür, dass der Hausarztberuf bei angehenden Ärzten als eher unattraktiv gilt, sind bestens bekannt: die hohe Arbeitsbelastung, der verhältnismäßig niedrige Verdienst und der wachsende bürokratische Aufwand. Die Übertragung zeitaufwendiger ärztlicher Aufgaben wie z. B. der Hausbesuch könnte hier zumindest zu einer Entlastung der Ärzte beitragen.

Während der Deutsche Hausärzteverband in puncto Delegation mit der VERAH (Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis) vor allem im Rahmen der Hausarztverträge punktet und bereits gute Erfahrungen gesammelt hat, erprobt man in Mecklenburg-Vorpommern die AGnES (Arztentlastende gemeindenahe E-Health-gestützte Systemische Intervention), um Ärzte für defizitär versorgte Regionen zu gewinnen.

Dort wurden nun alle Hausärzte befragt, wie ihre Bereitschaft zur Delegation ist, wo sie darin einen Mehrwert für sich erkennen können oder wo sie Hinderungsgründe sehen. An der Umfrage beteiligten sich 500 Hausärzte (47 %). Knapp drei Viertel der Teilnehmer arbeiten in Einzelpraxen, 18 % in Gemeinschaftspraxen und 9 % in Praxisgemeinschaften. In fast der Hälfte der Praxen waren zwei Medizinische Fachangestellte angestellt, 43 % der Ärzte beschäftigten drei oder mehr und 10 % nur eine MFA.

Qualifizierungskosten sind ein Hindernis

Mehr als 77 % der Hausärzte befürworten grundsätzlich die Möglichkeit zur Delegation. Bereits Erfahrungen mit der Delegierung von Hausbesuchstätigkeiten hatten 46 % der Ärzte. Dabei wurde deutlich, dass vor allem jüngere Ärztinnen, die in Einzelpraxen in ländlichen Regionen arbeiteten, der Delegation aufgeschlossener gegenüberstanden. Insgesamt zeigten sich 47 % der Hausärzte grundsätzlich bereit zu einer Delegation von Hausbesuchen an eine qualifizierte MFA, wenn dazu eine Abrechnungsmöglichkeit bestand. Ablehnend äußerten sich 30 %, 20 % waren noch unentschlossen. Als besonders wertvoll betrachteten 70 % der Hausärzte die mögliche Zeitersparnis, die sich für sie aus der Delegation ergebe. 48 % versprachen sich davon auch eine höhere Arbeitszufriedenheit. Ein Drittel der Befragten vermutet darüber hinaus, dass die Delegierung die Arbeitszufriedenheit der MFA verbessern und den Ruf der Praxis steigern könnte.

30 % der befragten Hausärzte lehnen eine Delegierung des Hausbesuchs allerdings ab, weil sie darin eine alleinige ärztliche Aufgabe sehen. Ein Drittel konnte für sich Mehrwert in der Delegation erkennen. Ein gewichtiges Problem stellt für viele Ärzte offenbar die Finanzierung der Qualifikation von MFAs dar. 34 % der Hausärzte fanden es zu teuer, diese Aufwendungen selbst tragen zu müssen.

Die Idee, dass eine MFA gleichzeitig für mehrere Praxen die Hausbesuche übernimmt, traf bei 90 % der Hausärzte auf keine große Gegenliebe. Die Mehrheit (80 %) bevorzugt hier eindeutig die „exklusive Praxismitarbeiterin“, die nur für die Stammpraxis Hausbesuche durchführt. Die Tatsache, dass vor allem jüngere Hausärztinnen und Hausärzte sich mit dem Modell der Delegation von Hausbesuchen anfreunden können, sollte bei der Entwicklung künftiger arztentlastender Versorgungskonzepte stärker berücksichtigt werden, folgern die Studienautoren aus ihren Ergebnissen.


Quelle:
Dini L. et al. (2012) Dtsch Ärzteblatt 109 (46). DOI: 10.3238/arzteb.2012.0795

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (4) Seite 68