Eine Leberzirrhose liegt vor, wenn die regelrechte Parenchymstruktur bei fortgeschrittener chronischer Lebererkrankung zerstört ist. Bemerkbar macht sich eine Leberzirrhose meist aber erst durch ihre Komplikationen. Dazu gehören u. a. der Aszites, Blutungen und die hepatische Enzephalopathie. Entscheidend ist es auch, ein hepatozelluläres Karzinom frühzeitig zu erkennen. Als definitive Therapie der Leberzirrhose und ihrer Komplikationen weist die Lebertransplantation sehr gute Ergebnisse auf.

Die Leberzirrhose ist ein irreversibler Umbau des Leberparenchyms mit vermehrter Bindegewebseinlagerung und Bildung von Regeneratknoten als Folge einer chronischen Leberschädigung [1]. Gleichzeitig kommt es zu einer deutlichen Änderung der Gefäßarchitektur. Häufigere Ursachen sind Alkoholabusus und virale Hepatitiden, seltenere Hämochromatose oder Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Eine kausale Therapie ist das Ausschalten der Noxe, dadurch lässt sich auch im Stadium der manifesten Leberzirrhose die Häufigkeit von Komplikationen verringern.

Die Einteilung in Schweregrade der Leberzirrhose erfolgt je nach Ausmaß der Veränderung von Albumin, Bilirubin und Quick sowie Aszitesmenge und Enzephalopathiegrad nach dem Child-Pugh-Score in die Stadien A, B oder C. Klinisch unterscheidet man zwischen kompensierter und dekompensierter Zirrhose, die durch das Auftreten von Aszites, Ikterus bzw.Blutungen oder einer Enzephalopathie gekennzeichnet ist.

Prognose und Transplantation

Während bei einer Child-A-Zirrhose die 1-Jahres-Überlebensrate 100 % beträgt, sinkt sie im Mittel auf nur 45 % im Child-C-Stadium. Eine definitive Therapie der Leberzirrhose ist nur durch eine Lebertransplantation möglich, deren Einsatz aber durch den Mangel an Spenderorganen eingeschränkt ist. Die Langzeitergebnisse nach Transplantation sind bei Ausschluss ungeeigneter Patienten mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von über 70 % im Vergleich zum natürlichen Verlauf gut. Da es wenige absolute Kontraindikationen gibt, sollte im Zweifel immer der Kontakt mit einem Transplantationszentrum aufgenommen werden. Die unkomplizierte Leberzirrhose ist häufig asymptomatisch. Zu Beschwerden führen erst die Komplikationen, auf die im Folgenden genauer eingegangen werden soll.

Hydropische Dekompensation

Der portale Hypertonus bewirkt eine Dilatation splanchnischer Gefäße. Dies führt zu einer Ausschüttung von Vasokonstriktoren, die vor allem die Nierendurchblutung drosseln und damit über eine Senkung der renalen Natriumexkretion die Bildung von Aszites begünstigen [2]. Neben Aszites (Abb. 1) treten oft Anasarka und Beinödeme auf. Steht ein dann meist einseitiger Pleuraerguss im Vordergrund, spricht man von einem hepatischen Hydrothorax.

Therapeutisch sollte eine exzessive Flüssigkeitszufuhr vermieden und ggf. die Natriumzufuhr reduziert werden. Zudem werden Diuretika verabreicht, wobei Spironolacton mit einem Schleifendiuretikum wie Furosemid oder mit Hydrochlorothiazid kombiniert wird. Dabei ist vor allem auf Elektrolytentgleisungen und eine Verschlechterung der Nierenfunktion zu achten.

Die Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts (TIPS) ist eine weitere effektive Möglichkeit, die Aszitesbildung zu verhindern oder abzumildern. Dabei wird über einen radiologisch gelegten Stent ein Kurzschluss zwischen einer Lebervene und einem Ast der Pfortader hergestellt. Nicht geeignet sind unter anderem Patienten mit hepatischer Enzephalopathie und ausgeprägter Hyperbilirubinämie, da es postinterventionell zu einer Verschlechterung der Leberfunktion kommen kann. Auch auf die Herzfunktion muss geachtet werden, so können Patienten mit Rechtsherzinsuffizienz nach einer TIPS-Anlage dekompensieren [3].

Infektionen

Eine Leberzirrhose führt über eine Schwächung des Immunsystems zu einer erhöhten Infektanfälligkeit. Neben Harnwegsinfektionen und Lungenentzündungen ist die spontane bakterielle Peritonitis (SBP) bedeutsam, die meist durch eine Translokation von Bakterien aus dem Darm entsteht. Die klinischen Zeichen sind vielfältig. Abdominelle Beschwerden oder Entzündungszeichen müssen nicht führend sein, auch eine Verschlechterung der Nierenfunktion oder eine hepatische Enzephalopathie können auf eine SBP hinweisen. Die Diagnose wird durch eine erhöhte Zellzahl im Aszitespunktat (> 250 segmentkernige Granulozyten/µl) gestellt. Die Behandlung erfolgt stationär mit Antibiotika und - bei deutlicher Leberfunktionseinschränkung - zusätzlich Humanalbumin. Wichtig ist, dass nach dem Auftreten einer spontanen bakteriellen Peritonitis die lebenslange prophylaktische Einnahme einer antibiotischen Therapie, meist von Cotrimoxazol (cave Nierenfunktion) oder einem Fluorchinolon, indiziert ist [4].

Blutungen

Durch den erhöhten Widerstand der Leber kommt es zu einem portalen Hypertonus mit Bildung von venösen, rupturgefährdeten Kollateralen, vor allem im Ösophagus (Abb. 2), aber auch im Magen, Duodenum und Rektum. Die verminderte Synthese von Gerinnungsfaktoren erhöht das Blutungsrisiko zusätzlich. Die gastrointestinale Blutung bei Patienten mit Leberzirrhose ist mit einer hohen Letalität (ca. 20 - 30 %) verbunden und stellt immer einen Notfall dar, der stationär abgeklärt werden muss.

Die Behandlung erfolgt in der Regel endo­skopisch durch Ligatur der Varizen und durch die Gabe vasoaktiver Sub­stanzen (Terlipressin, Somatostatin oder Octreotid) zur Drosselung des Blutflusses in den Varizen [5]. Begleitend benötigen die Patienten ein Antibiotikum, vor allem zur Prophylaxe einer spontanen bakteriellen Peritonitis, und bei Bedarf Lactulose gegen eine blutungsbedingte hepatische Enzephalopathie. Etwa sieben Tage nach Ligatur besteht durch das Abfallen der Gummiringe ein erhöhtes Nachblutungsrisiko. Insgesamt beträgt das Rezidivblutungsrisiko nach erfolgreicher Behandlung des Notfalls 60 - 70 %. Zur Rezidivprophylaxe werden primär nicht-selektive Betablocker wie Propranolol oder Carvedilol zusammen mit einer konsequenten wiederholten endoskopischen Verödungsbehandlung der Varizen eingesetzt. Versagt diese Therapie, so muss der Einsatz eines Shunt-Verfahrens (meist TIPS) geprüft werden.

Hepatische Enzephalopathie

Die hepatische Enzephalopathie ist eine neuropsychiatrische Störung, die bei Leberzirrhose rezidivierend oder chronisch auftreten kann und in ihrer Symptomatik von leichten kognitiven Beeinträchtigungen bis zum Koma reicht. Die geringgradige Enzephalopathie kann durch einfache Tests (Zahlenverbindungstest, Abb. 3) zumindest abgeschätzt werden. Entscheidend ist es, Differenzialdiagnosen auszuschließen und nach behandelbaren Ursachen wie einer akuten Blutung, einer Infektion, sedierend wirkenden Medikamenten oder Elektrolytstörungen zu suchen (Übersicht, S. 34) [6]. Neben der Behandlung der Ursache wird Lactulose gegeben. Gut wirksam, aber in Deutschland bisher nicht zugelassen, ist das nicht-resorbierbare Antibiotikum Rifaximin [7].

Hepatozelluläres Karzinom

Eine Leberzirrhose ist eine Präkanzerose. So beträgt das jährliche Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) bei der kompensierten Zirrhose bis zu 3 - 4 % pro Jahr. Die frühzeitige Diagnose eines HCC ist aufgrund des nodulären Umbaus der Leber erschwert. Eingesetzt werden regelmäßige Ultraschalluntersuchungen der Leber (Abb. 4), CT und MRT sowie die Kontrolle des Alpha-Fetoproteins im Serum. Die Diagnose kann bei Zirrhose unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne histologische Sicherung gestellt werden. Therapie der Wahl ist eine Resektion, die nur selten bei ausreichender Restfunktion der Leber möglich ist, alternativ weist die Lebertransplantation bei gut ausgewählten Patienten befriedigende Langzeitergebnisse auf. Ebenfalls kurativen Anspruch haben die lokal-ablativen Verfahren Radiofrequenzablation und perkutane Alkoholinjektion. Bei Metastasen kann der Kinase-Inhibitor Sorafenib gegeben werden [8].

Weitere Komplikationen

Neben den oben genannten gibt es noch weitere, seltenere Komplikationen. Verschlechtert sich die Nierenfunktion, muss differenzialdiagnostisch an das funktionell bedingte hepatorenale Syndrom gedacht werden. Bei der portosystemischen Hypertonie kommt es zur pulmonalen Hypertonie. Die Dyspnoe beim hepatopulmonalen Syndrom entsteht durch ein Ventilations-/Perfusions-Missverhältnis und bessert sich im Liegen. Muskelkrämpfe sind häufig. Gelegentlich wird eine Nabelhernie symptomatisch. Pfortaderthrombosen können die portale Hypertension verstärken. Oft wird eine Hyponatriämie beobachtet, auf die ab einem Wert unter 125 mmol/l reagiert werden muss (z. B. durch Absetzen der Diuretika).


Literatur
1. Schuppan D, Nezam HA (2008) Liver cirrhosis. Lancet 371:838-851
2. Arroyo V, Colmenero J (2003) Ascites and heptorenal syndrome in cirrhosis: pathophysiological basis of therapy and current management. Journal of Hepatology 38:S69-S89
3. Runyon BA (2009) Management of adult patients with ascites due to cirrhosis: an update. Hepatology 49:2087–2017
4. Koulaouzidis A, Bhat S, Saeed AA (2009) Spontaneous bacterial peritonitis. World Journal of Gastroenterology 15:1042-49
5. Garcia-Tsao G, Bosch J (2010) Management of varices and variceal bleeding in cirrhosis. New England Journal of Medicine 362:823-832
6. Bajaj JS (2009) Review article: the modern management of hepatic encephalopathy. Alimentary pharmacology and therapeutics 31:537-47
7. Bass NM, Mullen KD, Sanyal A, Poordad F, Neff G, Leevy CB, Sigal S, Sheikh MY, Beavers K, Frederick T, Teperman L, Hillebrand D, Huang S, Merchant K, Shaw A, Bortey E, Forbes WP (2010) Rifaximin treatment in hepatic encephalopathy. New England Journal of Medicine 362:1071-81
8. Cabrera R, Nelson DR (2010) Review article: the management of hepatocellular carcinoma. Alimentary pharmacology and therapeutics 31:461-76

Interessenkonflikte:
keine deklariert

Dr. med. Philipp Lutz


Kontakt:
Dr. med. Philipp Lutz
Tilman Sauerbruch
Medizinische Klinik und Poliklinik I
Universitätsklinik Bonn
53127 Bonn

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2012; 34 (6) Seite 33-37