Zahlreiche Untersuchungen belegen die günstigen Wirkmechanismen einer stationären hochgebirgsklimatischen Hautbehandlung. Wichtigste Indikationen stellen dabei das atopische Ekzem und die Psoriasis dar. Im Folgenden werden die Besonderheiten des Hochgebirgsklimas am Beispiel von Davos und dessen Effekte auf die Hautveränderungen bei den genannten Indikationen dargestellt.

Eine effiziente Klimatherapie erscheint nur in Klimaten mit ausgeprägten Reizfaktoren sinnvoll [3, 6]. Dabei müssen Effekte durch das Klima selbst von Effekten durch die Therapie im Klima getrennt werden [11]. In Abhängigkeit von der Höhe kommt es zu Veränderungen bedeutsamer Umgebungsparameter (vgl. Übersicht 1).

Klimaeffekte für die Haut

Das besondere Strahlungsklima im Hochgebirge - mit Zunahme der täglichen Sonnenscheindauer oberhalb von 800 m im Herbst und Winter, einer höheren Globalstrahlung und Intensitätszunahme des für die Dermatotherapie bedeutsamen Wellenlängenbereichs von 290 und 350 nm - kann in Form der Heliotherapie nahezu ganzjährig genutzt werden. Selbst bei bedecktem Himmel erreicht noch eine therapeutisch nutzbare Reststrahlung den exponierten hautkranken Patienten [6].

Ein erniedrigter Sauerstoffpartialdruck, wie er im Hochgebirgsklima gegenüber dem Flachland besteht, bewirkt eine Kreislaufaktivierung, eine Vertiefung der Atmung sowie eine Verbesserung der Hautdurchblutung, welche therapeutisch genutzt wird.

Eine erniedrigte Luftfeuchtigkeit in der Höhe führt zu einer erhöhten Abdunstung über die Haut, einer Erniedrigung der Hauttemperatur sowie einer Minderung des Juckreizes. Weiterhin führt die im Hochgebirgsklima fehlende Schwüle zu reduzierter Schweiß- und Wärmebe­lastung am Hautorgan.

Auch wird die geschützte Hochgebirgstallage von Davos dafür verantwortlich gemacht, dass dort eine verminderte Anzahl von Infektionserregern im Vergleich zu tiefer gelegenen Regionen nachgewiesen werden kann [6].

Durch die vielfach deutliche Entfernung vom Wohnort bzw. Arbeitsplatz ergeben sich weiterhin positive Effekte für Psyche und Haut.

Allergensituation

Oberhalb von 1 500 Höhenmetern ist von einer Hausstaubmilbenfreiheit auszugehen. Andere potente Allergene (z. B. Birken- und Gräserpollen, Schimmelpilzsporen) sind deutlich in der Konzentration sowie in der Zeitdauer ihres Auftretens reduziert bzw. fehlen fast völlig.

Indikationen

Die bedeutsamsten Indikationen in der Dermatologie für eine Hochgebirgsklimatherapie stellen das atopische Ekzem und die Psoriasis vulgaris dar. Eine Auswahl weiterer Indikationen für eine Einweisung zeigt Übersicht 2.

Atopisches Ekzem

In einer katamnestischen Verlaufsuntersuchung von 1961 bis 1995 wurde der Entlassungszustand von 31 438 Neurodermitispatienten nach stationärer Behandlung in Davos hautfachärztlich erfasst [6]. Bei 96,7 % ergab sich ein erscheinungsfreier bzw. wesentlich gebesserter, bei 2,8 % ein unveränderter und bei 0,5 % ein verschlechterter Befund (Abb. 1).

In einer katamnestischen Verlaufsuntersuchung vom Januar 1995 bis Juli 1996 an 624 Patienten gaben 70 % noch ein Jahr nach der Klimatherapie in Davos an, gar keine bzw. weniger kortisonhaltige Topika zu gebrauchen als vor der Aufnahme [4]. Bei Kindern zeigte sich ein ähnliches Bild: Von 375 Kindern mit atopischem Ekzem konnte während einer Hochgebirgsklimatherapie in Davos bei 60 % das topische Kortikoid abgesetzt werden. Innerhalb des ersten Jahres nach der Behandlung benötigten zwei Drittel der Kinder kein externes Kortison [8].

Psoriasis vulgaris

In den Jahren 1961 bis 1983 waren von 5 000 erwachsenen Psoriasispatienten nach einer Klimatherapie in Davos 95 % erscheinungsfrei bzw. wesentlich gebessert [5]. Bei wiederholten Behandlungen im Hochgebirge konnte eine Zunahme der Rezidivfreiheit beobachtet werden.

Die Ausprägung einer Psoriasis kann anhand der Bestimmung des „Psoriasis Area and Severity Index (PASI)-Scores“ gut erfasst werden. So fand Topperzer [9] eine Abnahme des PASI-Scores von 9,06 auf 2,05 innerhalb einer vierwöchigen Behandlung bei 71 Patienten in Davos (Abb. 2).

Kontraindikationen

Allgemeinmedizinische Kontraindikationen zur Klimatherapie stellen dekompensierte Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Leber- und Nierenerkrankungen, floride Infektionserkrankungen, schwere endokrinologische Störungen und manifeste psychiatrische Erkrankungen dar. Auf dem Gebiet der Dermatologie sind Lichtdermatosen und allgemeine hochgradige Lichtüberempfindlichkeit als Kontraindikationen zu nennen [5, 6].


Literatur
1. Amelung W, Hildebrandt G (1998) Zur Geschichte der Bäder- und Klimaheilkunde. In: Gutenbrunner C, Hildebrandt G (eds) Handbuch der Balneologie und medizinischen Klimatologie. Heidelberg: Springer, 1998: 753-758.
2. À Porta B, Barrandun J, Wüthrich B (2000) Neurodermitis atopica – Therapie im Hochgebirgsklima. Praxis (Bern) 89, 1147-1153
3. Borelli S, Engst R (1981): Prävention aus dermatologisch-allergologischer Sicht. In: Feiereis H: Heilverfahren: Indikationen Indikationen, Gegenindikationen, Kritik, Erfahrungen. Marseille Verlag, München, 34-43
4. Duve S, Walker A, Borelli S (1991) Verlaufskontrolle bei Neurodermitis constitutionalis atopica bei Hochgebirgsklimatherapie. Dt Derm 39, 1418-1428
5. Engst R, Fries P (1985) Klimatherapie der Psoriasis: Kritische Wertung. Hautarzt 36, 54-58
6. Engst R, Vocks E (2000) Hochgebirgsklimatherapie bei Dermatosen und Allergien – Wirkmechanismen, Ergebnisse und immunologische Parameter. Rehabilitation 39, 215-222
7. Gehrig R, Peeters AG (2000) Pollen distribution at elevations above 1000 m in Switzerland. Aerobiologica 16, 69-74
8. Heine A (1995) Verlauf und Cortisonmedikation bei atopischen Erkrankungen im Kindesalter nach einer Hochgebirgsklimatherapie. Inaugural-Dissertation, Technische Universität München
9. Topperzer U (1996) Beeinflussung von Hautzustand und Cortisolspiegel von Psoriatikern in Abhängigkeit von der Sonnendosis bei natürlicher Heliotherapie in Davos. Inauguraldissertation. Technische Universität München
10. Vocks E (2006) Climatotherapy in atopic eczema. In: Ring J, Przybilla B, Ruzicka T (eds.) Handbook of Atopic Eczema. 2nd ed., Heidelberg: Springer, pp. 507-523
11. Vocks E, Engst R, Karl S (1995) Dermatologische Klimatherapie – Definition, Indikationen und gesundheitspolitische Notwendigkeit. Rehabilitation 34, 148-153

Interessenkonflikte:
keine deklariert

Dr. med. Matthias Möhrenschlager


Kontakt:
Dr. med. Matthias Möhrenschlager
Allergieklinik - Hochgebirgsklinik
CH-7265 Davos

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2010; 32 (3) Seite 18-19