Seit das Kortison Anfang der 50er Jahre in die Medizin eingeführt wurde, sind zahlreiche Erkrankungen auch in der Dermatologie, die vorher entweder langwierig oder sogar tödlich waren, behandelbar geworden. Allerdings hat der unkritische Einsatz von Glukokortikosteroiden auch einige Nebenwirkungen mit sich gebracht, deren Kenntnis für ihren sinnvollen Einsatz unabdingbar ist.

Steroide können grundsätzlich bei allen entzündlichen Erkrankungen der Haut wie atopischer Dermatitis, Psoriasis, akuten toxischen Dermatitiden etc. eingesetzt werden.

Wann ist Vorsicht angebracht

In Fällen, in denen die Entzündung nur die Folge einer Primärerkrankung der Haut, z. B. durch Bakterien und Pilze, ist, sollten Steroide mit Vorsicht und nur in Kombination mit einer entsprechenden antibiotischen oder antimykotischen Therapie eingesetzt werden. Ansonsten können sich durch die topische Immunsuppression die Erreger besser verbreiten. Bei viralen Infektionen der Haut wie Herpes simplex, Gürtelrose o. Ä. sind Steroide kontraindiziert.

Bei Akne und Rosazea sind Steroide grundsätzlich kontraindiziert. Von dieser Regel gibt es allerdings zwei Ausnahmen. Bei den schwersten Verläufen der Acne conglobata, der Acne fulminans, die ausschließlich bei jüngeren Männern auftritt, und bei der Maximalvariante der Rosazea, der Rosacea fulminans, die wiederum nur bei Frauen zu finden ist, können im akuten abszedierenden Stadium u. a. Steroide indiziert sein. Aber diese Krankheitsbilder sind extrem selten und gehören therapeutisch definitiv in die Hand eines Dermatologen.

Regeln zum Steroideinsatz

Wie man sieht, ist nicht alles, was an der Haut schuppt und juckt, a priori für Steroide geeignet - ein effizienter Einsatz setzt eine richtige Diagnose voraus.

Wenn topische Steroide eingesetzt werden, sollte man die im Kasten aufgeführten allgemeinen Prinzipien beachten. Es ist wichtig, diese Therapieprinzipien dem Patienten zu verdeutlichen, damit dieser die Behandlung nicht zu frühzeitig beendet. Besonders wichtig ist der Hinweis, dass die Vorschrift im Beipackzettel vieler Steroide, die Therapie nach einer Woche zu beenden, für den konkreten Einzelfall keine Bedeutung hat, sondern die Anwendung sich nach der ärztlichen Anweisung und dem Krankheitsverlauf richtet. Leider spielen hier auch viele Apotheker eine therapieverschleppende Rolle, wenn sie den Patienten durch ihre Beratung davon abhalten, sich nach den ärztlichen Therapieanweisungen zu richten.

Wirkstoffklassen

Durch die Weiterentwicklung der fluorierten Steroide zu halogenierten wie Mometasonfuroat ist es gelungen, die starke Wirkung der fluorierten Steroide zu erhalten und gleichzeitig das Atrophierisiko drastisch abzusenken. Dies gilt jedoch nicht für die älteren Steroide der Gruppe III (vgl. auch Tabelle 1).

Zu beachten ist auch, dass die anderen Steroidnebenwirkungen wie Teleangiektasien und Akneinduktion vor allem bei Anwendungen im Gesicht für alle Steroide der Klassen III und IV gelten. Bei Anwendungen im Gesicht ist immer auch nach einem Glaukom zu fragen, da die längere Anwendung von Steroiden im Gesicht den Augeninnendruck erhöhen kann.

Anwendung bei großflächigem Einsatz

Bei Applikation von topischen Steroiden auf mehr als 50 % der Körperfläche kann es zu systemischen Effekten wie genereller Immunsuppression und Unterdrückung der körpereigenen Kortisolproduktion kommen. Daher empfiehlt sich bei entsprechend ausgeprägten Hautbefunden eine alternierende Behandlung (z. B. an geraden Tagen die Vorderseite, an ungeraden Tagen die Rückseite o. Ä.).

Bei Kleinkindern muss darauf geachtet werden, dass die Proportionen im Vergleich mit Erwachsenen verschoben und Kopf und Stamm z. B. relativ größer als die Extremitäten sind. Allerdings gilt auch bei Kleinkindern: Lieber kurz und intensiv mit Steroiden behandeln, als die entzündlichen Hauterkrankungen mit einer unterdosierten Therapie zu konservieren und im Ergebnis dann u. U. mehr Steroide zu benötigen als bei einer initial richtig dosierten Therapie.

Was tun bei Kortikophobie?

Häufig erlebt man in der täglichen Praxis das Phänomen der Kortikophobie. Hier sind gelegentlich therapeutische Alternativen erforderlich, natürlich auch bei Patienten mit langfristiger Steroid-Eigenmedikation, besonders bei Anwendungen im Gesicht.

Grundsätzlich stehen zwei Alternativen zur Verfügung:

  1. Calcineurinantagonisten wie Tacrolimus (Protopic®) und Pimecrolimus (Elidel®) entsprechen in der Wirkung einem Steroid der Klasse II, sind also nicht für schwere Krankheitsbilder geeignet.
  2. Für chronische Ekzeme, insbesondere mit Schuppen und Rhagaden an Händen, Unterarmen, Beinen und Füßen, eignen sich auch Rezepturen mit Steinkohlenteerauszügen.

Topische Antihistaminika und bufexamachaltige Externa sollten vermieden werden, da sie weitgehend wirkungslos und potenziell allergen sind.

Zusammenfassend kann man feststellen, dass bei richtiger Indikationsstellung und sachgerechtem Einsatz topische Glukokortikosteroide eine wesentliche Bereicherung des therapeutischen Arsenals in der Behandlung entzündlicher Hautkrankheiten darstellen und bei Beachtung der möglichen Nebenwirkungen und Risiken wirksam und sicher sind.


Interessenkonflikte:
keine deklariert.

Prof. Dr. Dr. med. Ralf U. Peter


Kontakt:
Prof. Dr. Dr. med. Ralf U. Peter
Gefäß- und Hautklinik Blaustein
89134 Blaustein/Ulm

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2011; 33 (14) Seite 16-17